Ausgeschaltete Beleuchtung - Wie dunkel Berlin und Brandenburg wirklich geworden sind

Fr 20.01.23 | 07:12 Uhr | Von Haluka Maier-Borst
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Siegessaeule, in Berlin (Quelle: dpa/Michael Kuenne)
Bild: dpa/Michael Kuenne

Energie sparen, Licht aus, Dunkeldeutschland: Vor einem halben Jahr wurde das Ausschalten von Beleuchtungen im Stadtbild breit diskutiert. Einen wirklichen Effekt sieht man aus dem All nur an ganz bestimmten Orten. Von Haluka Maier-Borst

Rotes Rathaus: duster. Berliner Dom: finster. Siegessäule: schwarz. Seit dem Sommer letzten Jahres bleiben zahlreiche Sehenswürdigkeiten in Berlin dunkel. Und auch in Orten in Brandenburg wie Kyritz, Fehrbellin (Ostprignitz-Ruppin), Rüdersdorf (Märkisch-Oderland), Biesenthal (Barnim), Mühlenbecker Land (Oberhavel) und Niederer Fläming (Teltow-Fläming) wurde an vielen Ecken die Beleuchtung ausgeschaltet, um in Zeiten des Krieges in der Ukraine Energie zu sparen.

Und dann wurde viel diskutiert. Ob dadurch gewisse Gegenden unsicherer werden. Oder ob das gar für Natur und Mensch vielleicht ganz gut wäre, wenn die Nacht wieder dunkler wird. Doch so viel darüber auch geredet wurde, wirklich weniger Licht hat man an den wenigsten Orten – weder in Berlin noch in Brandenburg. Zumindest nicht, wenn man aus dem All schaut.

Lichtverhältnisse in Berlin

rbb|24 hat sich mithilfe des Tools “Radiance Light Trends” eine Reihe von Orten angeschaut und verglichen, inwiefern das Energiesparen auf Nachtaufnahmen von Satelliten zu sehen ist. Das Ergebnis: Nur an vereinzelten Punkten deutet sich ein Effekt an.

Von sechs Orten in Brandenburg, die sich rbb|24 ausgesucht hat, weil zuvor von Sparmaßnahmen berichtet wurde, verzeichnen gerade einmal Kyritz und Fehrbellin (Ostprignitz-Ruppin) niedrigere Werte als im Jahr 2021. Allerdings könnten auch diese Abweichungen noch im Bereich von Messungenauigkeiten liegen. Berlin als Ganzes ist ebenfalls nicht dunkler geworden, wenngleich einzelne Orte wie der Alexanderplatz oder auch der Kurfürstendamm und sogar der gesamte Bezirk Mitte dunkler sind als vor einem Jahr.

Christopher Kyba ist Geoinformatiker am Deutschen GeoForschungsZentrum GFZ in Potsdam und hat das Tool entwickelt, das rbb|24 nutzt. Ihn verwundern die Ergebnisse nicht. "Ja, es gibt einzelne Flecken die aktuell deutlich dunkler geworden sind - wie eben zum Beispiel rund um den Alexanderplatz", sagt er. Aber an den meisten Orten dominiere das künstliche Licht von Reklamen und Geschäften. Lichtstrahler an öffentlichen Gebäuden oder Strahlenlaternen hätten da nur einen kleinen Einfluss.

Kyba gibt aber zu Bedenken, dass die Nachtaufnahmen von Satelliten mit Vorsicht zu interpretieren sind. Mondschein und Wolken verändern das Licht, das ein Satellit in der Nacht aufnehmen kann, aber auch der Winkel, in dem der Satellit zum beobachteten Fleckchen Erde vorbeifliegt. Manches Licht sehe der Satellit nicht, wenn er direkt über ein Gebäude fliegt, Licht ein paar Grad jenseits davon wiederum sehr deutlich. Und dann müsse man die Uhrzeit bedenken an dem die Satellitenaufnahmen gemacht werden, sagt Kyba.

