Neue Gesamtschule ohne Radweg - Wenn sich Kinder den Schulweg mit 34.000 Autos teilen

Sa 16.03.24 | 17:13 Uhr
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Autos auf dem künftigen Schulweg in Hänchen (Bild: rbb)
Video: rbb24 Brandenburg aktuell | 16.03.2024 | Aspasia Opitz | Bild: rbb

Die neue Gesamtschule für den Spree-Neiße-Kreis ist ein Prestige-Projekt. Das Millionenunterfangen hat aber einen Haken: Ein sicherer Schulweg wurde nicht mitgeplant.

  • Rad- und Fußweg bei 48 Millionen-Euro-Schulbau in Spree-Neiße nicht mitgedacht
  • Betroffene berichten von gefährlichen Überholmanövern auf vielbefahrener Straße zu Schule
  • Behörden schieben sich gegenseitig Verantwortung zu

Sie ist das Großprojekt im Spree-Neiße-Kreis, die neue Gesamtschule in Kolkwitz. Fast 48 Millionen Euro investiert der Landkreis hier. Die Schule soll eine große Lücke in den Bildungsangeboten im Landkreis schließen - mit der größten Einzelinvestition, die Spree-Neiße jemals getätigt hat.

Das neue Schulgebäude hat allerdings ein Problem. Obwohl Schüler ab August hier lernen können sollen, ist der Weg zur Schule nicht Teil der Planungen gewesen. Das Gebäude liegt am Rand eines Gewerbegebietes. Nach aktuellem Stand müssen sich die Schüler, die aus Kolkwitz kommen, ihren Schulweg mit Autos und Lkw teilen. Einen Rad- oder Fußweg gibt es nämlich nicht - und er ist aktuell auch nicht vorgesehen.

Tausende Autos und Lkw mit auf der Straße

Es geht um einen Streckenabschnitt von 1,5 Kilometern durch den Kolkwitzer Ortsteil Hänchen. Ein Radweg endet hier, eine Verbindung für Fußgänger oder Radfahrer bis zur neuen Schule existiert nicht. Die Landstraße hingegen befahren rund 34.000 Fahrzeugen pro Woche. Mehr als 5.100 im Schnitt davon sind Lkw.

Betroffene berichten dem rbb von gefährlichen Überholmanövern auf der engen Straße. Außerdem würden sich viele Autofahrer nicht an die Geschwindigkeitsbegrenzung halten.

Die Eltern wollen ihre Kinder so nicht mit dem Fahrrad in die Schule schicken. "Morgens, wenn die Kinder losfahren müssen, geht hier der gesamte Berufsverkehr nach Cottbus durch", sagt Katharina Heyne vom Förderverein der Schule. Gemeinsam mit anderen Eltern hat sie sich organisiert und fordert nun einen sicheren Radweg.

Streckenabschnitt ohne Radweg zwischen Kolkwitz und neuer Gesamtschule (Grafik: rbb)Der Streckenabschnitt ohne Radweg zwischen Kolkwitz und der neuen Gesamtschule.

Niemand will zuständig sein

Von einem Planungsfehler wollen die Verantwortlichen allerdings nichts wissen. Der Landkreis als Schulträger sieht sich nicht in der Pflicht, für einen sicheren Schulweg zu sorgen. Ende Januar erklärte der zuständige Baudezernent von Spree-Neiße, Olaf Lalk, dass der Landesbetrieb Straßenwesen und die Gemeinde Kolkwitz in dieser Angelegenheit zuständig seien.

Noch im vergangenen Jahr hatte der Sozialdezernent von Spree-Neiße Michael Koch zudem erklärt, dass die Aufsicht beim Schulweg von den Eltern selbst getragen werden müsse. "Ich fühle mich als Mutter einfach verarscht", sagt die Elternvertreterin Katharina Heyne. "Jeder, der irgendwann mal von uns Bürgern gewählt wurde sagt, 'ich bin nicht zuständig'", so Heyne. Die Gemeinde Kolkwitz habe lange nichts von einer Verantwortung wissen wollen, ebenso wenig das Land oder der Landkreis. "Ich bin in diesem Fall Mutter und es ist mir wirklich egal, wer zuständig ist. Ich möchte, dass mein Kind einen sicheren Schulweg hat", so Heyne.

Lösung weiter nicht in Sicht

Dabei ist klar, wer für einen Radweg zuständig wäre. Obwohl sich der Landesbetrieb Straßenwesen um die eigentliche Straße kümmern muss, ist es Aufgabe der Gemeinde, Fuß- oder Radwege zu errichten.

