Vorerst bis Ende Dezember - 900 Stahlwerker in Eisenhüttenstadt gehen in Kurzarbeit

Mi 28.09.22 | 16:31 Uhr
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Das Warmwalzwerk von ArcelorMittal in Eisenhüttenstadt (Quelle: dpa/Soeren Stache)
Audio: Antenne Brandenburg | 28.09.2022 | Martin Krauß | Bild: dpa/Soeren Stache

Die Stimmung im Stahlwerk Eisenhüttenstadt ist angespannt. Hohe Preise für Gas und Strom treiben die Produktionskosten in die Höhe. Der Absatz ist eingebrochen. Die Folgen treffen jetzt auch die Belegschaft.

Die Gas- und Energiekrise betrifft nicht nur die Privathaushalte. Auch die energieintensiven Industrien bekommen sie zu spüren. Eine davon ist die Stahlindustrie beispielsweise in Eisenhüttenstadt (Oder-Spree). In dem integrierten Stahlwerk von ArcelorMittal wird zur Produktion auch Gas genutzt.

Sinkende Nachfrage und Rezession verunsichern Stahlwerker

Im dortigen Stahlwerk wird in einer Stunde so viel Erdgas verbraucht, wie ein Einfamilienhaus im ganzen Jahr benötigt. Das berichtet Ralf-Peter Bösler, Geschäftsführer für den Bereich Primary, dem rbb. Aber nicht nur das. Die explodierenden Gas-Preise führten dazu, dass sich parallel dazu auch die Fertigungskosten erhöhen. "Das andere Problem ist die sinkende Nachfrage aufgrund der Rezession, ausgelöst durch die Energiekriese", so Bösler. Die betreffe darüber hinaus auch die weiterverarbeitenden Unternehmen. "Das führt ganz klar zu einem Preisverfall. Und dazu kommt noch ein Import-Druck, der dazu führt, dass man einfach nicht in der Lage ist, die höheren Preise an den Kunden weiterzugeben." Der Geschäftsführer beschreibt die wirtschaftliche Situation deshalb als schwierig.

Kurzarbeit bis Ende des Jahres

Von den hohen Energiepreisen seien vor allem Unternehmen in der EU betroffen. Die internationale Konkurrenz könne also mit günstigeren Preisen punkten. Als Folge der gesunkenen Nachfrage hatte der Konzern in den vergangenen Monaten auch in Eisenhüttenstadt die Produktion zurückfahren müssen. Deshalb gab es für die Beschäftigten Kurzarbeit, und die wird nun verlängert, so Arbeitsdirektor Michael Bach. "Wir werden ab dem 1. Oktober zunächst erstmal bis Ende Dezember wieder in Kurzarbeit gehen. Davon sind circa 900 Beschäftigte betroffen, vor allem im Warm-, Kaltwalzwerk und der Verwaltung." Ursache dafür sei unter anderem die Inflation und eingebrochene Absatzmärkte. "Wir haben im Moment nicht ausreichend Auftragslage, um alle Mitarbeiter zu beschäftigen."

ArcelorMittal will monatlich prüfen, ob die Auftragslage wieder steigt. Ist das der Fall, soll die Kurzarbeit auch vor Jahresende wieder abgeschafft werden, wie Bach berichtet. Diese Entscheidung sei befürchtet worden, sagt Betriebsratsvorsitzender Dirk Vogeler. "Das beunruhigt die Kollegen auch, weil es bis zum Jahresende wahrscheinlich eine unsichere Situation geben wird. Vor dem Hintergrund, dass die großen Energie- und Gasrechnungen zu Hause ankommen, macht das unseren Kollegen Sorgen, wie sie ihr Leben noch gestalten sollen." Es gebe zwar im Falle von Kurzarbeit geregelte Zuzahlungen. Diese würden jedoch nicht ausreichen, um die Ängste der Beschäftigten zu mindern, so Vogeler weiter.

Forderungen an die Politik

Der Betriebsratsvorsitzende hofft darauf, dass die Nachfrage wieder steigen wird. Dafür müsse aber die Politik stärkere Maßnahmen ergreifen. Eine Forderung, die auch Arbeitsdirektor Michael Bach unterstreicht. "Wir brauchen vor allem stabile Energie- und Gaspreise auf einem niedrigeren Niveau. Mit den jetzigen Preisen lässt sich Stahl kaum verkaufen."

Sendung: Antenne Brandenburg, 28.09.2022, 15:10 Uhr

Mit Material von Martin Krauß

19 Kommentare

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  1. 19.

    Das ist Blödsinn was sie schreiben. Wir hatten im EKO (Echte Kumpels von ArcelorMittal sprechen nur von EKO) haben schon unzählige Kurzarbeitsphase durch. Ich bin seit über 30 Jahren in der Firma und ich weiß wovon ich spreche.
    Es gab schon schlimmere Phasen wo niemand entlassen wurde.
    Ganz im Gegenteil, die Kurzarbeit hat uns vor Entlassungen geschützt.
    Ich bin überzeugt, dass dies auch diesmal so sein wird auch wenn die Phase hart wird.

  2. 17.

    Das Gewerkschaften während der Phase der Kurzarbeit zum Streik für höhere Löhne aufrufen, ist ziemlich kontraproduktiv. Noch höhere Produktionskosten - höhere Wahrscheinlichkeit, dass aus Kurzarbeit Arbeitslosigkeit wird.

    Letztlich wird es viele Unternehmen treffen und die Gewerkschaften sind dabei machtlos.

    Vielleicht sollten sich Gewerkschaften mehr an der Realität orientieren.

  3. 16.

