Neuer BAK-Trainer Volkan Uluc - Comeback eines Feuerwehrmanns
Nach dem sportlichen Absturz und einem Trainer-Wechsel will der Berliner AK wieder in die Spur finden in der Regionalliga Nordost. Helfen soll dabei ein alter Bekannter, der bereits einige Vereine vor dem Untergang bewahrt hat. Von Fabian Friedmann
Volkan Uluc hat viel erlebt in seiner Laufbahn. 2010 war er einmal im Iran in der ersten Liga tätig. Dort "bei den stolzen Persern", wie der 55-Jährige heute erzählt, habe er viel gelernt, viel Erfahrung mitgenommen, wie man sich durchsetzen kann. Dinge, die ihm in seinem Reifeprozess als Trainer geholfen haben. Davon profitieren will seit Ende März der tief gefallene Fußball-Regionalligist Berliner AK.
Zumeist sind es jene Vereine, die sportlich in Schieflage geraten sind, die Volkan Uluc kontaktieren. Der Trainer soll dann für den Umschwung sorgen, die Mannschaft wieder auf Kurs bringen. "Das scheint mir zu liegen“, sagt der türkische Coach. Über Jahrzehnte hat sich Uluc bei zahlreichen Klubs im nordostdeutschen Fußball den Ruf eines Retters erarbeitet, etwa durch sein Engagement beim BFC Dynamo, den er einst vor dem Abstieg in die Berlin-Liga bewahrte und später zum Oberliga-Titel führte.
Berliner AK – vom Aufstiegskandidat zum Sorgenkind
Aktuell benötigt also der Berliner AK Ulucs Dienste, um seine sportlichen Brandherde zu löschen. Vom überragenden Aufstiegskandidat zum abgestürzten Sorgenkind – so lässt sich die Saison des BAK in der Regionalliga Nordost bislang zusammenfassen. Elf Spieltage in Folge war der Verein aus Moabit in der Hinrunde Tabellenführer, belegte zuletzt am 18. Spieltag den Spitzenplatz. Was folgte, war eine beispiellose Negativserie: Acht Niederlagen in Serie, dazu das bittere Landespokal-Aus gegen Berlin-Ligist Sparta Lichtenberg (2:4).
Nach der 0:1-Heimniederlage gegen den FSV Luckenwalde zogen die Verantwortlichen um den Sportlichen Leiter Ümit Ergidi schließlich die Reißleine. Ende März wurde Trainer Benjamin Duda nach 15 Monaten im Amt von seinen Aufgaben entbunden. Kurzfristig wurde Volkan Uluc angefragt. "Ich musste mich schnell entscheiden, es gab vorher überhaupt keinen Kontakt", sagt der Trainer.
Erste Aufgabe: Klarheit in den Abläufen schaffen
Uluc erklärt sich bereit, zu helfen, weil es da auch "eine emotionale Bindung" zum Verein gibt, und dass nicht nur, weil er die Familie des Präsidenten Ebukir Han schon lange kennt. Bereits zweimal stand er als Cheftrainer in Diensten des heutigen Regionalligisten, das bislang letzte Mal vor 18 Jahren. Damals herrschten noch andere Voraussetzungen, der Verein spielte in der Oberliga, der Trainer sei auf sich allein gestellt gewesen, erinnert sich Uluc. "Das waren damals nicht optimale Gegebenheiten." Vieles habe sich seitdem zum Positiven entwickelt, die Strukturen sind wesentlich professioneller geworden. Der Berliner AK hat sich in der Regionalliga etabliert.
Mit den Ambitionen ist auch der Erfolgsdruck gestiegen. Aber wie bekommt eine zutiefst verunsicherte Mannschaft wieder ihr Selbstvertrauen zurück? "Fußball ist sehr komplex", sagt Uluc. Alle Statistiken hätten gegen das Team gesprochen. Letztlich geht es für den neuen Trainer zunächst darum, "in allen Abläufen für Klarheit zu sorgen. Das schafft Sicherheit". Heißt konkret: Wenn jeder Spieler genau weiß, was von ihm verlangt wird, dann hilft ihm das langfristig. Allerdings sei es noch keine Garantie, dass man Spiele gewinne, erklärt Uluc. Als Trainer müsse man sportlich noch tiefgreifender analysieren.
Zweikampf-Härte und mannschaftliche Geschlossenheit
Beim Berliner AK sei aus seiner Sicht im Laufe der Saison eine gewisse Zweikampf-Härte verloren gegangen, sagt Uluc. Die ist für die körperbetonte Regionalliga aber unerlässlich, will man erfolgreich sein. Selbst, wenn man spielerisch das bessere Team ist. Daneben braucht es mannschaftliche Geschlossenheit. "Und das ist uns in meinen ersten beiden Spielen ganz gut gelungen", sagt Uluc.
Gegen Lichtenberg (2:0) und Meuselwitz (3:2) feierte das Team zwei knappe Siege, der Umschwung ist vorerst geglückt, die Abstiegszone auf Distanz gehalten. "Es ist wichtig, dass eine positive Energie reingekommen ist. Die Mannschaft zieht jetzt voll mit", sagt der Trainer. Und das ist auch nötig, weil der BAK schwere Spiele vor der Brust hat. Am Freitag kommt Babelsberg 03 ins Poststadion, es folgen die Partien gegen Altglienicke und Chemnitz. "Da erwartet uns viel Qualität. Es wird auf keinen Fall ein Selbstläufer", sagt Uluc.
Das Benefizspiel als emotionaler Moment
Sein erstes Spiel in Diensten des BAK war das Benefizspiel gegen Hertha BSC zugunsten der türkischen Erdbebenopfer. Für Volkan Uluc ein emotionaler Moment und "ein starkes Zeichen, das von Hertha BSC und dem BAK ausgegangen ist".
Bis Juni 2022 hatte er selbst in der Türkei für den Drittligisten Karaman FK gearbeitet, die Stadt liegt am östlichen Rand des späteren Erdbebengebiets. In seinem Freundeskreis waren viele Menschen direkt von der Katastrophe betroffen. "Es wird Jahre dauern, um diese Wunden zu schließen", sagt er. Darum dürfe man dies auch nicht zu schnell vergessen.
Zusammenstellung des Kaders überdenken
Jetzt gilt sein Fokus komplett der Arbeit in der Hauptstadt. Er hat noch viel vor mit dem Berliner AK, auch wenn Ulucs Vertrag erstmal nur bis zum Saison-Ende geht. Viele Gedanken habe er sich über die Zusammenstellung des Kaders gemacht. Dort mangelt es an erfahrenen Spielern, gerade vor dem Hintergrund, dass es im kommenden Jahr ein Wettrüsten der Vereine in der Regionalliga Nordost geben wird, weil dann der Erstplatzierte direkt in die 3. Liga aufsteigt. Wichtig sei, dass wir mit unseren Möglichkeiten das Optimale rausholen, sagt der Trainer. "Wir brauchen eine gute Mischung."
Volkan Uluc würde nach eigener Aussage gerne langfristig beim Berliner AK arbeiten, um dann auch den Kampf um den Aufstieg in der kommenden Saison anzunehmen. Es klingt fast so, als könnte er bei seiner 18. Station als Cheftrainer sesshaft werden. Allzu schnell möchte Volkan Uluc die Rolle des Feuerwehrmanns offenbar nicht mehr haben.
Sendung: rbb24, 14.04.2023, 21:45 Uhr