Ein Jahr E-Autofabrik in Grünheide - Steinbach nennt Tesla Glücksfall für Brandenburg - Umweltverbände üben Kritik

Mi 22.03.23 | 16:25 Uhr
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Symbolbild: Mitarbeiter der Tesla Gigafactory Berlin Brandenburg arbeiten an einer Fertigungslinie eines Elektrofahrzeuges vom Typ Model Y. (Quelle: dpa/P. Pleul)
Audio: rbb24 Inforadio | 22.03.2023 | Matthias Wetzel | Bild: dpa/P. Pleul

Im März 2022 hat die Produktion der ersten E-Autos in der Teslafabrik in Grünheide begonnen. Ein Jahr später ist das Image des Unternehmens stark gespalten, für die einen ist es das große Glück für die anderen eine Gefahr für die Umwelt.

Der Brandenburger Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) hat die Eröffnung der Tesla-Fabrik vor einem Jahr als Glücksfall bezeichnet. "Brandenburg kann sich da wirklich glücklich schätzen", sagte Steinbach am Mittwoch im rbb24 Inforadio. Es seien mehr als 10.000 Arbeitsplätze entstanden und Tesla habe viele andere Unternehmen in die Region gelockt.

"Das Gesicht von Brandenburg hat sich definitiv verändert und wir sind ein attraktiver Standort geworden, der jungen Menschen exzellente Jobs anbieten kann", sagte der Minister. Sie müssten nun nicht mehr Brandenburg "in den sogenannten Goldenen Westen" verlassen, so Steinbach.

Er wisse, dass es auch kritische Stimmen gebe: "Wir haben immer wieder noch einmal nachgefragt. Und wir wissen eigentlich, dass sich der skeptische Bereich in der Größenordnung von fünf bis zehn Prozent bewegt und 85 bis 90 Prozent Tesla nach wie vor willkommen heißen", sagte Steinbach.

Tesla will Werk noch ausbauen

Am 22. März 2022 eröffnete Tesla sein E-Auto-Werk in Grünheide. Inzwischen laufen dort 4.000 Elektro-Autos pro Woche vom Band. Zudem stellte der Autobauer vor kurzem einen Antrag, das Werk auszubauen: Tesla will die Kapazität nach Angaben des Landesumweltamtes künftig zunächst auf 500.000 und dann auf eine Million Autos im Jahr erhöhen.

Die Zusammenarbeit verschiedener Verwaltungsebenen in Tesla-Geschwindigkeit soll künftig Schule machen: "Es braucht immer eine gut funktionierende Verwaltung. Speziell bei solchen Wirtschaftsinvestitionen, die immer stärker auf Tempo setzen", sagte Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD). "Wir müssen uns daran gewöhnen, auch schnell zu arbeiten." Er sei optimistisch, dass das in Zukunft wieder gelingen kann.

"Die Welt schaut anders auf den Wirtschaftsraum Ostbrandenburg, vielleicht sogar auf den gesamten Wirtschaftsraum Berlin-Brandenburg", sagte Gundolf Schülke, Geschäftsführer der Industrie- und Handelskammer Ostbrandenburg, dem rbb. Die Tesla-Ansiedlung habe ein Umdenken bei den Themen Flächengebrauch und Genehmigungsverfahren verursacht, so Schülke.

Etwas kritischer äußerte sich Irene Schulz, Bezirksvorstandsvorsitzende der IG Metall: "Die Frage, die sich jetzt nach einem Jahr Tesla auftut, ist die: Müssen die Beschäftigten eigentlich den Preis für das Tempo zahlen?", sagte Schulz. Noch befinde sich ungefähr die Hälfte der Arbeitnehmer in der Probezeit und es gebe eine hohe Mitarbeiterfluktuation. Dabei sei es wichtig, eine Mitbestimmungskultur im Werk zu entwickeln. "Wir sind sehr gut informiert, wie die Bedingungen bei Tesla sind und sehen einen Verbesserungsbedarf."

