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Video: Abendschau | 29.06.2021 | Quelle: dpa/Peter Kneffel

Projekt Draussenstadt Berlin

Warum es keine schnelle Lösung gegen illegale Corona-Partys gibt

Um illegale Partys in Berliner Parks zu verhindern, werden bereits Zäune und Wachschutz gefordert. Die Bezirke lehnen ab. Eine Alternative wäre das Projekt "Draussenstadt", mit 13 Feier-Standorten. Doch die kommen spät und fast nur im Osten der Stadt. Von Sebastian Schöbel

Dass die Berliner Feierfreudigkeit nach über einem Jahr Pandemie und bei noch immer geschlossenen Clubs ein Ventil braucht, weiß Kultursenator Klaus Lederer natürlich. Deswegen verspricht er immer wieder: So schnell wie möglich werde man Tanz- und Musikevents im Freien wieder möglich machen. "Mir sind legale Alternativen auch lieber als wilde Partys", sagte Lederer Anfang Juni im Kulturausschuss des Abgeordnetenhauses.

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"Draussenstadt": 13 Partyzonen für die Stadt

Genau diese Alternativen soll das Projekt "Draussenstadt" bieten. Es soll Veranstaltungen im Freien wieder möglich machen. 13 Freiflächen haben die Organisatoren zusammen mit dem Senat, den Bezirken und der Clubcommission Berlin dafür identifiziert: Dazu gehören die Brommystraße in Friedrichshain-Kreuzberg, eine Brache an der Landsberger Allee in Lichtenberg und ein Park-and-Ride Parkplatz in Pankow. Hier sollen, mit öffentlicher Förderung, kostenlose Veranstaltungen stattfinden können - von Ausstellungen über Theaterstücke bis hin zu Konzerten. Dafür stehen insgesamt 1 Million Euro bereit, pro Veranstaltungen können bis zu 20.000 Euro Förderung beantragt werden. Über 500 Anträge für Veranstaltungen sind laut "Draussenstadt" bereits eingegangen.

Das sei natürlich nur "ein Tropfen auf den heißen Stein", sagt Yann-Olivier Kersaint, der das Programm für den Projektfonds Urbane Praxis begleitet. "Wir werden damit nicht das Kulturbedürfnis der Berliner stillen können." Die 13 Partyzonen sollen es aber vor allem Anbietern von Konzerten und anderen Events leichter machen, den Hürdenlauf durch die Berliner Behörden zu meistern: Denn hier treffen sie auf erfahrene Veranstaltungsorganisatoren, die für sie die vielen Genehmigungen bei den zuständigen Bezirken einholen. Was nicht leicht ist: "Jeder Bezirk handhabt Gesetze und Regularien anders", sagt Kersaint. Zudem hätten einige Bezirke bei der Suche nach Veranstaltungsorten bereits im Vorfeld deutlich gemacht, dass sie eigentlich lieber gar keine Open-Air-Events auf ihren Grünflächen oder Brachen haben wollen.

Vorbehalte bei Bezirken

Zum Beweis zeigt Kersaint auf die Standorte der 13 Veranstaltungsbereiche: Sie liegen in nur sechs Bezirken, fünf davon im Ostteil der Stadt. Um Fördermittel bewerben können sich laut Kersaint zwar auch Veranstalter, die eigene Flächen bereitstellen können. Die Genehmigung der Behörden müssten sie dann aber komplett alleine beantragen.

Wie aussichtslos das wird, macht Neuköllns Bürgermeister Martin Hikel deutlich. Sein Bezirk hat laut Draussensstadt gar keinen Platz für Partys, Konzerte oder ähnliches. "Wir haben einfach keine Flächen, wo wir sagen, da ist konfliktfrei eine Möglichkeit." Mal stehe der Lärmschutz der Anwohner im Weg, mal sei der Erhalt von Grünflächen gefährdet, sagt Hikel. "Manche Bezirke sind geeignet dafür, manche eher weniger."

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Tropfen auf den heißen Stein

Hikel schlägt stattdessen das Vorfeld des ehemaligen Flughafens Tempelhof vor, hier seien schließlich schon in der Vergangenheit Konzerte veranstaltet worden. Für Regina Kittler, die kulturpolitische Sprecherin der Linken, klingt das wie eine Ausrede. "Da pustet er eine Feder weg", sagt Kittler. "Ich erwarte von den Bezirken, dass die Bezirke Eigeninitiative ergreifen." Dass etwa Neukölln gar keine Flächen habe, glaubt sie nicht: Man müsse nicht auf grünem Rasen feiern, auch Brachflächen seien ausreichend. "Man muss dafür bereit sein", kritisiert Kittler.

Tatsächlich seien die allermeisten geprüften Standorte in Berlin letztlich am Einwand der jeweiligen Bezirksverwaltung gescheitert , sagt Yann-Olivier Kersaint. Die illegale Partyszene könne das Projekt aber sowieso nicht eindämmen. Spontanes Feiern sei eben auch ein Teil der Berliner Lebenskultur. Zudem startet das Projekt "Draussenstadt" erst im August. Eine schnelle Lösung ist das nicht.

Zäune werden abgelehnt

Die bei Partygängern besonders beliebten Parks bis dahin mit Zäunen zu verrammeln, wie die Polizeigewerkschaft GdP fordert, lehnen die Bezirke allerdings auch ab. Zu teuer, zu restriktiv, nicht machbar, sagt Mittes Bürgermeister Stephan von Dassel. Er appellierte daher im Inforadio des rbb: Wenn Party im Park, dann bitte mit Rücksichtnahme. "Ohne diese Rücksichtnahme können wir Partyzonen ausweisen, wo wir wollen, dann wird es nicht funktionieren."

Sendung: Abendschau, 29.06.2021, 19:30 Uhr

Beitrag von Sebastian Schöbel

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