Abfallvermeidung - Brandenburg macht viel Müll – auch im Bundesvergleich

Di 29.11.22 | 17:46 Uhr | Von Amelie Ernst
  17
Symbolbild: Ein voller Mülleimer (Quelle: dpa/Wolfram Steinberg)
Audio: Radioeins | 29.11.2022 | Amelie Ernst | Bild: dpa/Wolfram Steinberg

89 Kilo Verpackungsmüll wurden 2020 pro Person in Brandenburg eingesammelt – nur in drei Bundesländern war es mehr. Berlin dagegen liegt mit 52 Kilo auf dem letzten Platz. Das Brandenburger Umweltministerium setzt auf Vorbilder statt Vorgaben. Von Amelie Ernst

Ideen, um Müll zu vermeiden, gibt es viele beim Brandenburger Abfallvermeidungsforum: Flohmärkte, Unverpackt-Läden, Repair-Cafés – über all das tauschen sich die Abfallexperten aus den Kommunen, Behörden und Ministerien in der Potsdamer Staatskanzlei aus.

Ludwig Prax vom Abfallentsorgungsverband Niederlausitz arbeitet mit seinem Team gerade daran, die Sperrmüllmengen zu verringern. "Wir haben vom Jobcenter eine gesponserte Firma. Die hat Langzeitarbeitslose, und die sollen wenn die Bürger ihren Sperrmüll abgeben gucken: Was können sie noch gebrauchen? Was könnten sie noch verwerten?" Sind die Sachen später aufgearbeitet, gibt das Unternehmen sie an öffentliche Einrichtungen weiter.

Second-Hand-Läden und Repair-Cafés funktionieren auch auf dem Land

Doch nur an wenigen Orten in Brandenburg werden solche Ideen bisher umgesetzt. Gerade ländliche Kommunen sind oft skeptisch, fragen sich, ob Aufwand und Nutzen in einem guten Verhältnis stehen. Lohnt sich so ein Unternehmen, das alte Möbel und Geräte aufarbeitet, überhaupt?

Doch gerade Second-Hand-Läden und Repair-Cafés funktionierten auch auf dem Land, sagt Ludwig Prax. Trotz längerer Fahrwege. Deshalb will er nachhaltige Angebote im Spreewald und in der Niederlausitz jetzt auf einer Internetseite zusammenstellen. "Schuster zum Beispiel. Auch Second-Hand-Läden, Trödelmärkte für Kinderkleidung, Spielzeug und so weiter. Wir wollen das bündeln."

Handel gegen weitere Verbote

Das Brandenburger Umweltministerium sieht sich beim Thema Abfallvermeidung eher in der Rolle des Motivators und Ideengebers. Verbote wie bei den Plastiktüten seien schließlich Bundessache, sagt Umweltstaatssekretärin Anja Boudon (Grüne). "Was wir aber tun können - und das tun wir auch: Dass wir zum Beispiel mit den Kommunen sprechen, ob es Flohmärkte sind, ob es Carsharing-Angebote sind oder Sperrmüllsammlungen, die wir in verschiedenen Kreisen Brandenburgs haben."

Auch der Handel ist gegen weitere Verbote – schließlich seien viele Firmen schon von sich aus dabei, weniger Verpackungen anzubieten, sagt Phillip Haverkamp vom Handelsverband Berlin-Brandenburg. Und ganz ohne Verpackung gehe es nun mal nicht. "Das gilt auch für die unverpackten Produkte, die Sie im Supermarkt finden. Die sind vom Großhändler auch vorab verpackt gewesen. Aber ich möchte auch erinnern an die Mehrwegnetze im Obst- und Gemüsebereich, die es mittlerweile großflächig gibt." Außerdem habe sich der Handel schon vor dem Verbot 2016 selbst dazu verpflichtet, nach und nach auf Einweg-Tragetaschen zu verzichten.

Weltmeister im Mülltrennen reicht nicht

Trotzdem steigt die Abfallmenge weiter – nicht nur wegen der Corona-Pandemie und der steigenden Zahl von Online-Bestellungen. Zuletzt mussten pro Brandenburger:in und Jahr insgesamt 478 Kilogramm Müll (davon 89 Kilo Verpackungsmüll, s.o.) entsorgt werden, so Staatssekretärin Anja Boudon. Das liege über dem Bundesschnitt.

Boudon möchte zurückkommen zur Kreislaufwirtschaft – und zu noch mehr Produkten aus recycelten Materialien. "Es ist klar, dass in Deutschland das Recycling sehr weit fortgeschritten ist in den Haushalten. Beim Mülltrennen sind wir Weltmeister." Aber das reiche nicht. "Wir müssen Abfall schon in der Entstehung vermeiden." Motivieren und sensibilisieren statt verbieten – das dürfte auch im Sinne vieler Handelsunternehmen sein.

