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Quelle: dpa/Uwe Anspach

Pilotprojekt in Wusterhausen/Dosse

Die Drohne bringt Brot und Eier

Einkaufen ist im ländlichen Raum häufig mit langen Wegen verbunden. Vor allem für ältere Menschen kann das zur Hürde werden. In einer Brandenburger Gemeinde sollen deshalb bald erstmals Drohnen den Einkauf liefern. Von Simon Wenzel

Es klingt futuristisch, was sich in einem halben Jahr in Wusterhausen/Dosse (Ostprignitz-Ruppin) abspielen könnte: Einkäufe, die kilometerweit durch die Luft von Drohnen transportiert werden. In Brandenburg wird ein Pilotprojekt der Bundesregierung durchgeführt. Eine Machbarkeitsstudie gibt es bereits, die letzten Vorbereitungen laufen und schon ab März sollen sich die Anwohner der Gemeinde ihre Einkäufe liefern lassen können. Allerdings zunächst nicht von überall und auch nicht vor die Haustür.

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Von Wusterhausen nach Trieplatz, Blankenberg und Barsikow

So soll das Pilotprojekt ablaufen: An den Markttagen in Wusterhausen, dienstags und freitags, können die Bewohner auf einer Bestellplattform einkaufen - hier gibt es digital das Sortiment der Markt-Händler. In Wusterhausen am Marktplatz sitzt dann der sogenannte "Dispatcher", eine Person, die die Bestellung erhält und anschließend mit der Einkaufsliste über den Markt geht, um den gewünschten Warenkorb zusammenzustellen. Anschließend bringt sie die Produkte zum naheliegenden Drohnenstartplatz, lädt sie in die Transportbox und schickt die Bestellung auf den Weg.

Aus Wusterhausen fliegt die Drohne auf vordefinierten Flugrouten zu einem Landeplatz, wo der Kunde seine Waren aus der Transportbox der Drohne entnehmen kann. Die Bezahlung erfolgt per Lastschrift. Die Kunden müssen registriert sein und sich am Eingang zum Landeplatz authentifizieren. In der einjährigen Testphase sollen die Ortsteile Trieplatz (rund 10 Kilometer entfernt von Wusterhausen), Blankenberg (rund 14 km) und Barsikow (rund 8 km) angeflogen werden.

"Wusterhausen hat 22 Ortsteile, wir sind eine Flächengemeinde", sagt der Bürgermeister der Gemeinde, Philipp Schulz, im Gespräch mit rbb|24. "Die Wege sind sehr sehr lang, es gibt zwar Busverbindungen, aber auch nicht aus jedem Ortsteil einmal in der Stunde nach Wusterhausen. Es war deshalb unser Wunsch, eine Verbesserung herbeizuführen", so Schulz.

Zielgruppe ältere Menschen - Bestellungen sind auch per Telefon möglich

In Wusterhausen gebe es außerdem viele ältere Menschen, deren Mobilität teilweise eingeschränkt sei, sagt der selbst erst 37-jährige Bürgermeister. Die Senioren sind die wichtigste Zielgruppe des Pilotprojekts. Damit es nicht an fehlenden Online-Kompetenzen scheitert, sollen Bestellungen auch konventionell möglich sein - per Telefon. Die Menschen können beim Dispatcher am Marktplatz anrufen und beispielsweise Brot und Eier bestellen. "Wir haben von Anfang an gesagt: Es soll so niedrigschwellig wie möglich sein, wir machen kein Glamourprojekt", sagt Tobias Biehle von der Firma Luftlabor, er ist gemeinsam mit seinem Kollegen Robin Kellermann der Projektkoordinator.

Für Großeinkäufe ist die Drohne laut Biehle (noch) nicht gedacht. Die Lieferungen sollen vor allem älteren Leuten den umständlichen Weg nach Wusterhausen ersparen oder jungen Familien behilflich sein, wenn sie ein paar Kleinigkeiten vergessen haben. "Die Drohnen, mit denen wir arbeiten, können nicht die Masse eines Wocheneinkaufs für eine Großfamilie transportieren", sagt Biehle. Technisch wäre das möglich, es gibt bereits Drohnen mit über 20 Kilo Traglast. Für das Pilotprojekt wurden aber zunächst kleinere, leisere Drohnen gewählt, wie Biehle sagt.

Die können bis zu fünf Kilogramm tragen, ihre Reichweite beträgt zwischen 30 und 50 Kilometern. Für das Projekt rechnet Biehle mit sechs bis acht Flügen pro Markttag - macht rund 650 Test-Flüge in der einjährigen Versuchsphase.