Der Großgemeinde Kolkwitz ist das Problem auch seit Jahren bekannt. Allerdings ist hier trotzdem nichts passiert. Im rbb erklärt Bürgermeister Karsten Schreiber, dass es nicht zu einer Lösung führe, wenn nun "irgendjemandem die Schuld in die Schuhe" geschoben werde.

Nach wie vor ist kein Radweg durch die Gemeinde geplant. Der Bürgermeister setzt auf andere Mittel. "Wir haben schon Geschwindigkeitskontrollen, die dort turnusmäßig jeden Monat durchgeführt werden", sagt Schreiber. Diese könnten mit dem Start der Schule im August auch ausgeweitet werden, "um einen gewissen Aha-Effekt" bei den Autofahrern zu erzielen, so Schreiber.

Für die Schüler und deren Eltern ist das keine Beruhigung. Denn die bisherigen Messungen ergeben zum Teil Geschwindigkeitsüberschreitungen von mehr als dem Doppelten des erlaubten Tempos: Statt der erlaubten 30 Stundenkilometer fahren viele Autofahrer hier mit 70 über die enge Landstraße. Von einem Aha-Effekt kann da keine Rede sein.

Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 16.03.2024, 19:30 Uhr

47 Kommentare

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  1. 47.

    So ein Quatsch. Kinder gehören auf den Bürgersteig und gehen dort zur Schule.
    Mein Sohn war auch auf einem Bürgersteig unterwegs,trotzdem kam der Unfall. Und warum?
    Weil junge Leute ihrem Trieb nach Geschwindigkeit nicht Herr wollen wollten.
    Sie reden einfach nur Unsinn.

  2. 46.

    Ich würde mein Kind da auf gar keinen Fall entlang fahren lassen! Vielleicht würde ein Schulpflichtstreik ja den Druck erhöhen.
    Politikern, die meinen, das wäre schon okay so, oder Tempo 30 reiche aus, empfehle ich eine Radfahrt dort im morgendlichen Berufsverkehr. Eine echte Frechheit! Man darf doch nicht erst Schulwege planen nachdem die ersten Kinder plattgefahren wurden!

  3. 45.

    Wenn alle Schüler und Schülerinnen die Schulbusse nutzen, müssen sie sich auch nicht soviel selbst bewegen.

  4. 43.

    Das Luftbild zeigt klar und Eindeutig, man kann auf den Feldern hinter den Gebäuden einen sicheren abgekoppelten Radweg errichten, wo die Kids auch keine Abgase inhaltieren müssen!

    Alternativ: Komplette Videoüberwachung des gesamten Straßenabschnitts, und jedes Vergehen (zu dichtes überholen) konsequent Ahnden!

    Als betroffenes Elternteil würde ich die Schulpflicht solange verweigen bis das realisiert ist, dann wird das Kind halt täglich morgens von der Polizei zur Schule gebracht… - die Kosten dafür hat sich der Staat selbst zuzuschreiben!

  5. 42.

    Sichere Wege gibt es ausreichend,aber!!!
    Wenn ein jungscher Autofahrer meint ein Rennen zu fahren und dabei einen Unfall verursacht,bei dem das beteiligte Fahrzeug einen Unschuldigen trifft und so schwer verletzt,dann werde ich wütend.
    Bei einem solchen Unfall hat das nichts mehr mit sicheren Wegen zu tun,denn die gibt es in diesem Fall nicht mehr.
    Autos sind nicht das Problem,sondern die Autofahrer und hier insbesondere die jungen Wilden.

  6. 41.

    Der Unterschied zwischen kleinen Grundschulkindern die sich von LKWs auf der Straße überholen lassen müssen und dem Vorfall mit deinem Sohn scheint dir aber irgendwie nicht aufzufallen. Gerade mit so einem Erlebnis sollte man sich doch für sichere Wege einsetzen! Also ist wohl eher deine Ansicht "Nonsens"...

  7. 40.

    Sind doch bloß Kinder. Diese werden immer mehr verdrängt, egal wo. Am besten keine mehr kriegen.

  8. 39.

    Ich habe 4 Kinder und mein ältester Sohn ist 2 Wochen vor seinem 18. Geburtstag als Fußgänger von einem Auto angefahren worden und ist seitdem querschnittsgelähmt. Also hören Sie auf mit Ihrer Anschuldigung.

  9. 38.

