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Video: rbb24 Brandenburg aktuell | 12.09.2022 | Theresa Majerowitsch | Quelle: dpa/S. Stache

Streit zwischen Berlin und Brandenburg

Brandenburger Grüne nennt SPD-Position zum Neun-Euro-Ticket einen "Fehler"

Die Diskussionen um einen Nachfolger für das Neun-Euro-Ticket halten an. Die Brandenburger Landesregierung lehnt eine Übergangslösung bisher ab. Die Grünen scheren nun aus. Berlin will noch in dieser Woche ein Modell präsentieren.

In der Brandenburger Landesregierung aus SPD, CDU und Grünen entbrennt offenbar ein Streit darüber, inwieweit sich das Land um einen Nachfolger für das Neun-Euro-Ticket bemühen soll. So teilte die Landesvorsitzende der Grünen in Brandenburg, Alexandra Pichl, am Montag mit, die ablehnende Haltung von Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) und Landesverkehrsminister Guido Beermann (CDU) sei "ein Fehler".

"Den Fokus auf eine bundesweite Lösung ist richtig", so Pichl, "der regionalen Alternative vorschnell eine Absage zu erteilen ist allerdings grundfalsch." Angesichts der großen Zahl von Pendlern nach Berlin müsse Brandenburg "seinen Teil dazu beitragen, dass den Menschen eine Nachfolgelösung für das Neun-Euro-Ticket angeboten wird. Einerseits durch Unterstützung des Vorschlags für das bundesweite Modell, andererseits durch aktive Arbeit mit Berlin an einem Plan B", stellte Pichl fest und mahnte: "Ein gemeinsamer Verkehrsverbund bedeutet gemeinsame Verantwortung."

Senat: Wer nicht bar zahlen kann, darf mitfahren

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Linke fordert Verhandlungen mit Berlin

Die Linke begrüßte den Vorstoß von Pichl: "Ich freue mich, dass die Grünen als erste der Brandenburger Regierungsparteien ausscheren", teilte der verkehrspolitische Sprecher der Linksfraktion, Andreas Büttner, am Dienstag mit. "Sie nehmen Abstand von der Verweigerungshaltung der Koalition", ergänzte er.

Die Linke hatte bereits im Juni einen Antrag gestellt, dass das Land Brandenburg die Forderung Berlins an die Bundesregierung nach einer dauerhaften und bezahlbaren Anschlusslösung für das Neun-Euro-Ticket unterstützen soll. Zudem wurde die Landesregierung darin aufgefordert, "unverzüglich mit dem Berliner Senat und dem Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB) in Verhandlungen über eine temporäre Anschlusslösung" für die Hauptstadtregion zu treten.

In dem Antrag stehe "genau das, was auch Frau Pichl gefordert hat", erklärte Büttner. Der Antrag steht am kommenden Freitag im Landtag auf der Tagesordnung.

Brandenburger Infrastrukturminister: "Kein Bedürfnis"

Die Bundesregierung strebt im Rahmen des jüngsten Entlastungspakets ein Nachfolgeangebot des Neun-Euro-Tickets für 49 bis 69 Euro pro Monat an. Die Berliner Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) hatte ein zeitlich begrenztes, regionales Nachfolgeangebot in Aussicht gestellt. Sie plant eine Überbrückungslösung von Oktober bis Dezember 2022 für die Hauptstadt, bis ein bundesweites Ticket kommt.

Beermann hatte dagegen am Montag gesagt, Brandenburg habe dort kein Bedürfnis. "Eine große Stadt, die weltweit für ihren ÖPNV beneidet wird, und das fünftgrößte Flächenland in Deutschland, das stark durch den ländlichen Raum geprägt ist - das stellt eine große Herausforderung im Tarifgefüge dar." Für ihn stehe im Vordergrund, das Angebot der Verkehrsunternehmen trotz drastisch steigender Energiepreise zu erhalten. Schon in der vergagenen Woche hatte sich Ministerpräsident Woidke (SPD) ähnlich geäußert: "Nur über billige Tickets zu reden, wäre für die Fläche Brandenburgs verfehlt."

Ringen ums Übergangsticket

Für Giffeys Ticketidee tickt die Uhr

Der Berliner Senat will schon ab Oktober ein Nachfolgeangebot für das 9-Euro-Ticket auf den Weg bringen. Doch nicht nur Brandenburg lehnt die Idee ab, auch sonst erweist sich das Projekt als höchst kompliziert. Von Thorsten Gabriel

Fahrgastverband kritisiert Brandenburg

Der Fahrgastverband IGEB kritisierte die bisherige Haltung der Brandenburger Landesregierung am Montag. Brandenburg müsse über seinen Schatten springen, forderte der stellvertretende Vorsitzende, Jens Wieseke, gegenüber rbb24 Brandenburg aktuell. Der Bund wolle anderthalb Milliarden Euro in ein Nachfolge-System investieren, die Länder müssten zusätzliches Geld dazugeben. Die Vorraussetzungen seien aber schwierig, weil Brandenburg "schlicht und ergreifend" weniger Geld als Berlin habe, ergänzte Wieseke.

In der Hauptstadt wird derweil weiter an einer Übergangslösung für 29 Euro im Monat gearbeitet - bis es ab Januar vielleicht bundesweit ein 69-Euro-Ticket gibt. Aktuell sieht dieses vorübergehende Ticket aber nur die Geltungsbereich A und B vor und damit keine Verbindungen nach Brandenburg. Damit auch der Bereich C eingebunden wird, müsste sich Brandenburg finanziell beteiligen.

"Es ist eine Lösung für die Berlinerinnen und Berliner. Ich würde mir wünschen, dass es für ganz Brandenburg auch gelten würde", erklärte die Berliner Verkehrssenatorin Bettina Jarasch (Grüne) am Montag. Die beiden Länder hätten jedoch unterschiedliche Bedingungen, auch finanziell, und damit müsse man umgehen, sagte sie der rbb24 Abendschau. "Wenn wir Partner sein wollen", dann müsse man sich gegenseitig aber auch etwas ermöglichen - auch wenn es teils unterschiedliche Bedarfe gebe, so Jarasch weiter. Schon in dieser Woche will Jarasch die Berliner Lösung präsentieren.

Sendung: rbb24 Abendschau und rbb24 Brandenburg aktuell, 12.09.2022, 19:30 Uhr

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