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Audio: Radioeins | 29.11.2022 | Amelie Ernst | Quelle: dpa/Wolfram Steinberg

Abfallvermeidung

Brandenburg macht viel Müll – auch im Bundesvergleich

89 Kilo Verpackungsmüll wurden 2020 pro Person in Brandenburg eingesammelt – nur in drei Bundesländern war es mehr. Berlin dagegen liegt mit 52 Kilo auf dem letzten Platz. Das Brandenburger Umweltministerium setzt auf Vorbilder statt Vorgaben. Von Amelie Ernst

Ideen, um Müll zu vermeiden, gibt es viele beim Brandenburger Abfallvermeidungsforum: Flohmärkte, Unverpackt-Läden, Repair-Cafés – über all das tauschen sich die Abfallexperten aus den Kommunen, Behörden und Ministerien in der Potsdamer Staatskanzlei aus.

Ludwig Prax vom Abfallentsorgungsverband Niederlausitz arbeitet mit seinem Team gerade daran, die Sperrmüllmengen zu verringern. "Wir haben vom Jobcenter eine gesponserte Firma. Die hat Langzeitarbeitslose, und die sollen wenn die Bürger ihren Sperrmüll abgeben gucken: Was können sie noch gebrauchen? Was könnten sie noch verwerten?" Sind die Sachen später aufgearbeitet, gibt das Unternehmen sie an öffentliche Einrichtungen weiter.

Rathäuser sollen ihre Pläne vorlegen

Deutsche Umwelthilfe fordert von Städten Müllvermeidungskonzepte

Die Deutsche Umwelthilfe will es ganau wissen: Die Organisation hat rund 200 Städte angeschrieben und deren Konzepte zur Müllvermeidung gefordert. Darunter auch Oranienburg, Bernau, Eberswalde, Falkensee und Berlin.

Second-Hand-Läden und Repair-Cafés funktionieren auch auf dem Land

Doch nur an wenigen Orten in Brandenburg werden solche Ideen bisher umgesetzt. Gerade ländliche Kommunen sind oft skeptisch, fragen sich, ob Aufwand und Nutzen in einem guten Verhältnis stehen. Lohnt sich so ein Unternehmen, das alte Möbel und Geräte aufarbeitet, überhaupt?

Doch gerade Second-Hand-Läden und Repair-Cafés funktionierten auch auf dem Land, sagt Ludwig Prax. Trotz längerer Fahrwege. Deshalb will er nachhaltige Angebote im Spreewald und in der Niederlausitz jetzt auf einer Internetseite zusammenstellen. "Schuster zum Beispiel. Auch Second-Hand-Läden, Trödelmärkte für Kinderkleidung, Spielzeug und so weiter. Wir wollen das bündeln."

Handel gegen weitere Verbote

Das Brandenburger Umweltministerium sieht sich beim Thema Abfallvermeidung eher in der Rolle des Motivators und Ideengebers. Verbote wie bei den Plastiktüten seien schließlich Bundessache, sagt Umweltstaatssekretärin Anja Boudon (Grüne). "Was wir aber tun können - und das tun wir auch: Dass wir zum Beispiel mit den Kommunen sprechen, ob es Flohmärkte sind, ob es Carsharing-Angebote sind oder Sperrmüllsammlungen, die wir in verschiedenen Kreisen Brandenburgs haben."

Auch der Handel ist gegen weitere Verbote – schließlich seien viele Firmen schon von sich aus dabei, weniger Verpackungen anzubieten, sagt Phillip Haverkamp vom Handelsverband Berlin-Brandenburg. Und ganz ohne Verpackung gehe es nun mal nicht. "Das gilt auch für die unverpackten Produkte, die Sie im Supermarkt finden. Die sind vom Großhändler auch vorab verpackt gewesen. Aber ich möchte auch erinnern an die Mehrwegnetze im Obst- und Gemüsebereich, die es mittlerweile großflächig gibt." Außerdem habe sich der Handel schon vor dem Verbot 2016 selbst dazu verpflichtet, nach und nach auf Einweg-Tragetaschen zu verzichten.

Weltmeister im Mülltrennen reicht nicht

Trotzdem steigt die Abfallmenge weiter – nicht nur wegen der Corona-Pandemie und der steigenden Zahl von Online-Bestellungen. Zuletzt mussten pro Brandenburger:in und Jahr insgesamt 478 Kilogramm Müll (davon 89 Kilo Verpackungsmüll, s.o.) entsorgt werden, so Staatssekretärin Anja Boudon. Das liege über dem Bundesschnitt.

Boudon möchte zurückkommen zur Kreislaufwirtschaft – und zu noch mehr Produkten aus recycelten Materialien. "Es ist klar, dass in Deutschland das Recycling sehr weit fortgeschritten ist in den Haushalten. Beim Mülltrennen sind wir Weltmeister." Aber das reiche nicht. "Wir müssen Abfall schon in der Entstehung vermeiden." Motivieren und sensibilisieren statt verbieten – das dürfte auch im Sinne vieler Handelsunternehmen sein.

Sendung: Radioeins, 29. November 2022, 18:10 Uhr

Beitrag von Amelie Ernst

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