Geplantes EU-Embargo ab 2023 - Landrätin fordert längere Belieferung von Schwedt mit russischem Öl

Di 30.08.22 | 10:03 Uhr
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Ein Mann trägt ein Schild mit der Aufschrift «Stirbt das PCK - stirbt die Region!!!» auf einer Demonstration.(Quelle:dpa/P.Pleul)
Video: rbb24 Abendschau | 30.08.2022 | Bild: dpa/P.Pleul

Wie geht es in der PCK-Raffinerie in Schwedt weiter, wenn das Embargo für russisches Öl greift? Die Landrätin der Uckermark, Dörk, fordert ein Aufweichen der deutschen Vorgaben, während der grüne Staatssekretär Kellner Chancen für die Region sieht.

Die Landrätin des Landkreises Uckermark, Karina Dörk (CDU), fordert eine längere Belieferung der PCK-Raffinerie in Schwedt/Oder mit russischem Öl als bislang geplant. Ein Ausstieg aus russischen Ölliferungen ohne Alternative sei nicht akzeptabel, sagte sie am Dienstagmorgen im am Dienstagmorgen im rbb24 Inforadio.

Für die PCK-Raffinerie Schwedt, die mit russischem Öl aus der Druschba-Pipeline arbeitet, würde dies einen massiven Arbeitsplatzverlust bedeuten, sagte die Politikerin. Beim Kohleausstieg habe es Jahrzehnte Zeit zur Vorbereitung gegeben. Den Ölausstieg in einem halben Jahr zu schaffen, sei nicht möglich.

Dörk: Ersatzleitung über Rostock genügt nicht

Deutschland hat sich im Zuge der EU-Sanktionen gegen Russland wegen des Ukraine-Kriegs verpflichtet, ab 2023 auf russisches Öl zu verzichten. Diese Einstellung bezeichnete Landrätin Dörk am Dienstagmorgen im rbb24 Inforadio als "freiwillige Selbstverpflichtung des Bundeskanzlers" Olaf Scholz (SPD). Laut EU-Vereinbarung dürfe bis 2026 russisches Öl durch die Druschba-Trasse fließen, wovon beispielsweise Ungarn auch Gebrauch mache, sagte Dörk. "Insofern sind der Ärger und das Unverständnis in Schwedt groß."

Auch "mit der Ersatzleitung über Rostock ist Schwedt nur zu 50 Prozent ausgelastet, ein Weiterbetrieb in jetziger Form mit den 1.200 Arbeitsplätzen wird so nicht möglich sein", warnte Dörk. Es müsse daher auch intensiver als bisher geprüft werden, ob beispielsweise kasachisches Öl durch die Druschba-Leitung fließen könne. Derzeit versorgt die Raffinerie in Schwedt 95 Prozent der Region mit Heizöl, Benzin oder anderen Kraftstoffen.

Kellner: "Wir sehen, dass es funktioniert"

Der Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, Michael Kellner, (Grüne), bewertet die Lage der Raffinerie dagegen anders. "Die Sanktionen gegen Russland sind richtig, und es geht auch nicht darum, die PCK-Raffinerie auszubremsen, sie wird auch im nächsten Jahr weiterproduzieren", betonte Kellner am Dienstagmorgen im rbb-Programm Radioeins.

Erst letztes Wochenende sei in Rostock ein Tanker mit US-Öl angekommen, demnächst treffe afrikanisches Öl für Schwedt ein. "Es werden nicht-russische Ölsorten getestet, zehn Schiffe wurden schon reingeholt mit Rohöl für Schwedt. Wir sehen, dass es funktioniert", so der Grünen-Politiker.

In Schwedt müssten schon allein wegen der Endlichkeit der Ressource Öl zusätzliche Geschäftsfelder und neue Geschäftsideen erschlossen werden, "die auch zusätzliche Arbeitsplätze schaffen können. Ich bin davon überzeugt, dass uns Transformation hin zu einer grünen Raffinerie gelingt - mit letztlich mehr Arbeitsplätzen und Klimaschutz", so Kellner.

Bürgertalk in Schwedt

Über die Zukunft des Raffinerie-Standortes Schwedt diskutiert am Dienstagabend auch der rbb-Bürgertalk "Wir müssen reden!". Britta Nothnagel und Andreas Rausch sprechen mit Vertretern der Politik unter dem Titel "Kampf um Schwedt - Arbeitsplätze statt Sanktionen?".

Mit dabei sein werden u.a. Michael Kellner und Schwedts Bürgermeisterin Annekathrin Hoppe. Der Einlass zum Bürgertalk auf dem Vierradener Platz in Schwedt ist um 19.30 Uhr, live übertragen wird im rbb Fernsehen um 20:15 Uhr und bei rbb24.de.

