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Audio: Radioeins | 17.03.2021 | Dominik Wurnig | Quelle: dpa/Jens Büttner

Auswertung von Krankschreibungen

Erzieher*innen am häufigsten wegen Corona krankgeschrieben

Erzieher und Erzieherinnen sind von allen Berufsgruppen am häufigsten wegen Corona krankgeschrieben. Neben medizinischen und sozialen Berufen sind auch Berliner Busfahrer*innen besonders betroffen. Von Dominik Wurnig

Erzieher*innen wurden von allen Berufen in Berlin und Brandenburg am häufigsten auf Grund von Corona krankgeschrieben. Das zeigt eine Auswertung der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung von Versicherten der Krankenkasse AOK-Nordost für den Zeitraum März bis Dezember 2020. Nicht erfasst von der Auswertung sind allerdings verbeamtete Berufsgruppen wie Polizist*innen oder teilweise auch Lehrer*innen sowie viele Selbstständige.

In Berlin wurden 4,58 Prozent der AOK-Versicherten im Bereich der Kinderbetreuung auf Grund von Corona krank geschrieben, in Brandenburg waren es 3,22 Prozent. Durchschnittlich sind in Berlin 1,61 Prozent der Versicherten bei dieser Krankenkasse wegen Corona ausgefallen, in Brandenburg waren es 1,41 Prozent.

Bei rund der Hälfte der Fälle handelt es sich um laborbestätigte Fälle, der Rest wurde - zumindest zunächst aufgrund eines klinischen Kriteriums (zum Beispiel typische Symptome für Covid-19) und eines epidemiologischen Kriteriums (zum Beispiel enger Kontakt zu einer Person mit bestätigter Infektion) als Verdachtsfall dokumentiert. In welchem Ausmaß diese Verdachtsfälle später durch einen Labortest bestätigt wurden, zeigen die Daten nicht.

Gesundheitsberufe überdurchschnittlich oft wegen Corona krankgeschrieben

In der Liste der zehn am häufigsten wegen Corona Krankgeschriebenen finden sich viele Gesundheitsberufe: (Zahn-)Medizinische Fachangestellte, Kranken- und Altenpfleger*in, Ärzt*in sowie Berufe der Haus- und Familienpflege. Diese Berufe sind in aller Regel in der ersten oder zweiten Prioritätsgruppe und sollten schon gegen Covid geimpft sein oder bald drankommen.

Auch Pädagogen und Pädagoginnen in Berliner Kitas und Schulen werden bei der Impfung vorgezogen. "Nicht nur in Berlin und Brandenburg, auch im gesamten Bundesgebiet haben Erzieherinnen und Erzieher laut unserer Analyse das höchste Infektionsrisiko aller Berufsgruppen. Es war daher eine richtige Entscheidung der Bundesregierung, diese Berufsgruppe in der Impf-Reihenfolge vorzuziehen", sagt Daniela Teichert, Vorstandsvorsitzende der AOK Nordost.

Brandenburger erkrankten seltener als Bundesdurchschnitt

Neben Erzieher*innen waren in Brandenburg besonders häufig Pfleger*innen und andere medizinische Berufe auf Grund eine Corona-Diagnose krankgeschrieben - sie haben größtenteils bereits ein Impfangebot erhalten oder sollen bald eines erhalten.

Andere Beschäftigte in der Top-10-Liste wie Sozialarbeiter*innen, Beschäftigte in der Sozialverwaltung sowie der öffentlichen Verwaltung aber auch Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnikhandwerker*innen müssen sich trotz hoher Krankenstandsraten, weiter gedulden.

Insgesamt ist das Erkrankungsniveau in Brandenburg niedriger als in Berlin und weit unter dem Bundesdurchschnitt. Bundesweit hatten sich von März bis Dezember 2020 2,1 Prozent alle AOK-Versicherten wegen Covid krankschreiben lassen.

Berliner Busfahrer stark gefährdet

Anders ergeht es Beschäftigten in der Lebensmittelherstellung sowie Bus- und Straßenbahnfahrer*innen - sie haben keine Perspektive auf eine baldige Corona-Impfung. Laut AOK-Nordost waren 2,71 Prozent der dort Versicherten Bus- und Straßenbahnfahrer*innen wegen Corona krankgeschrieben - deutlich mehr als der Durchschnitt.

