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Audio: rbb 88,8 | 09.02.2023 | Stephan Ozsváth | Quelle: rbb/Stephan Ozsváth

Ehemals besetzter Seniorentreff

Die Stille Straße 10 in Berlin-Pankow bleibt - vorerst

Vor rund zehn Jahren haben Senioren in der Stillen Straße in Berlin-Pankow ein Haus besetzt, um ihren Freizeittreff vor der Schließung zu retten. Seitdem müssen sie jährlich neu verhandeln. Jetzt haben sie eine etwas längerfristigere Lösung erreicht. Von Stephan Ozsváth

"Stille Straße bleibt", verkündet ein Poster im Eingangsbereich des Hauses trotzig. Ingrid Roland zeigt Katzenbilder auf ihrem Handy-Display. Die hat sie im Malkurs angefertigt. Der findet auch heute statt. Für sie ist es ein Termin, den sie jede Woche dick im Kalender ankreuzt. "Da ist Mal-Tag", sagt die 85-Jährige, "da ist die Woche nicht so uferlos".

Vor ihr liegen Bilder und Pinsel, die anderen Teilnehmerinnen haben Stifte und Papier vor sich liegen. Sie ist froh, dass sich der Bezirk und der Träger Volkssolidarität Berlin-Brandenburg Ende des vergangenen Jahres auf einen dreijährigen Nutzungsvertrages geeinigt haben.

Grauhaarige Hausbesetzer

"Das schwebte ja immer wie ein Damoklesschwert über uns", sagt sie. Zehn Jahre lang hangelten sich Bezirk und Volkssolidarität von Jahresvertrag zu Jahresvertrag. "Wir hatten immer im letzten Quartal die Sorge, wie geht es mit dem Haus weiter?", erinnert sich Sabine Buss, Vorstandsvorsitzende der Volkssolidarität Berlin-Brandenburg an die Jahre seit 2012.

Damals hatten Senioren – Frauen und Männer – 112 Tage lang die Begegnungsstätte in Berlin-Pankow besetzt. "Da haben manche hier nächtelang geschlafen, nur mal nach Hause, um neue Sachen anzuziehen, mal zu duschen", erinnert sich Rentnerin Ingrid Roland, "über ein Vierteljahr haben die das hier besetzt." Ein Buch über die Besetzung, die weltweit für Furore sorgte, liegt zum Verkauf aus, eine Fotowand erzählt von den grauhaarigen Hausbesetzern.

Rentnerin Ingrid Roland | Quelle: rbb/Stephan Ozsváth

"Demokratielabor": Junge sollen von Alten lernen

Pankows Sozialstadträtin Cordelia Koch will die Geschichte des Hauses nutzbar machen, Junge sollen in einem "Demokratielabor" von den Alten lernen – auch dass Stasi-Chef Erich Mielke das Haus einmal bewohnte, soll eine Rolle spielen. "Die Aufgabe ist, eine generationenübergreifende Einrichtung zu schaffen", sagt die Grünen-Politikerin.

In den kommenden drei Jahren wollen Bezirk, Träger und Förderverein "Stille Straße 10" ein Konzept erarbeiten. Sozialstadträtin wie Volkssolidarität gehen davon aus, dass das Haus über die drei Jahre hinaus Bestand haben wird. "Wir sind erleichtert", sagt Eveline Lämmer, Sprecherin des Fördervereins. Sie blicke optimistisch in die Zukunft. "Wenn man zehn Jahre lang gekämpft hat, ist das ein gutes Ergebnis, zu hören, dass es einen Bedarf im Bezirk gibt."

Quelle: rbb/Stephan Ozsváth

30.000 Euro Betriebskosten pro Jahr

Sozialstadträtin Koch betont, die Bewohner von Pankow würden immer älter, eine solche Begegnungsstätte sei daher nötig. Sie erhofft sich von ihrem "Demokratielabor" Resonanz über die Bezirksgrenzen hinaus.

Ab dem 1. März zieht ein Verwaltungslotse für Sozialberatungen ins Haus ein, in dem bisher Kurse, Lesungen, Vorträge oder Konzerte stattfinden. Pro Jahr verschlingt das fast 100 Jahre alte Haus bis zu 30.000 Euro Betriebskosten, rechnet die Volkssolidarität vor. Wieviel Investitionen in die Zukunft nötig sein werden, soll ein Baugutachten ermitteln.

Sendung: rbb24 Inforadio, 09.02.2023, 17 Uhr

Beitrag von Stephan Ozsváth

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