    Es gibt einen Schulbus. Der fährr bei jedem Wetter und Gegenverkehr. Sicher und regelmäßig

  10. 37.

    Ich frage mich soundso, warum die Schule an einem so unattraktiven Standort am Rande eines Gewerbegebietes gebaut wurde. Hier hat sich leider wieder die " Kleinstaaterei" zu Ungunsten eines optimaleren zentralen und gut erreichbaren Ortes ( z.B. Cottbus ) durchgesetzt.

  11. 36.

    Jahrelang wurde darauf aufmerksam gemacht wie selten dämlich der Standort ist für eine Schule. Frau Heyne war doch selbst so überzeugt davon die Schule in ein Gewerbegebiet zu bauen - da wird doch als Hänchenerin nicht etwa ein persönliches Interesse im Vordergrund gestanden haben?
    Jetzt heule weil sie dann täglich die Straße benutzen muss? Juckt sie doch sonst nicht, wenn sie die lieben kleinen mit dem SUV zur Schule kutscht.

  12. 35.

    "Interessant ist auch die Angabe 34.000 Autos. Auf welches Zeitfenster bezieht sich hier der Autor? Er sollte zählen lernen, dringend."

    Sie sollten vielleicht Texte erst lesen bevor sie kommentieren denn dort steht:

    "Die Landstraße hingegen befahren rund 34.000 Fahrzeugen pro Woche. Mehr als 5.100 im Schnitt davon sind Lkw."

  13. 34.

    Gibt es da eigentliche ein Ampel vor der Schule, weil der Gehweg auf der anderen Straßenseite liegt?

  14. 33.

    @Ralf S: woanders reicht die Zeit von 4 Monaten, aber nicht hier in Deutschland. Wenn die Planung fertig ist, werden irgendwelche Frösche gefragt und es müssen Anpassungen für die jährliche Krötenwanderung gemacht werden.
    Hier hilft nur ein: niemanden von denen wiederwählen Anders kann man diese Abgehobenheit im politischen Amt nicht loswerden.

  15. 32.

    Die Verantwortung für Kinder tragen deren Eltern und nicht der Staat. Generation Vollkasko setzt sich wieder in D durch.

  16. 31.

    Tja man baut auch eine Schule im Wohngebiet, Die DDR hats doch gezeigt. Der Westen hat nichts gelernt.

  17. 30.

    Hey, ist ja wie bei uns in Bad Freienwalde. Unsere Schule, eine Förderschule , steht direkt in der Baustelle zum Kreisverkehr der B158. Sprich, der gesamte Polenverkehr geht direkt an der Schule vorbei. Bislang kein Problem, gab es eine Ampel, welche die Schüler nutzten.
    Wenn das alles mal fertig ist, wird es anstelle einer Ampel nur noch eine Querungshilfe geben, mehr nicht. Eine Ampel wäre theoretisch möglich, ebenso ein Zebrastreifen..nö sagen die Verantwortlichen, man setzt darauf, das der Verkehr schon anhalten wird, wenn da Schüler und Schülergruppen queren wollen. Man hat uns bei der Planung schlicht vergessen und tut jetzt so, als sei das nicht so wild.... und wenn wirklich was passiert, könne man ja nochmal über Sicherheit nachdenken. Ps...die jetzigen Stromleitungen könnten sogar für eine neue Ampel genutzt werden. Man muss die Ampel einfach nur offiziell planen und die Pläne dahingehend ändern. Mehr nicht und das lehnen die Verantwortlichen ab...keinen Bock

  18. 28.

    Ich habe es mir auch gerade angeschaut, interessant wird es ab der Stelle, wo der Radweg auf die Straße führt und dann eine sehr lange Strecke enge Dorfstarße zu sehen ist. Verhältnisse wie in den 60er/70er Jahren (wie es sie aber heute immer noch häufig genug gibt), nur dass der Pkw- und Lkw-Verkehr um ein Vielfaches zugenommen hat. Als Radfahrer sind Sie allein davon abhängig, dass permanent um Sie herumgekurvt wird, bzw. Sie halten permanent den Autoverkehr auf. Ich kenne solche Situationen, bin auch ein mutiger Radfahrer. Ich sage Ihnen: diese Straßen sind weitaus gefährlicher als viele dichtbefahrene Straßen Berlins, die einen Radstreifen rechts haben. Aus meiner Sicht werden so doch "Elterntaxis" regelrecht erzwungen, über die sich dann aber echauffiert wird. Verrückt finde ich das.

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