Nabu fordert weniger Wasserverbrauch

Naturschutzverbände in Brandenburg lehnen einen Ausbau der Fabrik ab und werfen der SPD-geführten Landesregierung schwere Versäumnisse bei der Ansiedlung und Kontrolle der Fabrik vor. Die derzeitige Produktion solle erst einmal gestoppt und sicherer gemacht werden, forderte etwa Steffen Schorcht von der Grünen Liga Brandenburg.

Die Landesgeschäftsführerin des Nabu Brandenburg, Christiane Schröder, forderte ein klares Umdenken, um vor allem den Wasserverbrauch der Tesla-Fabrik in Grenzen zu halten. Der technische Fortschritt müsse im Einklang mit Umwelt und Natur stehen, sagte Schröder. Kritisiert werden auch mutmaßliche Verstöße von Tesla: Unter anderem geht es um die Frage der Sicherheitsvorkehrungen bei Störfällen und Anlagen, für die Tesla keine Genehmigung hatte wie etwa für Pfähle und eine Recyclinganlage.

Tesla hatte laut Umweltministerium Anfang März Maßnahmen zugesichert, solche Vorkommnisse künftig zu vermeiden.

Zudem kritisierten die Verbände erneut Ministerpräsident Woidke scharf, weil er Tesla-Chef Elon Musk in einem Brief Unterstützung für die noch ungelöste Versorgung mit Wasser und Strom bei einem Ausbau der Fabrik zugesichert hatte. Schröder sagte: "Wenn ein Ministerpräsident glaubt, dass er (...) mit einem Stück Papier es irgendwie schaffen kann, einem Elon Musk das Wasser zu reichen (...), dann frag ich mich schon, wie objektiv sind all die Genehmigungsverfahren, die da laufen, überhaupt noch?"

Sendung: rbb24 Inforadio, 22.03.2023, 9 Uhr

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60 Kommentare

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  1. 60.

    Dass Sie den Widerstand aus dem fernen "Karl-Marx-Stadt" korrekt einschätzen, ziehe ich angesichts von 100 Demo-Teilnehmer beim letzten Protestzug gegen Tesla weiterhin berechtigt in Zweifel, Der Irrtum zieht sich wie ein roter Faden durch die Geschichte seit der Standortentscheidung. Dabei konnten BI, Wassertafel, Attac und Co. am Brandenburger Tor noch viel weniger Menschen anlocken, dass mehrere gleich zwei Buchstabentafeln für den "Tesla nein"-Schriftzug hatten hochkalten müssen.

  2. 59.

    Es gab aber bekanntlich keinen alternativen Standort, bei dem nicht in die "Natur" hätte eingegriffen werden müssen. Auch Ihnen in "Karl-Marx-Stadt" ist bisher keiner bekannt gewesen, obwohl ich seit Jahren auch Sie mehrfach gefragt hatte.

  3. 58.

    "... Und wir wissen eigentlich, dass sich der skeptische Bereich in der Größenordnung von fünf bis zehn Prozent bewegt und 85 bis 90 Prozent Tesla nach wie vor willkommen heißen", sagte Steinbach. ..."

    Wäre mal interessant, aus welcher Bevölkerungsgruppe sich die 85-90 Prozent zusammensetzen.
    Tesla-Mitarbeiter, Landespolitiker oder gar Tesla-Fans?
    Hier, in Grünheide, und in unmittelbarer Nachbarschaft gibt es kaum Einen, der die Tesla-Ansiedlung begrüßt.

  4. 57.

    Achvhat Kolben Koch das gesagt? Infrastruktur war ja auch mal wieder in den Medien. Ist so ähnlich wie wenn man den Netzger zu Veganismus befragt....

    Ich glaub Onkel Klebstoff wollte nur mal was raushauen, weil ja Kohlestrom und so. Die Statistiken zu letztem Jahr hat er sich gar nicht angeschaut. Dabei ist das EAuto sogar mit 100% Braunkohlefahrstrom noch sauberer.

  5. 55.

    "...aber wenn einer kommt und E-Fahrzeuge baut, ist es auch falsch?..."

    Ihre Einschätzung ist polemisch herbeigeredeter Unsinn, es geht hier um die falsche Standortentscheidung.
    Wenn mit dem Wechsel auf E-Mobilität Natur geschützt werden soll, macht es keinen Sinn, sie zuvor zu zerstören.