Sendung: rbb24 Inforadio, 30. August 2022, 7:25 Uhr

80 Kommentare

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  1. 80.

    Lustig, die Alternative sind Fahrräder:-)
    Glauben Sie eigentlich selber was Sie schreiben? In der heutigen Situation ist gar nichts mehr beschlossene Sache. Die letzten Verbrenner wenn es so kommen sollte werden weg gehen wie geschnitten Brot, bei guter Pflege halten die dann 30 Jahre. Und was wir uns aus Klimaachutzgründen leisten können wird in den nächsten Monaten und Jahren ganz weit nach hinten rücken. Es gilt jetzt die Wirtschaft am laufen zu halten und das die Menschen ihr Leben wieder finanzieren können! Sehen Sie der Realität ins Auge....

  2. 79.

    Autarkie werden wir auch mit Erneuerbaren Energien nicht erreichen können. Dafür ist der Bedarf viel zu groß. Man darf sich nur nicht wieder sehenden Auges einem Lieferanten so stark anvertrauen, um dann hinterher rumzujammern.

  3. 78.

    Im Juni 1990 wurde das Petrolchemische Kombinat aufgelöst und privatisiert. Die Politik kann den Betreiber der Raffinerie nur unterstützen. Wenn die von Russland kontrollierte GmbH die Hände in den Schoß legt, kann auch der liebe Gott oder Karl Marx persönlich nichts weiter ausrichten. Man schaue sich dazu an, dass die zwar vor Monaten erklärt haben, dass das Rohöl nur eine ähnliche Qualität haben müsse, aber erst jetzt andere Lieferanten getestet werden sollen.

  4. 77.

    Der Ärger wird kommen. Und von Herrn Kellner kamen warme Worte, die aber nichts verbindliches und sicherndes haben. Kann PCK vollumfänglich weitermachen oder ist mit seiner vagen Ansage der Verlust von Arbeitsplätzen oder sozialen Kürzungen eingepreist? Schon allein, weil sich dieser Prozess so lange hinzieht und Herr Habeck zu oft an seine Versprechungen erinnert werden musste, habe ich auch hier erhebliche Zweifel bei Herrn Kellner. Lassen wir uns überraschen.

  5. 76.

    Andere Firmen wie die Total in Leuna haben es geschafft, weil die sich selber rechtzeitig darum gekümmert haben. Ich erinnere dabei auch an die "technischen Problem", die es in Russland vor ein paar Jahren mit der Pipeline gegeben hatte. Damals wurde auch anderes Öl verarbeitet. Dass die Rosneft kein Interesse hat, anderes Öl als das eigene zu verarbeiten, ist nachvollziehbar.

  6. 75.

    Ja es ist ein Dilemma und wir wissen aus vergangenen militärischen Auseinandersetzungen, dass Sanktionen nie kriegsentscheidend waren, auch wenn einige "Experten" es immer wieder behaupten. Und auch so einen Rohstoffgiganten wie Russland, der noch nichtmal alle seine Ressourcen erschlossen hat, wird man damit maximal "ärgern". Es ist ein rein symbolischer Akt der Unterstützung, im Gegensatz zu realen kriegsentscheidenden Waffenlieferungen.
    Der Weltmeister im Sanktionieren sind die USA, allerdings haben die immer peinlichst darauf geachtet, dass man seine eigenen Kosten dabei im Griff behält.
    Deutschland hat die eigenen Rohstoffkosten im Gegensatz zur USA überhaupt nicht im Griff und "hofft", dass die anderen europäischen Länder ihre Vorräte in der Not auch mit Deutschland teilen werden. Andererseits fordert Deutschland den Sieg der Ukraine, liefert aber keine kriegsentscheidenden Waffen. (2. Indochinakrieg dauerte 20J.)
    Soetwas nennt man auch die Quadratur des Kreises.

  7. 74.

    Für Schwedt gibt nur weitere Produkte aus Russland wenn aus anderen Ländern kommen soll muss es neu organisiert werden und das schafft keine Firma.

  8. 73.

    Ja und wo fließen unsere Gelder trotzdem hin.
    Wir sanktionieren uns doch mehr als alles andere.
    Warum mischen wir uns da so mit ein?
    Das ukrainische Volk ist echt bitter keine Frage.
    Aber müssen jetzt zig tausende Frachter mehr auf den Weltmeeren rumschippern von der Umwelt brauchen wir nicht reden das sollte jeden klar sein.
    Mehr Geld dafür bezahlen trotzdem, waffenlieferung usw usw das beendet den Krieg auch nicht.
    Wo sind denn die ganzen Oligarchen die nur das Land ausnutzen(Ukraine) das Land müßte blühen vor Wohlstand.

