Industriestandort Ostbrandenburg - Tesla führt zu Ansturm von internationalen Unternehmen

Di 26.04.22 | 18:48 Uhr
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Symbolbild: Die Karosserie eines Tesla-Fahrzeugs in einer Produktionshalle. (Quelle: dpa/B. Daemmrich)
Bild: dpa/B. Daemmrich

Die Ansiedlung des US-Elektroautobauers in Grünheide hat die Nachfrage nach Gewerbe- und Industrieansiedlungen deutlich erhöht. Davon profitiert die ganze Region. Doch der Boom hat auch Grenzen. Von Martin Krauß

Es ist ein Unternehmen mit Anziehungskraft: der US-Elektroautobauer Tesla. Seit Konzernchef Elon Musk im November 2019 angekündigt hatte, sein erstes europäisches Werk in Grünheide (Oder-Spree) errichten zu wollen, hat sich der Blick deutscher Unternehmen auf Ostbrandenburg verändert. Aber nicht nur: "Es sind auch sehr viele internationale Firmen. Das zeigt die Anziehungskraft, die Tesla erzeugt hat", sagt Rüdiger Hage.

30 Prozent mehr Anfragen

Haage ist Geschäftsführer der Infrastruktur- und Projektentwicklungsgesellschaft (IPG) in Potsdam. Gemeinsam mit seinen Mitarbeiter:innen und in Zusammenarbeit mit Städten und Kommunen, unterstützt er Firmen, die in Brandenburg nach passenden Industrie- und Gewerbeflächen suchen. Seit einigen Jahren habe das deutlich zugenommen, berichtet er. So seien es mittlerweile bis zu 30 Prozent mehr Anfragen als noch in den Jahren vor der Tesla-Ansiedlung.

Das bestätigt auch Thomas Krieger(CDU), Bürgermeister der Gemeinde Fredersdorf-Vogelsdorf (Märkisch-Oderland): "Ein großes Industrieunternehmen wie Tesla zieht natürlich wahnsinnig viele Zuliefer-Unternehmen an. Und die Zuliefer-Unternehmen ziehen weitere Unternehmen an. Das ist ein positiver Dominoeffekt für die gesamte Region." Auch in seiner Gemeinde haben sich schon erste Firmen im Zuge der Tesla-Ansiedlung niedergelassen - knapp 15 Autominuten von dem Tesla-Gelände entfernt.

In einer Halle im Gewerbegebiet direkt an der Autobahn A 10 haben sich das französische Unternehmen SAS interior modules und die südkoreanische Halla Coperation angesiedelt. Laut Krieger baut SAS Armaturen für den US-Elektroautobauer, Halla montiert Reifen. Von ähnlichen Effekten berichten auch andere Städte und Gemeinden.

Internationaler Fokus

So baut seit 2018 in Frankfurt (Oder) der Projektentwickler Alcaro einen großen Logistikstandort auf. Auf rund 44 Hektar sollen dort unter dem Namen Log Plaza insgesamt sechs Immobilien für rund 150 Millionen Euro entstehen. Die Halle A mit insgesamt 41.000 Quadratmetern ist fast fertig. Die Nachfrage der vergangenen Monate habe gezeigt, dass der Standort begehrt sei, sagt Projektleiter Peter Bergmann. Das habe sich mit der Ankündigung Elon Musks noch einmal verstärkt: "Als wir vor drei Jahren hier angefangen haben, haben mich viele Leute gefragt: Wo ist den Frankfurt (Oder)? Diese Frage gibt es heute nicht mehr. Durch diese Tesla-Ansiedlung ist auch dieser Standort in einen internationalen Fokus gerückt."

Das bestätigt auch Rüdiger Hage von der IPG. Mittlerweile interessieren sich Firmen aus ganz Europa, Nordamerika und Asien für Ostbrandenburg. Dabei handle es sich aber nicht nur um Firmen aus der Automobilbranche: "Wir haben Anfragen aus der Pharmaindustrie, der Luft- und Raumfahrt, dem Medizingeräte-Bau – also eigentlich alle Branchen", berichtet er. Das sorge allmählich jedoch auch für Probleme.