Sendung: Radioeins, 29. November 2022, 18:10 Uhr

Beitrag von Amelie Ernst

17 Kommentare

Wir schließen die Kommentarfunktion, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt. Bei älteren Beiträgen wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen.

  1. 17.

    Und mit diesen löblichen Utensilien fahren Sie idealerweise mit dem Fahrrad zur Arbeit, haben vorher die beiden Kinder "verteilt" und schleppen es dann bei Beratungen mit? Also ich denke da immer mal für die werktägigen Frauen/Männer mit.
    Das heißt aber nicht, dass ich sinnvolle! Verpackungen ablehne. Ich verweise darauf, dass ich hier auf Heiko schrieb, die Verpackungsarten, v.a. die Plastebehältnisse, sind in Anzahl der Auswahl für die Industrie sinvoll zu begrenzen /wobei ich durchaus auch meine, diese Unmengen deutlich zu reduzieren und sollten mMn auch voll recycelbar sein!

  2. 16.

    Genau so ist es, leider!
    Hinzu kommen die Öffnungszeiten für "Hausfrauen" (ich will hier niemanden beleidigen! aber der Begriff wird schon verstanden) bei den zuständigen Wertstoffhöfen und am Ende auch leider die Tatsache, dass es in einem Mehrparteienhaus immer noch Unwissende oder unfähige Mieter gibt, die es einfach nicht schaffen, die eingeführten Farben für die jeweiligen Abfallprodukte zu unterscheiden. Grundsätzlicher Weise, muss eine gesetzliche Regelung her, dass die Industrie nur die Verpackungsstoffe benutzen darf, die auch recycelbar sind. Als Kunde kommt es mir eher auf den Inhalt an, als auf die Form der Verpackung. Aber das sind halt heilige Kühe!!! Anstelle von 1378 Formen sollte es denn 500 Formen geben. Da wäre schon was gewonnen!

  3. 15.

    Wenn der Verpackungsmüll einen (Rückgabe-)Wert hätte...
    dann hieße dies: Sero.

    P.S. Anderswo schüttelt man den Kopf. Über das teuerste System, dass es gibt: Gelber Punkt.

  4. 14.

    Früher ging man mit der Milchkanne ins Milchgeschäft, wo es auch lose Butter, Käse und Quark gab. Beim Bäcker und Metzger wurden die frischen Waren in Papier gepackt und auch sonst war es nicht üblich, dass Lebensmittel in Folie oder Kühltheken waren. Hat bestens funktioniert und geht auch heute noch auf jedem Wochenmarkt. Man muss nur wollen!

  5. 13.

    Die Frage ist berechtigt.
    Wieviel Verpackungsmüll nimmt in Berlin und anderen Ländern den direkten Weg zur Verbrennungsanlage über die schwarze Tonne und die öffentlichen Müllsammlung in Parks und Straßen?
    Davon ab wird es auch aus meiner Sicht dem Verbraucher sehr schwer gemacht Müll zu vermeiden.
    Freiwillig wird das noch lange dauern. Zu lange!

  6. 12.

    In Berlin bleibt der Müll eher auf den Strassen liegen. Es ist unfassbar wie wenig der Senat für ein sauberes Berlin tut.

  7. 11.

    Heckenschnitt ist aber kein Müll.
    Laub auch nicht.

    Er gehört in den Garten in eine Ecke oder man lässt ihn einfach liegen wie ich es mache.

  8. 10.

    Schon komisch wie man sich darstellt. Man könnte mehr tun, möchte man aber nicht. Da man immer wieder vor der Lobby einknickt. Von zusätzlichen Lasten von Unternehmen wird dann gesprochen, schön wenn diese Kosten auf die Allgemeinheit abwälzen. Brandenburg kann mehr tun! Es braucht bloß in die Verordnungen hineinzuschreiben das z.Bsp bei Veranstaltungen Mehrwegkonzepte vorgeschrieben sind. So kann sich z.Bsp Frankfurt nicht aus der Verantwortung stehlen wenn beim Stadtfest Tonnen von Einwegmüll erzeugt werden. Die Kosten dafür tragen die Frankfurter Bürger mit ihren Gebühren. Trotz Beschuss der Stadtverordneten zum Mehrweg hat es die MUV bisher ignoriert, wohl bemerkt auch eine Städtische Gesellschaft. Komisch in Cottbus funktioniert dies. Man soll aufhören sich in die Taschen zu lügen, "freiwillig" funktioniert das niemals. Man muss handeln um etwas zu erreichen und nicht immer vor der Lobby einknicken.

  9. 9.

