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Audio: Antenne Brandenburg | 28.10.2022 | Karsten Zummack | Quelle: dpa/Soeren Stache

Berliner Firmen wandern verstärkt ins Umland ab

Neue Fabriken im märkischen Sand

In Berlin werden nicht nur Wohnungen knapp und teuer, sondern auch Gewerbeflächen. Unternehmen, die expandieren wollen, finden kaum noch verfügbare geeignete Grundstücke. Deshalb ziehen einige Firmen inzwischen lieber nach Brandenburg um. Von Karsten Zummack

Metallspäne fliegen durch die Halle. Ein paar Meter weiter hantieren zwei Männer mit Schraubenschlüsseln, mit einem Kran werden tonnenschwere Kolosse aus Stahl und Kupfer von einer Stelle zur nächsten gehievt. Auf einem alten Gewerbehof in Moabit produziert das Unternehmen Menzel Elektromotoren. Seit 95 Jahren bereits sitzt die Firma in Berlin.

Menzel setzt inzwischen mehr als 22 Millionen Euro im Jahr um, die Auftragslage ist trotz aller Widrigkeiten dieser Zeiten gut. Doch die Fabrikhallen am Ufer des Charlottenburger Verbindungskanals sind in die Jahre gekommen. Da platzt mitunter Farbe von den Türen ab, sind Fenster grau geworden. Draußen auf dem Hof müssen Lkw geschickt rangiert werden. Das Schlimmste aber: Der Platz reicht längst nicht mehr aus.

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"Ein suboptimaler Standort"

"Wir brauchen aufgrund des Wachstums des Unternehmens und der Produktentwicklung neue größere Flächen", betont Geschäftsführer Mathis Menzel. Der kräftige, vollbärtige Mann wollte mit seinem Traditionsunternehmen eigentlich auf das Areal des ehemaligen Flughafens Tegel ziehen. Doch das verzögerte sich aufgrund des BER-Desasters immer wieder.

Auch anderswo in Berlin fand Menzel kein passendes Grundstück. Da die Motoren immer größer und schwerer werden, sei die Innenstadt ohnehin "ein suboptimaler Standort", wie es Menzel formuliert. Deshalb zieht das Unternehmen mitsamt Maschinenpark und den 100 Beschäftigten nach Hennigsdorf (Landkreis Oberhavel), auf das alte Stahlwerksgelände. Im Juni wurde der Grundstein für den Neubau gelegt.

Mehr Anfragen umzugswilliger Unternehmen

Keineswegs nur Menzel Elektromotoren hat ein neues Zuhause jenseits der Landesgrenze gesucht. Wie viele Unternehmen der deutschen Hauptstadt den Rücken Richtung Mark gekehrt haben, ist statistisch nicht hinterlegt. Doch die Wirtschaftsförderung Brandenburg beobachtet seit Jahren eine verstärkte Nachfrage umzugswilliger Berliner Firmen. Wurden 2016 lediglich zwei Anfragen registriert, waren es im vergangenen Jahr bereits 14 - allein hier.

Viele Unternehmer klopfen auch bei den Kommunen oder Gewerbegebieten direkt an. Ein zunehmendes Interesse verspürt auch der Koordinator der Wirtschaftsregion Oranienburg-Hennigsdorf-Velten. "Die einen fühlen sich bedrängt von ihren bisherigen Vermietern oder Entwicklungen in ihrem Umfeld. Die Preisentwicklung spielt sicher ebenso eine Rolle", sagt Gerald Zahn. Denn oftmals sind die Grundstücke im Umland eben günstiger als in der Hauptstadt. Allerdings, so beobachtet der Experte, werden auch im Speckgürtel Gewerbeflächen allmählich rar.

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Als kleineres Unternehmen ernst genommen

An lang gezogenen Maschinen werden Bleche aus Stahl oder Aluminium gebogen. Das Unternehmen "Die Blechprofis" stellt in Hennigsdorf seit acht Jahren vor allem Winkel, Metallgehäuse und Bleche für Sondermaschinenbauer her. Der Jahresumsatz liegt etwa bei einer Million Euro, sagt Geschäftsführer Karsten Kruschke. Seine Produktionshalle steht ebenfalls auf dem alten Hennigsdorfer Stahlwerksgelände.

Bis 2014 wurden die Bleche in Berlin-Neukölln verarbeitet. Doch dort stand die Fabrik einem Erweiterungsbau des Hotel Estrel im Wege. Deshalb machte sich Kruschke auf die Suche nach einem neuen Standort. Seine Idee, ins boomende Adlershof umzuziehen, scheiterte. Stattdessen landete die Firma eben in Hennigsdorf. "Man wird hier als kleinerer Unternehmer auch ernst genommen und gehört", lobt er die Rathausspitze. Zudem sei der Standort gut zu erreichen per S-Bahn oder Autobahn, vor allem für Transporte von großer Bedeutung.

Produktionsstart im kommenden Sommer angepeilt

Bald bekommen die "Blechprofis" um Karsten Kruschke neue Nachbarn. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite rollen Bagger, wächst bereits der Rohbau des Menzel-Motorenwerkes aus dem märkischen Sand. Im kommenden Sommer bereits will das Unternehmen seine Produktion von Berlin-Charlottenburg nach Hennigsdorf verlagern. Hier hat es dann dreimal so viel Platz wie am alten Standort. Dadurch sollen auch neue Jobs entstehen.

Sendung: Antenne Brandenburg, 28.10.2022, 15:40 Uhr

Beitrag von Karsten Zummack

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