Wenn zum Beispiel eine örtliche Kirche bislang bis 0 Uhr angestrahlt wurde und nun dieses Licht eingespart wird, sieht man davon auf den Satellitenbildern genau: nichts. Der Satellit mache nämlich um etwa 1:30 Uhr seine Aufnahmen und entsprechend könne er gewisse Veränderungen gar nicht registrieren. Kyba sagt: "Wenn Sie eine große Veränderung in den Daten sehen und das über Monate, dann kann das keine Messunsicherheit sein. Alles andere muss man sich sehr vorsichtig anschauen." Ein gutes Beispiel für einen klaren Effekt hat der Forscher auch. Dass der Flughafen Tegel nach der Schließung viel dunkler geworden ist, das könne man auf Satellitenbildern sehr klar sehen.

Als Beispiel für einen massiv heller gewordenen Ort lässt sich folgerichtig der Flughafen Schönefeld (Dahme-Spreewald) benennen - und zwar seit er der einzige Flughafen der Hauptstadt ist. Und auch der Bereich um die Tesla-Fabrik in Grünheide (Oder-Spree) ist deutlich heller geworden.

Dass aber aktuell die Nacht durch Energiesparmaßnahmen in weiten Teilen von Berlin und Brandenburg viel dunkler geworden ist, lässt sich so nicht sagen. Und somit ist vom Energiesparen nicht viel zu sehen. Zumindest nicht aus dem All.

Beitrag von Haluka Maier-Borst

42 Kommentare

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  1. 42.

    Wäre ein Gleichspannungsnetz für die Beleuchtung eine Alternative? Gab es ganz am Anfang der Elektrifizierung ja schon einmal.

  2. 41.

    "...der kleine Einschaltstrom, da keine induktiven Vorschaltgeräte."
    Aus welcher elektrotechnischen Märchenstunde haben Sie denn diesen Satz mitgenommen?
    LED-Leuchtmittel benötigen in der Regel ein Schaltnetzteil. Das kann im Leuchtmittel integriert, oder separat montiert sein. Fakt ist, dass Schaltnetzteile enorm hohe Einschaltströme haben, die allerdings recht kurz sind. Und genau das macht sie zum Problem in größeren Anlagen, sofern sie gleichzeitig eingeschaltet werden.

    Beste Grüße

  3. 40.

    Es wäre schön, wenn diesen vorläufigen Ergebnissen mal die Meßwerte der Zähler von den Orten gegenübergestellt werden.

  4. 39.

    Irgendwohin müssen ja unsere Gebühren gehen. Soll sich doch lohnen zu bezahlen. Auch wenn es anderweitig bezahlt wird, von irgendwo her kommt das Geld. Verschwendung liegt wohl im Trend der Menschheit.

  5. 38.

    Da fällt mir ein: "Liebe Mitbörgerinnen und Mitbörger..." auf zu Mc, da ist es hell.

  6. 37.

    Super Idee - die Bevölkerung dankt Ihnen jetzt schon für noch höhere Steuern - oder glauben Sie noch ernsthaft dran, dass der Staat den bürgern was schenkt?

  7. 36.

    Für eine steuerfinanzierte Stadt ist es natürlich sehr hilfreich, wenn die Aluminiumhütte oder das Stahlwerk Energie sparen. Das wird sich sofort in der Kämmerei bemerkbar machen.
    Mitbekommen? Jeder hat die Aufgabe mit seinen eigenen Möglichkeiten. Und wenn ich allein den bedarf für eine Stadt wie FF sehe ist das durchaus ein relevanter Beitrag. 6.000 Lampen von 70 auf 35W halbieren macht mal eben 210kW weniger Netzlast und den jährlichen Strombedarf für ein paar tausend Haushalte.
    Hochskaliert auf Berlin liegen wir sicher im 2 stelligen MW-Bereich, also mehrere Windräder, die Berlin nichtmal hat.

  8. 35.