Auf Anfrage erklärt die BVG, dass es im Jahr 2020 weniger Krankenstände gab als im Jahr zuvor. Aus Gründen des Datenschutzes würden in der Unternehmensinternen Corona-Statistik nur die Unternehmensbereiche insgesamt registriert und alle Berufsgruppen (Fahr-, Werkstatt- und Verwaltungspersonal) darin zusammengefasst. "Danach ergeben sich Anteile bezogen auf die Gesamtpersonalzahlen in den Bereichen für den Omnibus (ca. 2,2 %), U-Bahn (ca. 1,3 %), Straßenbahn (0,6 %) Infrastruktur (ca. 1,2 %)," sagt Pressesprecherin Petra Nelken.

Einschränkend muss festgehalten werden: Weder die Auswertung der AOK Nordost noch die Statistik der BVG kann Aussagen machen, wie und wo sich Personen mit dem Coronavirus angesteckt. Es wäre beispielsweise auch möglich, dass sich Busfahrer*innen über ihre Kinder angesteckt haben oder auch, dass Erzieher*innen sich im öffentlichen Nahverkehr den Virus geholt haben.

"Wir sehen keine besondere erhöhte Gefährdung"

Während Straßenbahn- und U-Bahn-Fahrer*innen in einer getrennter Fahrerkabine arbeiten, sind Busfahrer*innen lediglich durch eine Plastikfolie geschützt. "Im Busbereich haben wir eine Trennwand eingezogen, die 1. Fahrertür gesperrt und den ersten Sitz, sowie den Verkauf von Tickets eingestellt", sagt Nelken. "Wir sehen hier keine besondere erhöhte Gefährdung."

Die Zahlen der AOK Nordost sowie die interne BVG-Statistik legen hingegen Nahe, dass Busfahrer*innen nicht ausreichend gegen eine Covid-Infektion geschützt sind. "Als Unternehmen gehören wir zur kritischen Infrastruktur, das heißt, wir sind für die Sicherstellung der Mobilität verantwortlich und können somit nicht alle Maßnahmen zur Infektionsverhinderung flächendeckend umsetzen - wie zum Beispiel mobiles Arbeiten. Die Fahrerinnen und Fahrer der BVG sind immer im Einsatz", sagt Nelken.

Bei der internen Kontaktnachverfolgung seien insgesamt circa 920 Kolleg*innen überprüft worden und bei 140 Beschäftigten wurde eine Quarantäne ausgesprochen. "Wir haben keine internen Infektionsketten feststellen müssen", sagt Nelken.

Gewerkschaft lehnt Maskenpflicht für Fahrer ab

"Die derzeitigen Maßnahmen bei der BVG gehen über das, was viele andere Unternehmen machen", sagt Jeremy Arndt, Landesfachbereichsleiter Verkehr der Gewerkschaft Verdi, als rbb|24 ihm die Rechercheergebnisse vorlegt. "Insgesamt bewegen sich die Infektionen im Fahrer*innenbereich auf einem niedrigen Niveau."

Verbesserungswürdig sei die Diensteinteilung, damit möglichst viele Fahrer und Fahrerinnen ihren Dienst auf einem Fahrzeug verbringen und nicht so viel getauscht wird. "Das würde das Risiko weiter abmindern", sagt Arndt. "Alternativ müsste zu jedem Fahrer*innenwechsel der Fahrerarbeitsplatz vernünftig gereinigt werden."

Während Fahrgäste im öffentlich Nahverkehr einen medizinischen Mund-Nasen-Schutz tragen müssen, steht dies laut BVG den Fahrern und Fahrerinnen am Fahrerarbeitsplatz frei. Das Tragen von Masken sei lediglich für bestimmte, kundennahe Situationen vorgeschrieben, etwa bei der Unterstützung von mobilitätsbehinderten Fahrgästen.

Für den Gewerkschafter sollte das auch so bleiben: "Das Tragen einer Maske beim Fahren wäre eine unheimliche zusätzliche Belastung. Vor allem FFP2-Masken sollen nach Aussagen von Medizinern nicht dauerhaft getragen werden. Bevor solche Maßnahmen ergriffen werden, sollten alle anderen Maßnahmen ausgeschöpft werden. Die derzeitige Straßenverkehrsordnung lässt dies derzeit auch nicht zu", sagt Arndt.

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Beitrag von Dominik Wurnig

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