Konzertkritik | The Kid Laroi in der Columbiahalle - Wahnsinnig physisch

Fr 15.07.22 | 10:23 Uhr
The Kid Laroi (Quelle: dpa/Mairo Cinquetti)
Audio: rbb24 Inforadio | 15.07.2022 | Hendrik Schröder | Bild: NurPhoto

The Kid Laroi gilt als der australische Justin Bieber. Er ist gerade mal 18 Jahre alt und hatte mit "Stay" bereits einen weltweiten Charterfolg - mit Bieber. Nun überzeugte er in der Columbiahalle in Berlin aber eher mit seinen Showeinlagen. Von Hendrik Schröder

Strobolichter fauchen über das Publikum und ein Wände brechendes Donnern kommt aus den Lautsprechern. Dann Stille. Unruhe im Publikum. "Kid Laroi, Kid Laroi"-Sprechchöre. Dann wieder Donnern und Blitze.

Und dann kommt er, The Kid Laroi, wie ein Flummi auf die Bühne gefedert. Er joggt die acht Stufen zu einem riesigen weiß lackierten Podest hoch und ab geht die Post. Ganz in Schwarz gekleidet läuft er die Showtreppe hoch und runter, wirft die Beine in die Luft.

Eine schwarze Wollmütze auf dem Kopf, schwarze Sonnenbrille, die er auch erst nach der Hälfte des Konzerts abnimmt, lange blonde Haare. Auch wenn die meisten seiner Songs eher in der Kategorie Mainstream-Herz-Schmerz-Tracks einzuordnen sind, bekommt dieses Konzert schon nach ein paar Minuten etwas wahnsinnig Physisches.

Moshpit, Stagediving - es ist physisch

Ganz ausverkauft ist die Columbiahalle nicht, aber mit geschätzt 2.000 Fans ist sie schon ordentlich voll. Kaum ein Besucher ist über 30, viele noch keine 20. Schon nach dem zweiten Song bittet The Kid Laroi die Leute, einen Moshpit zu formen.

Der 18-Jährige teilt mit gebieterischer Hand die Menge in zwei Hälften, dann zählt er an und bei Drei rennen und springen und pogen die beiden Gruppen ineinander hinein. Es ist die helle Freude. Der ganze Laden ein einziges Knäuel. Gut, normalerweise kommt sowas aus dem Publikum selbst. Auf der Bühne steht ein Kameramann und filmt die ganze Aktion, es drängt sich der Verdacht auf, dass all das nur schöne Bilder liefern soll für das nächste Video von The Kid Laroi. Aber sei es drum, der Laden bebt jetzt jedenfalls.

Auf der Bühne steht extra ein Sicherheitsmann, der ständig mit seiner Taschenlampe irgendwo hin leuchtet, wenn es an der Stelle zu derbe wird. Bisschen befremdlich, aber vielleicht ganz angemessen. Irgendwann springt sogar The Kid Laroi selbst in die Menge und lässt sich auf den Händen tragen, die Mütze vom Kopf reißen. Die Fans in den ersten Reihen können es kaum fassen und die Securities müssen ordentlich ziehen und zerren, um den Sänger wieder auf die Bühne zu bekommen.

Nackte Oberkörper und Berliner Bier

Zugegeben, wenig später dominieren die Saalmitte völlig aufgedrehte junge Männer mit absurd übertrainierten Brustmuskeln, die sich die Shirts vom Leib reißen und mit nacktem Oberkörper bei jedem Song mindestens zwei Moshpits anzetteln und das ganze wohl eher als Workout betrachten.

Aber alle grinsen und passen auf sich auf, nie wird es aggressiv. Nur dass es in großen Teilen der Popkultur aus Gründen des Respekts wenig angesagt ist, sich den Oberkörper frei zu machen und andere damit zu bedrängen, ist bis in die The-Kid-Laroi-Fancrowd noch nicht vorgedrungen. Wie auch. Sitzt doch das Idol des Abends selbst wenig später ohne Shirt und mit schweißglänzender Haut sehr pathetisch auf der Showtreppe. Naja.

Ansonsten macht er ein paar Ansagen zu deutschem Bier, Restaurants in Berlin und der auch sonst ziemlich coolen Stadt. Fehlen nur noch Autobahn, Lothar Matthäus und dieser Mann mit dem komischen Bart und alle Klischees wären drin gewesen.

Und dann ist da noch die Musik

Ach so, vielleicht sollte man über die Musik noch was sagen? Viel gibt es da allerdings nicht zu erzählen. R'n'B-HipHop-Mainstream. Egale Musik macht The Kid Laroi. Hatte schon Features mit Justin Bieber und Miley Cyrus. Ein Chart-Radio-Künstler.

An diesem Abend steht außer ihm noch ein Back-up-Sänger mit auf der Bühne, der zwischendurch auf einem zwei Meter hohen Podest so tut, als würde er an Mischpultknöpfen drehen und Schalter schieben.

Schwer zu sagen, was vom Gesang live ist, oder, formulieren wir es so, seine Stimme sei total angeschlagen, sagt The Kid Laroi in einer Ansage, aber trotzdem klingt alles perfekt. Ist bei dem Sound eigentlich auch egal, ob live oder nicht. Die Kids und er haben eine grandiose, atemlose 70 Minuten lange Party gefeiert. Das reicht doch.

Sendung: rbb24 Inforadio, 15.07.2022, 07:50 Uhr

Nächster Artikel