  9. 72.

    "Ökologisch gesehen bringen sie uns nicht weiter, "

    Tempolimits bringen uns ökologisch weiter. Und Fahrverbote. Natürlich auch der Ausbau von Erneuerbaren. Weniger Fleisch. Reduzierung des Konsums.

    Aber he, wir können natürlich auch Gas und Erdöl aus dem für sein Umwelt-/Klimaschutz berühmten Russland beziehen....

  10. 71.

    So manchen am politischen Rand versteht bestimmt ebenfalls nicht, wieso die Gasspeicher sich schneller füllen als geplant, obwohl Moskau nur noch wenig Gas liefert. Dabei war der Handelskrieg doch so schön vorbereitet ohne dass im Sommer 2021 die damaligen Bundesregierung das versuchte auszurauten.

    Bei der Gasumlage wird hoffentlich noch nachgesteuert. Es mehren sich die Abzeichen dafür. Und vielleicht kommt ja da eine oder andere AKW der Franzosen doch unerwartet wieder ans Netz. Das würde den Strommarkt entlasten, weil die sich dann nicht mehr um jeden Preis in Deutschland mit Strom eindecken müssten. Gas kommt jedenfalls bald von dort.

  11. 70.

    Putin hat sehr deutlich aufgezeigt, dass nur Energieautarkie sicheres Wirtschaften bedeutet. Das kann man in Deutschland nur mit erneuerbaren Energien erreichen.

  12. 69.

    Sie halten die Lage auf dem Energiesektor für stabil. Dann verstehe ich die durch Herrn Habeck unterbreiteten Informationen und Gasumlage nicht. Augen zu.

  13. 67.

    E-Autos kommen egal was der Strom kostet. Das ist beschlossene Sache. Die Alternative sind nicht Verbrenner sondern Fahrräder, das wollen Sie wahrscheinlich nicht. Öl zu verbrennen können wir uns aus Klimaschutzgründen nicht leisten.

  14. 66.

    Halbwissen ist immer gefährlich. Vor fahren z.B. S-Bahnen ohne Lokführer? In Bayern ist man z.B. noch viel stärker von Putin abhängig. Aber ok, auch Söder jammert jetzt ja wg. eigenen Fehlentscheidungen rum. So kennt man die.

  15. 65.

    Dass hätten die Links- und Rechtspopulisten wohl gerne.

  16. 64.

    Hoffentlich zahlt der Herr auch dauerhaft für seine Untergebrachten und stiehlt sich nicht aus der Verantwortung wie bei den netten Garanten mittels Bürgschaft, die plötzlich davon nichts mehr wissen wollten und dem Staat die Lasten aufgetürmt haben.
    Ideologen kotzen mich an, Gutbürgerliche den es zu gut geht und andere Menschen in den Sumpf ziehen wollen noch mehr.
    Friert gern aus Solidarität.

  17. 63.

    "Unser Widerstandsfähigkeit gegen Einflüssen von außen" und damit auch der Kurs des € zum $ ist dadurch geschwächt, dass z.B. Schwedt zu 100 % Öl von Putin bezieht wie sich auch die EU beim Gas zu sehr auf die Liefertreue der Russen verlassen hatte. Man erinnere sich aber nur an den Füllstand der russisch kontrollierten Gasspeicher, der bereits vergangen Sommer auffällig niedrig gewesen ist.

  18. 62.

    "Ich verstehe nicht, weshalb sich hier so für Sanktionen ausgesprochen wird, die das eigene Land destabilisieren und lt. Aussenministerin Baerbock einen jahrelangen Krieg nicht verhindern werden. "

    Wollen oder können sie nicht verstehen? Von ihrem herbeigewünschten "destabilisieren" sind wir weit entfernt.

  19. 61.

    Und warum fordern dann manche die Inbetriebnahme von NS2?

    Sie scheinen doch selbst zu der Erkenntnis gekommen zu sein, dass Russland und nicht mehr Gas liefern will. Bravo dafür. Ob durch NS1 oder NS2 20% der Kapa fließt kann doch egal sein.

    Jetzt noch weiterzudenken, dass Russland jederzeit den Ölhahn zuordnen kann wie beim Gas sollte doch für halbwegs begabte möglich sein. Deswegen jetzt umstellen mit klaren Terminvorgaben statt weiter wie bisher.

    Belieferung über Rostock und bei Eigentümerwechsel spielen auch die Polen mit (die wollen für Westpolen doch wohl sowieso kein Diesel, Benzin aus Schwedt mehr oder?).

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