rbb24
  1. rbb|24
  2. Politik
Quelle: imago images/Martin Müller

Brandenburger Landesregierung uneinig

Nonnemacher macht bei Impfpflicht Druck auf SPD und CDU

Lange lehnte die Brandenburger Gesundheitsministerin Nonnemacher eine allgemeine Impfpflicht ab, inzwischen ist sie dafür. Ihre Koalitionspartner sehen das allerdings anders. Nun warnt sie: Ohne Impfpflicht kein Ende der Pandemie.

In der Debatte über eine Impfpflicht hat die Brandenburger Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher (Grüne) den Druck auf ihre Koalitionspartner SPD und CDU erhöht. Sie warnte am Mittwoch davor, dem Risiko immer neuer Corona-Wellen ohne Einführung einer Impfpflicht zu begegnen.

"Wenn wir die Immunitätslücken nicht deutlich herunterkriegen, sind wir immer wieder gefährdet, auch von einer neuen Welle erfasst zu werden", sagte Nonnemacher der Deutschen Presse-Agentur in Potsdam. "Ich habe meine Meinung zu einer Impfpflicht geändert, weil ich nicht sehe, dass wir mit aller Aufklärungsarbeit die Impfquoten erreichen, die wir brauchten." Es müsse natürlich genug Impfstoff dafür vorhanden sein.

Nonnemacher will Impfpflicht ausweiten

Eine Impfpflicht für Beschäftigte in Kliniken oder Pflegeheimen ist beschlossene Sache, sie greift für Nonnemacher aber zu kurz: "Ich hätte mir gewünscht, dass die ersten Schritte einer berufsbezogenen Impfpflicht nicht nur den Gesundheits- und Pflegebereich, sondern auch Kindertagesstätten und Schulen umfassen", sagte die Grünen-Politikerin, die Ärztin ist. "Wir haben überhaupt keine Impfung für die unter Fünfjährigen, und die unter Zwölfjährigen sind noch so gut wie ungeimpft."

Corona-Maßnahmen

Giffey und Gote sprechen sich für Impfpflicht aus

Es mehren sich die Stimmen für eine allgemeine Impfpflicht. Auch die Berliner Regierende Bürgermeisterin Giffey und die Gesundheitssenatorin Gote plädieren dafür. Es sei das beste Mittel, "gegen die Pandemie gewappnet zu sein".

Woidke bei Impfpflicht zurückhaltend

In der Brandenburger Landesregierung herrscht allerdings keine Einigkeit in der Frage, ob eine Impfpflicht für alle Bürgerinnen und Bürger gelten sollte. SPD-Ministerpräsident Dietmar Woidke hatte sich zuletzt zurückhaltend und vage geäußert.

Nach dem Treffen von Länderchefs und Bundesregierung vor Weihnachten hatte Woidke zwar betont, dass das Impfen der einzige Ausweg aus der Pandemie sei. Er sei zuversichtlich, dass es mit den geeigneten Maßnahmen und Verständnis in der Bevölkerung angesichts der Omikron-Variante nicht zum Worst-Case-Szenario mit zehn Millionen Infizierten in der zweiten Januar-Woche komme.

Über eine Impfpflicht für alle solle man aber erst ab Ende Januar oder im Februar reden. "Dann wissen wir, ob eine Impfpflicht noch notwendig ist oder - viel besser - viele Menschen erkannt haben, dass sie ganz persönlich und freiwillig durch Impfen einen Beitrag zum Weg aus der Pandemie leisten können. Dieser Weg ist mir der liebste und täte unserem Gemeinwesen gut", so Woidke.

Fragen und Antworten

Das bedeutet die Impfpflicht in Gesundheitseinrichtungen

Der deutsche Bundestag hat am Freitag eine Impfpflicht für Menschen beschlossen, die in Kliniken, Praxen oder Pflegeheimen arbeiten. Die Pflicht soll ab Frühjahr gelten. Eine Übersicht, was das für Beschäftigte in Berlin und Brandenburg bedeutet.

CDU gegen Impfpflicht

Innenminister Michael Stübgen (CDU) lehnt eine Corona-Impfpflicht für alle hingegen ab. "Ich halte es für fahrlässig", hatte Stübgen Anfang der Woche der dpa gesagt. "Da muss man sich vorher überlegen, wie man das machen kann und welche Auswirkungen das hat und ob uns das weiter bringt." Möglicherweise sei es besser, weiter intensiv für das Impfen zu werben.

