Vorschlag des Bundespräsidenten - Kontroverse Reaktionen aus Brandenburg auf Vorschlag für Pflichtdienst

Mi 15.06.22 | 18:10 Uhr | Von Felicitas Montag
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Archivbild: Eine junge Frau absolviert 2008 in der Uckermark ihr Freiwilliges Ökologisches Jahr (FÖJ). (Quelle: dpa/Patrick Pleul)
Audio: Antenne Brandenburg | 15.06.2022 | Felicitas Montag | Bild: dpa/Patrick Pleul

Die Jugend soll's richten - zumindest wenn es nach Bundespräsident Frank Walter Steinmeiner geht: Am Sonntag hatte der SPD-Politiker die Einführung eines sozialen Pflichtdiensts vorgeschlagen. Es geht darum, dass sich junge Menschen für eine gewisse Zeit "in den Dienst der Gesellschaft" stellen sollten. Diese Pflichtzeit müsse laut Steinmeier nicht zwingend bei der Bundeswehr erfolgen, sondern könnte auch in einer sozialen Einrichtung geleistet werden. Dadurch solle der gesellschaftliche Zusammenhalt gestärkt werden.

Die Bundesregierung lehnt den Vorschlag ab und hält an bestehenden Freiwilligendiensten fest, in denen sich fast 100.000 Menschen engagieren. Laut Vize-Regierungssprecher Wolfgang Büchner sollen Freiwilligendienste noch aufgestockt werden und deren Rahmenbedingungen verbessert.

Auch in Brandenburg wird über den Vorschlag kontrovers diskutiert und stößt auf ein geteiltes Echo.

Pro: Bundeswehr sollte gestärkt werden

"Ich halte diesen Vorschlag für gut und richtig", sagt Gernot Schmidt, Landrat von Märkisch-Oderland. Er plädiert für eine zügige Umsetzung eines - er hat allerdings eher die Bundeswehr im Blick: Es sei notwendig, diese wegen der aktuellen außenpolitischen Lage Deutschlands zu stärken.

Die vergangenen Jahre hätten aber auch gezeigt, wie wichtig die Bundeswehr auf gesellschaftlicher Ebene ist, so Schmidt weiter: "Wenn ich an Corona oder die Afrikanische Schweinepest denke: Wir hatten so eine massive Unterstützung durch die Bundeswehr, wir wären gar nicht in der Lage gewesen, solche Pandemie und Krisen allein zu meistern."

Gleichzeitig hält der SPD-Mann es für wichtig, die soziale Kompetenz von Jugendlichen zu fördern, indem sie mit Menschen unterschiedlicher sozialer Herkunft in Kontakt kommen. Auch deshalb erachtet er die vorgeschlagene Pflichtzeit für sinnvoll.

Zustimmung kommt auch vom CDU-Kreisverband in Frankfurt (Oder). "Der Kreisverband ist überaus glücklich, dass der höchste Repräsentant des Landes sich für die Allgemeine Dienstpflicht von jungen Menschen in Deutschland ausspricht", so der Kreisvorsitzende Michael Möckel. Bereits im März dieses Jahren hatte sich die Brandenburger CDU für die Einführung einer allgemeinen Dienstpflicht ausgesprochen.

Contra: Keine Pflicht, sondern mehr Wertschätzung für Freiwillige

Skeptisch hingegen zeigt sich der Fürstenwalder Stadtverordnete Stephan Wende (Die Linke). Er befürwortet zwar Maßnahmen, die freiwilliges Engagement stärken – eine Pflicht zur Solidarität, hält er aber für das falsche Signal: "Weil ich glaube, dass das eine Umkehrung der Werte an der Stelle ist. Wir brauchen Freiwilligkeit."

