Gedenken an Opfer von Atomwaffen in Frankfurt (Oder) - Initiative hängt 155.000 Origami-Kraniche für den Frieden auf

Fr 06.08.21 | 19:11 Uhr | Von Tony Schönberg
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Papier Kraniche für Frieden und gegen Atomwaffen in Frankfurt (Oder)
Audio: Antenne Brandenburg | 06.08.2021 | Tony Schönberg | Bild: Tony Schönberg/rbb

Vor 2,5 Jahren startete die Kinderbeauftragte von Frankfurt (Oder) ein Projekt im Gedenken an die Opfer von Hiroshima. Dafür falteten deutschlandweit hunderte Freiwillige Kraniche aus Papier. Das Ergebnis misst aneinandergereiht ganze 4,6 Kilometer. Von Tony Schönberg

Leicht gestresst flitzt Greta mit Schnellspannern und bunten Girlanden über dem Arm am Geländer der Stadtbrücke in Frankfurt (Oder) entlang. Seit 6 Uhr morgens hängt die 10-Jährige zusammen mit 50 Studierenden und anderen freiwilligen Helfern aus Papier gefaltete Kraniche für den Frieden auf. Bis zur Gedenkveranstaltung am Mittag ist aber alles geschafft.

Unterstützer aus ganz Deutschland beteiligt

Insgesamt sind 153.846 der Origami-Vögel zusammengekommen, sagt die Frankfurter Kinderbeauftragte und Projekt-Initiatorin Jacqueline Eckardt. Aneinander aufgefädelt ergibt das eine Länge von 4,6 Kilometer. Die hängen jetzt auf deutscher Seite entlang des Oder-Neiße-Radweges, von der Insel Ziegenwerder bis zum Brückenplatz. Dort mündet das Ganze in eine rund fünf Meter hohe Pyramide.

Die Kraniche kommen aus ganz Deutschland. Was im Januar 2019 als Projekt von Kindern für Kinder angefangen hat, hat sich im Internet wie ein Lauffeuer ausgebreitet. Am Ende kamen die Papier-Vögel etwa aus Prenzlau (Uckermark), Cottbus, Potsdam oder sogar aus Bayern und Köln. Wie viele Menschen insgesamt, ließe sich Eckardt zufolge gar nicht mehr zählen. "Es hat so viel Raum eingenommen, dass es am Ende ein Mehrgenerationen-Projekt geworden ist." Gefaltet wurde beispielsweise in Seniorenheimen, in Schulen, auf Stadtfesten oder einfach von Privatpersonen. Einigen hätte die Aufgabe auch geholfen mit den Belastungen der Corona-Pandemie umzugehen. "Mir haben ein Hospiz aus Berlin oder eine Kinder- und Jugendpsychiatrie Kraniche geschickt. Das ist einfach beeindruckend."

Gedenken mit Origamie-Kranichen an Opfer von Atomwaffen
Gedenkveranstaltung für Atomwaffen-Opfer in Frankfurt (Oder) | Bild: Tony Schönberg/rbb

Der Kranich als Symbol des Friedens

Mit der Kranich-Kette und einer Gedenkveranstaltung hat das Projekt am Freitag an der Stadtbrücke ein Ende gefunden. Denn auf den Tag genau vor 76 Jahren, am 6. August 1945, wurde die Atombombe von US-amerikanischen Streitkräften auf die japanische Stadt Hiroshima abgeworfen. Die Explosion und deren Folgen forderten unzählige Opfer.

So starb 1955 auch die damals 12-jährige Schülerin Sadako Sasaki an Leukämie. Laut der Kinderbeauftragten geht auf sie auch der Kranich als Symbol des Friedens zurück. "Man sagt in Japan, dass, wenn ein Mensch 1.000 Kraniche faltet, hat er einen Wunsch frei. Und Sadako Sasaki dachte, dass sie durch das Falten vielleicht wieder gesund werden könnte." Ihr Ziel hat die junge Japanerin nicht erreicht. Bis zu ihrem Tod schaffte sie 644 Kraniche. Ihre Freunde haben die Aufgabe übernommen und zu Ende geführt. Heute steht im Gedenken Sasaki in Hiroshima eine Statue.

Weltrekord war nicht das Ziel

Beim Gedenken am Freitag in Frankfurt traten rund 300 Menschen für den Frieden ein. Mit dabei waren auch Helfer und einige Bürgermeister der am Projekt beteiligten Städte. Vom Ergebnis zeigt sich so auch Frankfurts Oberbürgermeister René Wilke (Linke) beeindruckt: "Da hatte jemand die Eingebung, wir müssten doch mal ein Zeichen setzen. Dann ist daraus eine Bewegung geworden und viele Menschen haben sich hinter dieser Idee versammelt. Was die Menschen mit ihren Händen geschafft haben ist der Wahnsinn."

Kinderbeauftragte Jacqueline Eckardt und Oberbürgermeister von Frankfurt (Oder) René Wilke bei Gedenken gegen Atomwaffen
Initiatorin Jacqueline Eckardt und Oberbürgermeister erinnern an Hiroshima-Opfer | Bild: Tony Schönberg/rbb

Ursprünglich war geplant, die Kette über die Stadtbrücke nach Polen in die Nachbarstadt Slubice zu legen. Das sei allerdings an bürokratischen Vorschriften gescheitet. So mussten die Slubicer Falter ihre Kraniche über die Grenze tragen. Und obwohl das Ergebnis rekordverdächtig anmutet, sind die Kranich-Ketten kein offizieller Weltrekord. Dies sei auch nie beabsichtig gewesen. "Es ging eher darum, dass wir Kindern das Thema Frieden wieder näherbringen, denn das ist ein hohes Gut, welches für uns schon normal geworden ist", sagt die Kinderbeauftragte Eckardt. "Deshalb ist ein Länge-Rekord auch überhaupt nicht wichtig."

Der 10-jährigen Greta liegt die Aktion jedenfalls am Herzen. Stolz blickt sie mit müden Fingern auf die Papierketten. "Es sind ganz schön viele geworden. Ich finde es einfach toll."

Sendung: Antenne Brandenburg, 06.08.2021, 15:40 Uhr

Beitrag von Tony Schönberg

3 Kommentare

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  1. 3.

    Hatte ich leider schon vergessen. Danke für die Erinnerung.

    Die Gefahr ist ja leider auch größer geworden. Immer mehr wahnsinnige Akteure mit Atomwaffen.

  2. 2.

    Ihr seid süss!
    Weiter so!

  3. 1.

    Einfach toll!!

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