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Drohnen müssen streng überwacht werden

Noch gibt es einige Fragen. Zum Beispiel, ob die Drohne erst dann in Richtung eines Ortsteils abhebt, wenn die Lieferbox voll genug ist - oder ob sie tatsächlich für jede Packung Eier nach Trieplatz oder Blankenberg fliegt. Bürgermeister Schulz sagt, in der Bevölkerung gebe es vor allem Bedenken, ob die Reichweite des Funksignals tatsächlich bis in die Ortsteile reiche, "dass es da keine im wahrsten Sinne des Wortes Irrflüge gibt", sagt Schulz.

Die Signal-Tests sind Grundlage dafür, damit es im März los gehen kann und ein wichtiger Punkt auf der To-Do-Liste von "Dronegy", dem technischen Partner. Zur Not müsse nachgerüstet werden, mit Signalverstärkern, sagt Projektkoordinator Tobias Biehle.

Die Drohne fliegt automatisiert von Wusterhausen zu einem der anderen drei Landeplätze und zurück. Ihre Routen sind vorab definiert, beantragt und genehmigt worden. Auch wenn die Drohne ihr Ziel selbst findet, darf sie allerdings nicht ohne Überwachung fliegen: Ein Pilot von "Dronegy" überwacht, dass in der Luft und bei der Landung alles nach Plan verläuft - sein Job ähnelt dem eines Fluglotsen. Bisherige Praxis ist hierfür ein strenger Betreuungsschlüssel: Jede Drohne soll ihren eigenen Beobachter haben, so wollen es die Behörden. Tobias Biehle geht davon aus, dass sich das irgendwann ändert und ein Fernpilot dann fünf oder zehn Drohnen überwachen darf. Das wäre ein entscheidender Schritt, um aus dem Test irgendwann ein lohnendes Geschäftsmodell zu machen, sagt Biehle.

Bürgermeister hofft auf Fortsetzung des Projekts

"Aus den Liefergebühren alleine lässt sich so ein Lieferbetrieb derzeit noch nicht finanzieren, das muss man ganz klar so sagen", sagt Biehle. Neben den Betriebskosten, müssten auch die Anschaffungskosten für Drohnen und deren Landeplätze noch sinken. Viel Hoffnung auf baldige Lösung dieser Probleme machen sich die Projektkoordinatoren aber nicht: Vor 2027 rechnet Tobias Biehle nicht damit, dass sich an den Auflagen zum Drohnenbetrieb etwas ändert.

Hilfreich für Gemeinden könnte eine Mischkalkulation sein, wenn Lieferdrohnen zusätzlich für andere Zwecke genutzt würden, beispielsweise bei der Feuerwehr oder in der Landwirtschaft. Das weiß auch Bürgermeister Schulz. Er hofft dennoch, das das Pilotprojekt erst der Anfang ist. "Ein solcher Versuch kann ja auch ein Baustein sein, um so etwas auf wirtschaftlich sichere Füße zu stellen", sagt er, "es wird spannend sein, ob sich während der Projektphase ein Verein oder ein kommerzieller Anbieter findet, der das ganze weiter bestreiten will."

Das Pilotprojekt finanziert sich hauptsächlich über Fördermittel. Rund 526.000 Euro kostet der Versuch insgesamt, rund 420.000 Euro davon übernimmt derzeit die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung in der Fördermaßnahme "LandVersorgt", den Rest teilen sich die Gemeinde Wusterhausen/Dosse und die beiden Unternehmen Luftlabor und Dronegy. Wusterhausen investiert nach Angaben seines Bürgermeisters rund 16.000 Euro.

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Im Moment fehlt noch ein Dispatcher

Bevor im März 2024 die ersten Drohnen durch Wusterhausen fliegen, haben Tobias Biehle und seine Kollegen noch einiges zu erledigen. Die Drohnen-Landeplätze müssen eingerichtet werden, die Netzabdeckung überprüft und gegebenenfalls verbessert, an der Website für die Online-Bestellungen wird noch gearbeitet und ein ganz zentraler Job ist auch noch nicht vergeben: Dispatcher werden derzeit gesucht. Die Personen also, die Bestellungen aufnehmen, sie am Marktplatz einkaufen und in die Drohne verladen. Hierfür muss Biehle noch genauso die Werbetrommel rühren, wie zur Gewinnung künftiger Kunden.

Beitrag von Simon Wenzel

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