Darauf setzt auch der Vorstand der Deutschen Roten Kreuzes (DRK) Brandenburg, Hubertus Diemer. Er wünscht sich, ebenso wie Wende, mehr Wertschätzung für junge Ehrenamtliche. Statt auf eine Pflicht zu setzen, fordert er, bestehende Freiwilligendienste attraktiver zu gestalten – zum Beispiel durch eine bessere finanzielle Honorierung: "Wir haben einen ganz deutlichen Unterschied der Taschengelder, für jemanden der ein Freiwilliges Soziales Jahr macht - gegenüber jemanden der einen freiwilligen Wehrdienst bei der Bundeswehr macht. Da liegen knapp 1.000 Euro Differenz pro Monat. Wenn man zu einer besseren Vergütung käme, könnten sich sehr viele junge Menschen einen Freiwilligendienst überhaupt leisten." Auch die Anerkennung des Freiwilligendienstes bei der Zulassung für Hochschulen und bei Rentenpunkten, könnte die Attraktivität laut DRK-Vorstand Diemer weiter erhöhen.

Eine Erhöhung des "Taschengeldes" für junge Ehrenamtliche forderte am Mittwoch im Brandenburger Landtag auch die jugendpolitische Sprecherin der Grünen, Ricarda Budke. Eine Dienstpflicht für junge Menschen lehnt sie hingegen ab: "Statt ihnen jetzt vorzuschreiben, wie sie ihr Leben zu gestalten haben, sollten wir ihre Möglichkeiten stärken."

Sendung: Antenne Brandenburg, 15.06.2022, 14:10 Uhr

20 Kommentare

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  1. 20.

    "Nachtrag......Wehrdienst nennen Sie Zwangsarbeit. Die gab es also In unserem Land bis in die neunziger Jahre."

    Bis in die 2010er Jahre. Es erfüllt die Definition: Arbeit die per Androhung von Strafe erzwungen wird. Wenn Sie was gegen die Bezeichnung haben, bringen Sie ein Argument, statt empört zu tun und persönlich zu werden.

  2. 19.

    Beneidenswert dass Sie wissen, was anderen guttut. Würden Sie es sich gefallen lassen, wenn ich Sie zwingen würde, zu was ich glaube was Ihnen gut täte? (Grammatik-Labyrinth erfolgreich gemeistert! :))

  3. 17.

    Manchen würde die Wehrpflicht gut tun, einfach mal "Fresse" halten und Abmarsch. Es geht nicht ums Unterordnen sondern ums Einordnen, sowie um Solidarität in der Truppe und um die Aufgabe für die Gesellschaft einen Dienst zu leisten. Anschließend würde weniger Müll über Grundrechte (nach-)geplappert werden, man weiß dann überhaupt was Freiheit im richtigen Leben bedeutet. Opfer bringen die wenigsten.

  4. 16.

    Und noch ein Nachtrag......Wehrdienst nennen Sie Zwangsarbeit. Die gab es also In unserem Land bis in die neunziger Jahre. Bei solcher Äußerung kann ich nur mit dem Kopf schütteln. Ich frage mich welcher Jahrgang Sie sind.....

  5. 15.

    Ach so, und vor dem Fall der Mauer hat es keinen interessiert ob es ein Eingriff in die Grundrechte war. Die einzigen die Glück hatten waren die Westberliner. Ich glaube Sie brauchen mir nichts zu erklären.
    Und was war mit den Menschen im Osten des Landes ? Die mussten alle Wehrdienst leisten. Also erzählen Sie nichts von Grundrechten, die bestimmt der Staat per Gesetzgebung.

  6. 14.

    Schlaue Leute stellen sich die Frage, ob es für die Rentenpunkte nicht besser ist, als Ausgebildeter für sich UND die Allgemeinheit ein bessere Ergebnis in der Lebensarbeitszeit zu erzielen? Und das hat es so richtig „in sich“...ewil es mehr als einen „Kleinwagen“ ausmacht. Und ob Profis in der Pflege kostenlosen Wettbewerb gut finden?

  7. 13.

    Dagegen spricht, dass es ein Eingriff in mehrere Grundrechte ist:

    - Freiheit der Person
    - freie Wahl des Arbeitsplatzes
    - freie Bestimmung des Aufenthaltsortes
    - uU Recht auf körperliche Unversehrtheit
    - Verbot von Zwangsarbeit

    Schlimm dass das erklärt werden muss.

  8. 11.

