Streit mit Polen um Umwelt-Folgen -
Brandenburgs Umweltminister Axel Vogel (Grüne) hat in Polen Klage eingereicht, um gegen den Ausbau der Oder vorzugehen. Die Klage sei am Dienstag versandt worden, sagte die Sprecherin des Ministeriums der Deutschen Presse-Agentur. Das Schriftstück gehe zunächst bei der zuständigen Widerspruchsbehörde der polnischen Generaldirektion Umwelt in Warschau ein und werde dann an das polnische Verwaltungsgericht in Warschau weitergeleitet.
Vogel: Klimawandel werde nicht berücksichtigt
"Es ist immer offenkundiger geworden, dass es eigentlich um einen Ausbau der Binnenschifffahrt geht", sagte Vogel am Dienstag in Frankfurt (Oder) dem rbb. In einem Abkommen zwischen Deutschland und Polen sei zwar die Erneuerung der Buhnenfelder geregelt, aber das Vertragswerk würde den Klimawandel nicht berücksichtigen, so der Umweltminister: "Es muss ein guter ökologischer Zustand und ein guter chemischer Zustand in der Oder hergestellt werden. Aber mit jeder Ausbau-Maßnahme entfernen wir uns davon."
Aus diesem Grund haben die Grünen auch die Weltbank eingeschaltet, die den Oder-Ausbau finanziert. Die Weltbank werde das Projekt des umstrittenen Ausbaus der Oder überprüfen, teilt die Partei mit. Dazu habe man sich in einem gemeinsamen Gespräch mit den polnischen Grünen und Vertretern der Weltbank geeinigt. "Wenn der Oder-Ausbau wie geplant umgesetzt wird, verschlechtert sich der Hochwasserschutz. Durch die Verengung und Vertiefung fließt der Fluss schneller und die Hochwasserwelle steigt sogar an", sagt Landtagsabgeordnete Sarah Damus.
Bereits Ende Oktober wurden die Pläne für eine Klage und eine Frist dafür bis zum 16. November öffentlich. Zur Begründung dazu hieß es vom Umweltministerium: "Nach unserer Einschätzung werden die zu erwartenden grenzüberschreitenden Umweltauswirkungen und der aktuelle ökologische Zustand der Oder nicht ausreichend berücksichtigt."
Woidke droht mit Konsequenzen
Die Brandenburger Landesregierung hat Polen für den Fall der Verletzung rechtlicher Vorgaben im Zusammenhang mit der Oder mit Konsequenzen gedroht. Eine Umweltkatastrophe wie das Fischsterben in diesem Sommer dürfe sich nicht wiederholen, sagte Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) am Dienstag in Frankfurt (Oder).
Angesichts eines erneut hohen Salzgehalts habe sich offensichtlich wenig an den Ursachen geändert. "Deswegen haben wir heute vereinbart, dass wir über weitere Schritte in diese Richtung nachdenken", sagte Woidke. Details nannte er nicht. Es gehe darum, gemeinsam mit der polnischen Seite für eine gute Zukunft dieser Lebensader einer gesamten Region einzutreten.
Verbraucherschutzministerin Ursula Nonnemacher (Grüne) zeigte sich kritisch gegenüber Polen. "Wir haben wieder eine erhebliche Salzfracht", sagte sie. "Das lässt natürlich große Sorge für den nächsten Sommer aufkommen." An den Temperaturen und am Wassermangel könne nichts geändert werden, aber an der Salzbelastung.
Innenminister Michael Stübgen (CDU) brachte ein mögliches europäisches Verfahren zur Vertragsverletzung ins Spiel. "Was die Einleitung von Abwässern und Giftstoffen betrifft, da bin ich schon der Meinung, dass wir hier klare europäische Normen haben. Wenn Polen diese Normen nicht einhält, dann muss ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet werden." Das könne aber nur die Bundesregierung auf den Weg bringen.
Umweltministerium: Ökologische Folgen nicht berücksichtigt
Seit Langem gibt es Streit um den Ausbau des Grenzflusses. Polen nennt als Ziel einen besseren Schutz vor Hochwasser. Umweltschützer sehen durch eine Regulierung der Oder dagegen Gefahren für das Ökosystem des Flusses.
Brandenburgs Umweltminister Vogel hatte im September vor grenzüberschreitenden Umweltauswirkungen wegen Polens neuem Schifffahrtsprogramm bis 2030 gewarnt. "Hier wird für den Ausbau der Oder nicht mehr aus Gründen des Hochwasserschutzes geworben, sondern ganz klar aus wirtschaftlichen Gründen."
Kritik von der IHK
Kritik an Vogels Argumentation kommt von der Industrie- und Handelskammer (IHK) Ostbrandenburg. Laut Robert Radzimanowski, dem Leiter für Regionalpolitik bei der IHK, halte sich Polen an das mit Deutschland vereinbarte Abkommen. "Wenn wir zu der Entscheidung kommen, man darf an der Oder keinen Stein mehr umdrehen, dann müssten wir uns auf deutscher Seite aber auch fragen, warum wir insbesondere hier auch in Frankfurt an der Promenade Arbeiten durchführen", sagt Radzimanowski. Diese Arbeiten würden die Fische genauso stören, wie die Arbeiten auf polnischer Seite.
Sendung: rbb24, 15.11.2022, 16 Uhr