Kaum noch Gewerbeflächen

"Im unmittelbaren Umfeld, also Märkisch-Oderland bis nach Frankfurt (Oder), haben wir eine Auslastung von 93 Prozent der Gewerbeflächen", so Hage weiter. Mittlerweile könne die IPG die Anfragen nicht mehr alle bedienen. Denn vor allem Flächen in einer Größenordnung ab 30 Hektar seien kaum noch vorhanden, insbesondere um die Gemeinde Grünheide herum.

Aus diesem Grund müssten nach Ansicht von Hage weitere Flächen ausgewiesen werden. Das geschieht bereits, wie er berichtet. So sei die Entwicklung von weiteren Gewerbe- und Industrieflächen in Altlandsberg, Neuenhagen bei Berlin im Landkreis Märkisch-Oderland, sowie Schöneiche, Fürstenwalde, Storkow, Beeskow (Oder-Spree) und Frankfurt (Oder) bereits angestoßen worden oder zumindest in Planung. Zudem habe Eisenhüttenstadt gemeinsam mit Brieskow-Finkenheerd und Schlaubetal (Oder-Spree) eine gemeinsame, größere Industriegebiets-Entwicklung angeschoben.

Doch das dauert: "Unter drei Jahren läuft da nichts. Das ist leider die Realität", sagt Rüdiger Hage zum Prozess. Denn die Unternehmen wünschen sich auch bei den kommunalen Entwicklung mehr von der sogenannten Tesla-Geschwindigkeit. Bis dahin gelte es, potenzielle Interessenten zumindest in Brandenburg zu halten, sagt Rüdiger Hage.

Sendung: Brandenburg Aktuell, 23.04.2022, 19:45 Uhr

34 Kommentare

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  1. 34.

    Nun ist Ostbrandenburg, um das es im Artikel geht, deutlich größer als das Versorgungsgebiet des WSE. Selbst MOL steht nicht unter einem WSE Monopol.
    In Seelow und Freienwalde sieht man vergleichsweise entspannt in die wasserwirtschaftliche Zukunft und ist bereit den Randberlinern zu helfen.
    Betrachtet man Ostbrandenburg hört man ausserhalb des WSE wenig über Mengenprobleme bzgl Wasser.
    Industrieansiedlung bedeutet nicht zwingend unlösbare oder stark konkurrierende Wasserprobleme.

  2. 33.

    Kleiner Formulierungsfehler der den Zusammenhang falsch darstellt.
    Ursache Wirkung vertauscht.
    Wegen der Bevölkerungsentwicklung gibt es den Fachkräftemangel, nicht umgedreht.
    Bevölkerung schwindet nicht nur sondern altert auch weiterhin, Infolgedessen und dem Wegzug der ersten Nachwendejahre haben wir weniger Fachkräfte. Zusätzlich ist unser Bildungssystem für den Teil "Fach" in Fachkräfte auch nicht gerade erfolgreich.

  3. 32.

    Man muss wohl einfach hoffen, dass nicht alle Ostdeutschen so sind.

    Hier tummeln sich ja seit Jahren zu Hauf die frustrierten. Einige davon werden unter Garantie Rentner sein, die wollen nur 1....oder 2 Sachen:
    1. die nächste Rentenerhöhung
    2. ihre Ruhe.

    Wirtschaftliche Entwicklung und Arbeitsplätze sind da doch irrelevant....hm für 1. eigentlich nicht...

  4. 31.