Stübgen kritisierte die Ampel-Koalition im Bund. "Es war ein durchsichtiges Ablenkungsmanöver von Olaf Scholz, diese Debatte vom Zaun zu brechen, als die Ampel beim Infektionsschutz ins Schlingern geriet." Der Kanzler hatte sich für eine allgemeine Impfpflicht ausgesprochen. Angedacht ist eine Abstimmung im Bundestag ohne Fraktionszwang.

Demos in 60 Städten und Gemeinden

Tausende protestieren in Brandenburg gegen die Corona-Regeln

Tausende trafen sich am Montagabend an verschiedenen Orten in Brandenburg, um erneut gegen die Corona-Maßnahmen zu protestieren - meist unangemeldet. Während es hier überwiegend friedlich blieb, gab es in anderen Bundesländern Gewalt.

"Frage, wie man es mit dem Impfstoff hält, wird religiös überhöht"

Nonnemacher kritisierte derweil auch eine Radikalisierung der Proteste gegen Corona-Maßnahmen. "Ich fände es jetzt falsch, wenn wir unsere Politik an Impfgegnern ausrichten würden, die zum Teil von bekennenden Rechtsextremisten unterwandert sind", sagte Nonnemacher. "Die Frage, wie man es mit dem Impfstoff hält, wird praktisch religiös überhöht. Ich finde, wir müssen da alle mal wieder herunterkommen." Es gehe um Solidarität.

Wöchentlich protestieren Tausende Menschen an zahlreichen Orten in Brandenburg gegen Corona-Beschränkungen.

Corona-Grafiken

Das sind die aktuellen Fallzahlen in Berlin und Brandenburg

Die Corona-Lage in Berlin und Brandenburg: Wie viele Covid-19-Erkrankte liegen in den Kliniken? Wie entwickelt sich die Lage? Alle wichtigen Erkenntnisse in Grafiken. Von Haluka Maier-Borst, Jenny Gebske, Arne Schlüter und Sophia Mersmann

Brandenburg hinkt bei Impfkampagne hinterher

In Brandenburg liegt der Anteil der Geimpften deutlich unter dem Bundesdurchschnitt: Am Mittwoch waren 64,3 Prozent der Bürgerinnen und Bürger bis zu zweimal geimpft, bundesweit sind es 71 Prozent, wie aus Zahlen des Robert-Koch-Instituts hervorgeht.

Eine Auffrischungsimpfung (Booster) haben 31,5 Prozent der Einwohner, bundesweit sind es 37,3 Prozent. Die Landesregierung ruft verstärkt zum Impfen auf, nun werden Briefe an rund 900.000 über 60-Jährige verschickt, um für Booster-Impfungen zu werben.

In den Brandenburger Krankenhäusern ist die Zahl der Patientinnen und Patienten mit Covid-19 auf Intensivstation wieder gestiegen. Derzeit würden 185 Menschen mit einer Covid-19-Erkrankung intensivmedizinisch behandelt, teilte das Gesundheitsministerium am Mittwoch mit. Vor einer Woche waren 178 Patienten landesweit auf Intensivstationen.

Insgesamt sind derzeit 728 Menschen mit Covid-19 im Krankenhaus, vor einer Woche waren es 885. Der Anteil der Belegung der Intensivbetten mit Covid-19-Patienten stieg auf 25,1 Prozent.

Lauterbach: Hohe Dunkelziffer

Verlässliche Corona-Zahlen gibt es laut RKI erst wieder Mitte Januar

Die Inzidenzen in Deutschland sinken. Doch Gesundheitsminister Lauterbach und das Robert-Koch-Institut warnen: Die Zahlen spiegeln wohl nicht das aktuelle Infektionsgeschehen wider - in Wirklichkeit dürfte es erheblich höher sein.

Schutzmaßnahmen werden wegen Omikron angepasst

Wegen der Ausbreitung der Omikron-Variante stockt die Landesregierung in Brandenburg ihren Krisenstab auf. Das kündigte Ministerpräsident Woidke am Mittwoch in der rbb-Sendung "Brandenburg aktuell" an. Die Ansteckungsrate bei Omikron sei offensichtlich noch einmal deutlich höher, das sehe man in anderen europäischen Ländern wie Frankreich und den Niederlanden, wo "die Zahlen durch die Decke schießen", so Woidke.

Alle Vorsichtsmaßnahmen bei den kritischen Infrastrukturen in Brandenburg würden geprüft und an die Omikron-Variante angepasst, sagte der Ministerpräsident weiter. Das betreffe das Gesundheitssystem sowie Polizei und Feuerwehr. Man müsse leider damit rechnen, dass ein Großteil der dort Beschäftigten mit einer Infektion ausfallen könne, sagte Woidke.

Sendung: Brandenburg aktuell, 29.12.2021, 19:30 Uhr

Artikel im mobilen Angebot lesen