    So so, der Gesetzgeber überlegt sich Alternativen zur einfachsten Lösung: Verpackungen zu verbieten, wo sie sinnlos ist (bspw. Biogurke). Dafür wird festgestellt, daß in Brandenburg der Müll überdurchschnittlich gut getrennt wird. Was soll das?

  10. 8.

    Jo schon klar, der Berliner macht keinen Müll, weil der ja am Straßenrand rumliegt *_* (in Brandenburg fliegt er in die Wälder...). Und da in Brandenburg nur selten sowas wie Wertstoffhöfe sind, die dann auch noch pünktlich um 17 Uhr schließen, Montags zu haben und Samstag nur bis 12 wird es schwer, den Müll dort loszuwerden, also kommt in die schwarze Tonne auch das, was eben den Weg nicht zum Wertstoffhof findet. Bei mir beispielsweise: Tonnen voll Laub und Heckenschnitt, den ich weder verfeuere wie andere, noch in die Landschaft kippe. Und Sperrmüll, Metalle, alles eben - leider nix Kreislauf, weil nix Wertstoffhof. Tschä.....

  11. 7.

    "Berlin dagegen liegt mit 52 Kilo auf dem letzten Platz."
    Klar - und Berlin ist mitten drin im schönen Brandenburg. Also rund 70 Kilo Metropolregion-Müll.

  12. 6.

    "Brandenburg macht viel Müll". Laut Artikel geht nicht hervor, dass die Brandenburger mehr Müll produzieren. Wenn mehr Verpackungsmüll eingesammelt wird, heißt das doch, dass die Brandenburger besser sortieren als z.B. die Berliner. Ich würde davon ausgehen, dass die einfache Person in ganz Deutschland die gleiche Anzahl an Müll produziert.

  13. 5.

    In einer interessanten Dokumentation wurde festgestellt dass die Recyclingquote nur 5-7% beträgt.
    Ein Teil wird thermisch verwertet und der große Rest gelangt ins Ausland und verschmutzt dort die Umwelt oder wird irgendwo verbrannt.
    Das Recycling ist nur Augenwischerei.
    Neue Verpackungen aus Erdöl herzustellen ist wesentlich billiger als Recycling.
    Für die meisten Verpackungen gibt es auch noch keine Recyclingmöglichkeiten.

  14. 4.

    Brandenburg macht viel Müll.
    Nein, das ist die Umkehr der Tatsachen. Wir haben viele Industriezweige, die daran verdienen, unnötige Verpackungen herzustellen, die dem Verbraucher zugemutet werden im Verkauf und bei der Entsorgung. Der Verbraucher kann nichts für diesen Müll, denn den muss man einfach nicht produzieren. Der Verbraucher zahlt beim Kauf und der Entsorgung.
    Ich möchte weniger Verpackungen und dafür hochwertige und nachhaltige Ware. Ich mache keinen Müll, er wird mir einfach aufgezwungen, weil andere daran unheimlich viel verdienen. Auch hier wird etwas in der Wahrnehmung vollkommen verdreht.
    Aber dann müssten Industrielle vielleicht verhungern, wer weiß das schon.

  15. 3.

    Es ist doch eigentlich gut, daß es in Brandenburg eine hohe Erfassungsquote für den Verpackungsmüll gibt - hiermit sind doch hoffentlich die Gelben Säcke/Tonnen gemeint, deren Inhalt gemäß Verspechen des "Dualen Systems" recycelt werden soll. Für eine sinnvolle Verwertung zahlt der Kunde angeblich seit Einführung für jeden Joghurtbecher eine Gebühr.
    Einzig: Es gibt jetzt nicht nur einen grünen Punkt, sonder ein Dutzen "Siegel" aber immer noch kein Recycling.
    Ich weiß auch nicht, was Verpackungsmüll im Second hand laden oder Repair shop soll - da hätte man die Frau Prax nochmal nachfragen können.

  16. 2.

    Sehr schön!
    In meinem Stammeinkaufszentrum stelle ich fest, dass die Dosengetränke erneut im Vormarsch sind. Die "Regalwand" wurde immer länger! Warum eigentlich?
    Ich finde auch die Idee mit dem Aufarbeiten von Mobiliar sehr gut. Ich hätte keine Probleme, mich auch in einem Zweite-Hand-Kaufhaus umzusehen.
    Vor allem die Einrichtung von Reparaturstützpunkten ist sehr zu begrüßen!!!

  17. 1.

    Dann müsste per Sack oder Kilo verrechnet werden; entweder Aufkleber die man kaufen muss und auf den Sack klebt oder der LKW misst automatisch das Gewicht und rechnet so ab

    Dann würde alles in den Wald gepfeffert und Amt müsste patrouilleren

Nächster Artikel