    Bekanntermaßen bekam die Umrüstung auf LED erst in 2022 den entscheidenden Kick. Vorher war nicht viel mehr als Neubau oder Ersatz bei Defekt die Strategie der Umrüstung.
    So wie hier das man sagt in ein paar Monaten die Umstellung auf LED durchzuziehen, für die man sich sonst wahrscheinlich 10 Jahre gedacht hatte.
    Bekanntermaßen ist nun gerade Berlin in Bezug auf Technologie für öffentliche Beleuchtung teilweise noch im 19.Jh stehen geblieben. Stadt der Gaslaternen mit zigfachen Energiebedarf im Vergleich zur LED.
    Der zweite große Vorteil der LED ist die Schalthäufigkeit und sofortige Helligkeit nach einschalten und der kleine Einschaltstrom, da keine induktiven Vorschaltgeräte.
    Somit ist es natürlich sinnvoll gerade nach Umrüstung auf LED häufiger abzuschalten wenn nicht benötigt, auch wenn die Einsparung dann nicht mehr viel ausmachen dürfte.

  9. 34.

    Großes Lob in dieser Sache übrigens an Mercedes-Benz … An allen (ja meist sehr) prominenten Stellen ist der Stern erstmal aus … Auf dem Europacenter dreht er nicht einmal mehr ! … Echte Vorbildfunktion ... Später sollen sie aber bitte wieder schön leuchten ... und drehen =)

  10. 33.

    Bekanntermaßen sind ja auch unbeleuchtete Bundesstraßen nachts gesperrt. Darum kommt auch niemand mehr in der Nacht in die Dörfer.

  11. 32.

    Energiesparen zu wollen durch Verdunklung öffentlicher Räume bzw. Flächen ist Ausdruck einer riesigen Ahnungslosigkeit. Betreffende Beleuchtungsanlagen sind zum großen Anteil längst von stromfressenden Quecksilber- bzw. Natriumdampflampen und Leuchtstoffröhren auf LED-Leuchtmittel umgestellt - die nur einen kleinen Bruchteil der elektrischen Leistung für die gleiche Lichtausbeute benötigen. Falls die Energie dafür bereits zu knapp wird dann bitte die Eisenbahn stilllegen, Stahl- und Aluminiumhütten und die Glasindustrie. Das hätte dann zumindest einen energetischen Effekt. Ebenso haarsträubend finde ich, dass sich gewiss gut bezahlte Leute mühen, die Verdunklungen anhand von Aufnahmen aus dem All nachzuwei-sen. Vielleicht gibt's für diese Experten sinnvollere Tätigkeiten für unser Land.

  12. 30.

    Wer ruft hier nach dem Ordnungsamt? Nach 20:00 nie einen gesehen und wenn, dann gehts um abgelaufene Parkscheine.

  13. 29.

    Es gibt noch sooo viele Ignoranten, was die Außen-Beleuchtung bzw. die entsprechenden Vorschriften angeht … Z.B. in der Joachimsthaler Straße … Da wird ein riesen Gebäude immer noch die ganze Nacht angestrahlt … Ich frage mich ernsthaft, wo das Ordnungsamt dazu mal nachts (!) patrouilliert … Wie es scheint, gar nicht !

  14. 28.

    Auf der Mierendorffinsel ist es nachts immer hell. Die gefühlt und wahrscheinlich auch tatsächlich auf ein unabsehbares Ende hin ausgelegten Großbaustellen werden allnächtlich mit Mega-Scheinwefern erleuchtet und stören die Nachtruhe von Mensch und Tier. Am Tag haben wir dann den Krach zu ertragen - einfach (alp-)traumhaft ...

  15. 27.

    Einfach mal nach "mütze mit led" suchen - soll helfen. Aber im Ernst so'n Ding hilft wirklich - auf'm Acker, Feldwegen, im Wald z.B. Ok, sieht vll. doof aus, Anschichtssache, hilft aber - wie Licht am Fahrrad - ehrlich.

  16. 24.

    Sowas kommt mir bekannt vor. Neben uns befindet sich eine Baustelle für Wohnhäuser, da brennt nachts auch täglich Licht, wozu???

  17. 23.

    Na das spricht ja wohl eher gegen das Bezirksamt Spandau, denn die haben das zu entscheiden!

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