    Ich hoffe trotzdem, daß die Arbeiter ihre Stellen behalten und sich die Firma wieder wieder erholt. Alles Gute.

  4. 15.

    Habeck ist schuld.....wer das behauptet hat entweder nichts begriffen oder versucht aktiv das Land zu spalten.
    Nur mit Dummheit sind einige Kommentare jedenfalls nicht zu erklären.

  5. 14.

    Ich bin gespannt, wann Verdi oder die IG Metall das nächste mal streiken! Das Personal von Bahn und Lufthansa sollte auch weiterhin regelmäßig streiken. Keine/wenig Gehaltserhöhung ist besser, als Arbeitslosigkeit.

  6. 13.

    Deindustrialisieung läuft

  7. 12.

    Schuld an Energiekrise und Krieg in der Ukraine ist ganz alleine Putin. Was wir jetzt gar nicht gebrauchen können, sind "Putin-Versteher", die in seinem Sinne alles umdrehen - und anderen die Schuld in die Schuhe schieben. Siehe auch die "tolle" Russland-Freundschaft von manchen AfD-Leuten.

  8. 11.

    Habeck und Baerbock.. hoch sollnse leben. Wann trifft es meine Firma, oder deine, oder die meiner Kinder oder Familienmitglieder. Aber ok sie produzieren ja nur nicht mehr... das ist ja nichts schlimmes.
    Und ich sehe die Umfrageergebnisse und die gewinnen immernoch hinzu. Leute ernsthaft??

  9. 10.

    Wir würden heute viel besser dastehen, wenn die Vorgänger-Regierung den Ausbau von erneuerbaren Energien nicht so blockiert hätte. Jede Kilowattstunde, die mit erneuerbarer Energie produziert wird, macht Gas frei, das dann z.B. für Stahlwerke zur Verfügung steht. Stattdessen verbrennen wir das teure Gas für Stromproduktion. Dabei kommt die Energie direkt vom Himmel und zwar kostenlos. Man muss sie nur mit Photovoltaik und Windkraft einfangen. Dazu braucht man keine teuren und störungsanfälligen Pipelines nach Sibirien. Erneuerbare Energie können wir hier in Deutschland direkt selber produzieren. Es muss nur gewollt sein - ohne politische Scheuklappen, nur weil es "Grüne Energie" heißt. Aber schon damit haben ja einige Landsleute offenbar ein Problem, weil es in ihre konservative Welt nicht reinpasst. Dann lieber Geschäfte mit Leuten wie Putin machen, oder wie?

  10. 8.

    Habeck arbeitet mit seinen(kurz vor dem Burnout stehenden Mitarbeitern) an Hilfsprogrammen für die deutsche Wirtschaft, mit Hochdruck! Alles wird gut

  11. 7.

    Kurzarbeit ist oft der Einstieg zur Kündigung. Bis zum Jahresende hat sich nichts gebessert.

    Zur Not müssen sich die Mitarbeiter einen anderen Job suchen. Das werden sehr bald noch viel mehr Menschen tun müssen

  12. 6.

    mal durch Ihre Brille gedacht: Also beide Pipelines in Betrieb nehmen? Engländer wussten, warum sie den Kanaltunnel verhindern wollten - da lassen sich leicht unangenehme Gase usw. in Richtung des bösen Westens leiten, wie durch die jüngst aufgetretenen Lecks bewiesen. Atomkraft finden Sie wohl auch toll, auch wenn das Endlager für Brennstäbe in Ihrem Keller aufgeschichtet würde? Warum bettelt Russland, dass die Sanktionen gestoppt werden mögen? 1.weil die wirken 2.weil Russland immer gerne Westgeld vom bösen Westen kassiert. Der Atomknall wird nicht mehr ausgeschlossen, i 4 Minuten sind die Raketen von Kaliningrad zum Abwurf über Berlin hier. Wo das nicht klappt greift die konventionelle Besetzung wie jezt in der Ukraine plus anschließenden Scheinreferenden plus Annektion und Eurasien gewinnt an Boden.

  13. 5.

    Warum können wohl „Die internationale Konkurrenz also mit günstigeren Preisen punkten.“? In der Wirtschaft wirken nun mal objektive Gesetze! Ich kann mir nicht erklären, wieso die europäischen Politiker und ihre Wirtschaftsberater sich so vorführen lassen und durch ihr Handeln den Wirtschaftsstandort Europa so demontieren lassen.

  14. 4.

    Bei wem sich die Mitarbeiter/innen bedanken können ist doch klar bei unseren Unfähigen Politikern in Bund und Land. Herr Habeck so was passiert wenn man unsere Energie auf Grüne Energie umstellen will. Ihre Energiepolitik ist gescheitert und wir Verbraucher zahlen die Zeche. Herr Habeck und der Rest der Bundesregierung nehmen sie ihren Stuhl und geben sie ihren Job auf bevor sie noch mehr Schaden unser Wirtschaft zufügen.

  15. 3.

    Das sind bei Weitem nicht die Einzigen, welche in DE schon betroffen sind und noch werden. Danke Habeck!

  16. 2.

    Die Kurzarbeitet war schon vor knapp einem Monat das Thema, da die Nachfrage stark zurückgegangen sein. In Polen wurden sogar Hochofen abgeschaltet, da dort und in Tschechien die Nachfrage erheblich gesunken sei. "Unsere Flüssigphase ist dadurch nahezu ausgelastet", hieß es deshalb zu Eisenhüttenstadt.

  17. 1.

    Das ist erst der Anfang.
    Ich mag nicht wissen wie das Ende aussieht.
    Aber die EU soll noch ein paar Sanktionen machen dann passt das schon mit dem Gespenst der Massenarbeitslosigkeit.

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