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Audio: Inforadio | 05.02.2021 | Rainer Wild, Berliner Mieterverein | Quelle: imago images

Probleme mit Mietzahlungen

Berliner Mieterverein warnt vor finanziellen Corona-Folgen für Mieter

Schon seit langem gilt der Wohnungsmarkt in Berlin als äußerst angespannt - und die Corona-Krise scheint diese Lage noch zu verschlechtern. Der Berliner Mieterverein sieht zahlreiche Mieter in der Klemme und fordert die Bundesregierung zum Handeln auf.

Der Berliner Mieterverein warnt vor Folgen der Corona-Pandemie für die Mieter in der Stadt. Die Pandemie habe die Situation vieler Mieter verschärft, sagte der Geschäftsführer des Vereins, Reiner Wild, am Freitag dem rbb.

Viele, die beruflich vom Lockdown betroffen seien, könnten wegen ihrer Einkommenseinbußen die Miete nicht mehr zahlen. "Man kratzt die letzten Euros der Ersparnisse zusammen oder leiht sich Geld, das ist sehr belastend", betonte Wild im Inforadio des rbb. Hinzu komme eine große Verunsicherung unter Mietern, die dazu geführt habe, dass auch in Berlin die Umzugsquote "sehr gering geworden" sei. "Die Umzugsmobilität hat nachgelassen, es ist noch schwerer, in Berlin eine Wohnung zu finden", analysiert Wild.

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Wild fordert besondere Mieterschutzregeln

Er forderte die Bundesregierung dazu auf, die im vergangenen Jahr während des ersten Lockdowns eingeführten besonderen Mieterschutzregeln zu verlängern. Sie sahen einen Aufschub von Kündigungsmöglichkeiten durch Vermieter bei Mietzahlungsrückständen vor, waren aber auf die Zeit von April bis Juni 2020 beschränkt. "Das ließe sich ganz unproblematisch verlängern, es bedarf nur einer Verordnung", so der Geschäftsführer des Berliner Mietervereins. Wild kündigte im rbb-Interview zudem eine eigene Untersuchung zur Belastung von Mietern in der Corona-Pandemie an, deren Ergebnisse in spätestens zwei Monaten vorliegen sollen.

 

Bündnis: Corona-Krise führt zu "Sozial-Wohnungsnot"

Unterdessen warnt auch ein Verbändebündnis für sozialen und bezahlbaren Wohnraum vor einer zunehmenden Wohnungsnot in Folge der Corona-Pandemie. Die Not der Menschen auf dem Wohnungsmarkt werde sich mit anhaltender Pandemie in den kommenden Monaten weiter verschärfen, erklärten Vertreter des Bündnisses "Soziales Wohnen" am Freitag in einer Online-Pressekonferenz.

Die Corona-Krise führe zu einer neuen "Sozial-Wohnungsnot". Bund und Länder hätten beim Bau bezahlbarer Wohnungen und von Sozialmietwohnungen in den vergangenen Jahren versagt. Dadurch sei im unteren Preissegment ein gewaltiges Wohnungsdefizit entstanden, heißt es unter Verweis auf zwei neue Wohnungsbaustudien, darunter eine des Pestel-Instituts (Hannover) sowie eine vom Bauforschungsinstitut Arge für zeitgemäßes Bauen in Kiel.

Büroräume in Sozialwohnungen umwidmen?

Bundesweit fehlten 670.000 Wohneinheiten, "fast ausschließlich Wohnungen mit bezahlbarer Miete und Sozialwohnungen", sagte der Leiter des Pestel-Instituts, Matthias Günther. In einem "Akutplan" fordern die Verbände bis 2030 mindestens zwei Millionen zusätzliche Sozialwohnungen, zum einen durch Neubau von 80.000 Sozialwohnungen pro Jahr, zum anderen durch Modernisierungsförderungen und den Ankauf von Belegrechten. Zudem müsse künftig jede zehnte Sozialwohnung barrierefrei gestaltet werden.

Der Vorsitzende der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU), Robert Feiger, forderte zudem im Gespräch mit dem rbb-Sender Radioeins, Büroflächen für Sozialwohnungen umzunutzen. Künftig würden weniger Büroräume in Deutschland gebraucht, denn zahlreiche Unternehmen wollten Home-Office nachhaltig beibehalten, so Feiger. "Wir haben aktuell in Deutschland 350 Millionen Quadratmeter Bürofläche. Wenn wir das in Mietwohnungen und Sozialwohnungen umwidmen könnten, würde nur ein Prozent dieser Quote einen zusätzlichen Wohnungsbestand von 50.000 Wohnungen mit jeweils 70 Quadratmetern bedeuten", erklärte Feiger. Gefragt sei hier "politische Kreativität", so der Gewerkschafter.

Die IG BAU gehört neben dem Deutschen Mieterbund, der Caritas Behindertenhilfe und Psychiatrie sowie der Deutschen Gesellschaft für Mauerwerks- und Wohnungsbau und der Deutsche Baustoff-Fachhandel zum Bündnis "Soziales Wohnen".

Sendung: Inforadio, 05.02.2021, 10:05 Uhr

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