    Diese Logik verstehe ich auch nicht. Nachhaltig ist, wenn möglichst vor Ort produziert, konsumiert und recycelt wird.
    In den 90ern haben Tausende mit den Füßen abgestimmt und die Region verlassen. Ergebnis waren Leerstand und Rückbau z.B. in Fürstenwalde, Frankfurt, Eisenhüttenstadt. Eine sinnvolle Verdichtung und Nutzung der ungenutzten Brachflächen für Ansiedlungen ist doch nachhaltig.

  5. 30.

    Sie schreiben von Verzicht auf Massen Konsum? Oh wie furchtbar für das gut dressierte Volk. Allerdings ist der Verzicht auf sauberes Trinkwasser, Lebensmittel und einer halbwegs intakten Umwelt für mein Gefühl immer noch schlimmer.

  6. 29.

    Es ist auch ohne zwangsbesiedelung genug Arbeit da. An jeder Ecke finden sie Angebote. Versuchen sie doch mal einen Handwerker zu bekommen... irgendwann ist jede Ressource erschöpft, sie können sich dann für die Mars Besiedlung melden, dort ist noch unbegrenztes Wachstum möglich. Vielleicht schafft es E.M. ja auch den Mars an die Erde anzudocken. Neue Technologien machen doch alles möglich.

  7. 28.

    "Wir sind hier im Einzugsbereich Berlins, der Hauptstadt Deutschlands, mit bald 4 Mio Einwohnern."

    Läuft! Selbst Doppelverdiener finden inzwischen - nicht nur aufgrund fehlender Wohnungen - kaum noch bezahlbaren Wohnraum in der Hauptstadt Deutschlands. Die Immobilienpreise haben neue Höchststände erreicht und Firmen suchen vergeblich fehlende Fachkräfte. In keiner anderen Großstadt sind die Mieten und Immobilienpreise so stark gestiegen, wie in Berlin.

  8. 27.

    Wenn keine Arbeit da ist, meckern die Leute.
    Ist Arbeit da, meckern die Leute.
    Ich könnte ko... en.

  9. 26.

    Ich habe in der Tat nicht verstanden, was die Plastiklatschen am Strand mit Industrieansiedlungen in Brandenburg zu tun haben. Die kommen ebenso aus China wie bisher auch noch die meisten Tesla. Ihre Forderung nach Konsumverzicht dabei in allen Ehren - von Holz, Mais, Windkraft und erhöhter Mehrwertsteuerzuweisung im Rahmen des Länderfinanzausgleichs kann man in Brandenburg auf Dauer nicht leben. Die Menschen stimmen dazu immer noch mit den Füßen ab.

    Putzigerweise fordern Sie dabei ja mit "Dann Industrialisieren sie doch die Lausitz oder Prignitz" erst Recht eine Zersiedelung. anstelle sich zunächst auf Wachstumskerne zu konzentrieren. Dass das die erklärte Strategie der Landesregierung ist, hatten wir hier auch schon mal gehabt. Die hat deswegen im Rahmen von "innoBB 2025 plus" Cluster gebildet. Das Land gibt seit Jahren Milliarden aus, damit hochwertige Arbeitsplätze entstehen. Tesla ist dabei nur die Spitze des Eisberges, der für mediale Aufmerksamkeit sorgt.

  10. 25.

    Sie haben es offensichtlich nicht verstanden. Das ist nichts neues. Es geht um Industrieansiedlung und zersiedelung durch erzwungenen Zuzug (also nicht nachhaltig) Darauf folgende Verschlechterung der Lebensqualität durch Industrie Abgase und Abfälle. Durch Verdichtung zersiedelung. Ganz zu schweigen vom produzierten Konsum Müll.

  11. 24.

    Sie wollen offensichtlich die Strände der Weltmeere von Plastiklatschen befreien, indem Sie fordern, dass Tesla andernorts produziert.

  12. 23.

    Sie wollen offensichtlich die Strände der Weltmeere von Plastiklatschen befreien, indem Sie fordern, dass Tesla andernorts produziert.

  13. 22.