  6. 54.

    Nennen Sie doch mal 1!!! RECHTSGRUNDLAGE für eine Verfolgung!

    Die blaubraunen träumen ja egal zu welcher Zeit davon "Gegner" zu verfolgen. Leider hat das mit Rechtsstaat nix zu tun.

  7. 53.

    Und Sie können wohl schlecht zu hören.

    Nachrichten bitte richtig bewerten.
    Ansonsten wie immer, schwache Gegenargumentation von Ihnen.

  8. 51.

    Welche Standortwahl würde jemanden wie Sie, der U-Bahnen als Ersatz für ICE vorschlägt, zufriedenstellen?

  9. 50.

    Schweren Anschuldigungen müssen Beweise folgen. Wir warten alle gespannt.

  10. 49.

    Sie wären überrascht, wenn Sie erfahren würden, wohin aus Deutschland Autos exportiert oder aus welchen Staaten Autos importiert werden. Allerding geht nur ein kleiner Teil der Produktion aus Grünheide in das aussereuropäische Ausland. Aus dem naheliegenden Werk in der VR China dürfen halt keine Autos nach Taiwan geliefert werden.

    "die DB kann erst 2070 zu 100 Prozent lierfer" Bitte Quelle dazu. Eine Bahnstrecke nach Taiwan halte ich für unrealistisch. Wesentlich schneller könnte aber ein Güterbahnhof für das E-Autowerk gebaut werden, da der kleine Verladepunkt in der Nähe nur eine geringe Kapazität hat. Wie immer, wenn es um die Eisenbahn geht, regt sich aber auch dagegen Widerstand.

  11. 48.

    Geopolitik ist nicht so ihre Sache oder?

    Sie können schlicht Taiwan nicht aus China beliefern. Und die Autofrachter die die chinesischen und in China gebauten Autos der deutschen Hersteller nach Deutschland bringen müssen doch nicht leer zurück fahren.

  12. 47.

    Sind Sie eigentlich kommunalpolitisch aktiv?

    Da Sie ja alles besser wissen, sollten Sie am besten bei zukünftigen Raumordnungsverfahren federführend sein.

  13. 46.

    In der Zeit von grüner Transformation, wo wir uns auf Zeiten zurück ins Mittelalter vorbereiten sollen, Klimaschutz, CO² Minderung, Erderwärmung befinden, zeigt sich die Doppelzüngigkeit grüner Politik, laufen staatlich geförderte, auch von linksgrün, Umweltverbände Sturm.
    Was aber wollen die?
    Lastenfahrräder statt E-Mobilität?

  14. 45.

    "Steinbach nennt Tesla Glücksfall für Brandenburg - Umweltverbände üben Kritik" Das ist eine Lüge, die nur dem Zweck dient, eigenes Fehlverhalten zu vertuschen um sich einer Rechtsverfolgung zu entziehen.

  15. 44.

    Bzgl. Kobalt empfehle ich den Spiegel-Artikel "Kobaltförderung im Kongo Hier sterben Menschen für unsere Akkus" von 2019. Aber bittt mehr lesen als nur die Überschrift.

  16. 43.

    Wenn der Kolben-Koch das sagt... Der bezieht sich aber gerne auf unSinnige Studie, die schon vor Jahren bei Erscheinen auf veralteten Zahlen einer längst überarbeiteten Schweden-Studie basierte und auch fragwürdige Annahmen getroffen hatte.

  17. 42.

    'Ne Bahnstrecke nach Taiwan zu bauen, dauert halt. Man schaue sich nur den Widerstand allein schon gegen den Güterbahnhof an.

    Übrigens kommen viele Tesla aus Shanghai nach Deutschland.

  18. 41.

    In der Zeit von grüner Transformation, wo wir uns auf Zeiten zurück ins Mittelalter vorbereiten sollen, Klimaschutz, CO² Minderung, Erderwärmung befinden, zeigt sich die Doppelzüngigkeit grüner Politik, laufen staatlich geförderte, auch von linksgrün, Umweltverbände Sturm.
    Was aber wollen die?
    Lastenfahrräder statt E-Mobilität?

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