    Ja natürlich auch für Frauen und Diverse....da sollte kein Unterschied gemacht werden.

  9. 10.

    Wer selber dienen mußte sieht das anders.
    Wenn wehrpflicht dann alle
    Auch Frauen.

  10. 9.

    Es geht nur noch darum billige Arbeitskräfte zu rekrutieren.
    IÜber einen Dienst bei der BW lässt sich streiten.
    Meine Interessen hat diese noch nie vertreten.
    Sei es in Afghanistan, Jugoslawien, Libanon.Mali .
    Nato oder UN Mandat hin und her.

  11. 8.

    Ich würde die Wehrpflicht für zwölf oder achtzehn Monate sofort wieder einführen...für alle. Wer dies aus gesundheitlichen Gründen nicht kann leistet Sozialdienst. Was spricht dagegen???

  12. 7.

    Sie sprechen mir aus dem Herzen! Nach Jahren der Pandemie und mit Blick auf den Klimawandel sind doch wir alle und nicht immer nur junge Menschen gefragt.

  13. 6.

    Die Jugend, die unsere Renten zahlen soll, ohne selber auf welche hoffen zu können, die die Klimakatastrophe ausbaden muss, die während Corona die stärksten Einschränkungen hinnehmen musste, DIE sollen jetzt auch noch als billige Arbeitskräfte herangezogen werden?

  14. 5.

    Die Zivildienstleistenden der geburtenstarken Jahrgänge,aber auch die ,die bei der Bundeswehr damals ihren Grundwehrdienst abgeleistet haben,taten das meist vollem Einsatz.Natuerlich hätte man in dieser Zeit einen finanziellen Verlust und es traf nur das männliche Klientel ,förderte aber gleichzeitig auch selbst in Benehmen und Haltung gegenüber anderen.Egal ob BW oder Zivi. Geschadet hat es auf keinen Fall.

  15. 4.

    Wenn Sie dann mal angewiesen wären auf Hilfe der Gemeinschaft, Pflege,Hartz4 ect, werden wir es auch sabotieren? Ne, Ihre Beiträge decken das nicht mal annähernd. Nehmen, nehmen usw., das ist in Ordnung? Habe heute meine Schüler befragt. Einer von 24 ist dagegegen. Mein Zivi hat meinen heutigen Beruf, also seine Ausführung, entscheidend geprägt. Wollen wir nicht also die Jungen fragen? Sie wären doch eh nicht davon betroffen. Also , wie immer, sich selbst nicht so wichtig nehmen!!!

  16. 3.

    Ich kann mir so richtig vorstellen, wie die Zwagsverpflichteten, egal welcher Altersstufe, ihr soziales Engagement stärken. Wenn man mir so etwas vorschreiben wollte, würde ich diesen Dienst sabotieren, wo ich nur könnte. Freiwilligkeit ist die einzige Möglichkeit, Menschen dazu zu bewegen, sich irgendwo zu engagieren. Und dazu gehört eine entsprechende Bezahlung, sonst werden die Freiwilligen lediglich als billige Zusatzarbeitskräfte verheizt.

  17. 2.

    Warum denn nur junge Menschen? Warum sollten es nur an einer kleine Minderheit liegen, den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu verbessern? Und die soziale Kompetenz ist bei uns Älteren ja auch nicht zum besten bestellt.

    Zur Bundeswehr: da bräuchte es noch ein zweites Sondervermögen, um die Wehrpflicht wieder herzustellen. Denn nach einem Jahrzehnt "Pause" ist die Infrastruktur nicht mehr vorhanden bzw. tauglich (Kasernen, Verwaltung, Personal, Ausstattung).

  18. 1.

    Warum soll immer zwangsverpflichtet werden?
    Warum nicht die Tätigkeit in der Pflege durch höhere Löhne für junge Ehrenamtliche und regulär in der Pflege arbeitende so attraktiv machen, dass man sich vor Bewerbern nicht retten kann?

    Warum denken Politiker so wenig wie Unternehmer: nicht Zwang, sondern Freiwilligkeit sollte das Motto der Stunde sein!

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