    Offenbar nützen die hohen Umweltstandarts nicht's. Wenn sinnlos auf Masse und Massenvertrieb produziert wird. Von Nachhaltigkeit immer noch ganz zu schweigen. Oder wollen sie, in anbetracht dessen, wo auf irgendwelchen tropischen weit im Meer liegenden Inseln Zivilisationsmüll wie Zahnbürsten Verpackungen und Plastelatschen abgespült werden, behaupten, dass es irgendjemanden der profitablen Unternehmen interessiert? Aber ja, Tesla und die folgenden Ansiedlungen sowie die Groß Metropole Berlin retten die Welt....

  14. 21.

    Sie hatten doch den RBB um konkrete Beispiele gebeten, die aber schon im Artikel zu finden sind. Die anderen zwei Ansiedlungen haben mit Sicherheit nur am Rande mit Tesla zu tun. Wer sich mit dem PKW-Hersteller etwas näher im Rahmen der Berichterstattung hier befasst hat, weiß aber auch, dass die eine vergleichsweise hohe Fertigungstiefe haben. Derzeit ist es ganz banal Tesla, die an den Stammtischen genannt werden. Davor war es wie erwähnt der Flughafen. Dass Brandenburg Nachholbedarf bei den Kennzahlen zur wirtschaftlichen Stärke, ist eigentlich allgemein bekannt.

  15. 20.

    Wir sind hier im Einzugsbereich Berlins, der Hauptstadt Deutschlands, mit bald 4 Mio Einwohnern. Gerade aus Umweltschutzgründen ist es notwendig, dass hier vor Ort produziert wird, wo wir auch konsumieren und nicht die Waren um die halbe Welt verschifft werden.
    Ja. Es ist die Aufgabe von Unternehmen Profit zu erwirtschaften und wir haben sehr hohe Umweltstandards.

  16. 19.

    Wenn Sie (versehentlich?) den gleichen Artikel oben verlinken bedeutet das, man soll ihn nochmal „richtig“ lesen? Dann lautet die Ansiedlungsrechnung 2+2=4-2=2 Ansiedlungen? Egal, 2+ BASF und Altech =4 ....
    Wirklich 4 Ansiedlungen wegen Tesla? Sind Sie da ganz sicher? Oder sind andere Gründe richtiger? Der Artikel hat Nachholebedarf...Wo steht Brb. im Bruttoinlandsprodukt? Das wäre mal eine Kennzahl statt Anfragen...

  17. 18.

    Wegen 4 Firmen mit wieviel Arbeitsplätzen so ein Gewese? Unterliegen Sie auch dem ....?

  18. 17.

    Dann Industrialisieren sie doch die Lausitz oder Prignitz. Verzicht auf freie Mobilität sowie der Verzicht auf Lebensqualität und Energie Nutzung wird durch bestimmte Parteien gefordert. Aber konsumieren dürfen die Menschen ohne Ende um das Hamsterrad für die Generierung Profite Einzelner am Laufen zu halten. Dafür werden ohne Ende Ressourcen vernichtet die Meere vermüllt und überfischt, andere Länder ausgebeutet und mit unserem konsummüll überschüttet. Egal, wie sie es drehen und wenden, die Lebensqualität der Allgemeinheit nimmt stetig ab, aber lassen sie sie ruhig in dem Glauben, einen Einfluss auf den Umweltschutz zu haben.

  19. 16.

    Ostbrandenburg war vor 30 Jahren eine Industrieregion mit tausenden Arbeitsplätzen. Der Prozess der Reindustrialisierung ist seit gut 10 Jahren absehbar und das ist auch gut so.
    Wer auf Kosten der Allgemeinheit im Naturschutzgebiet leben möchte kann gerne in die Lausitz oder die Prignitz ziehen.

  20. 15.

    Nehmen Sie noch die Firmen aus dem verlinkten Artikel hinzu, dann sind es sogar schon vier größere Ansiedlungen, die Sie nicht kannten.

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