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Audio: Radioeins | 17.03.2023 | Düzen Tekkal | Quelle: akg-images

Märzrevolution 1848

Zwei Schüsse bringen das Pulverfass zur Explosion

Vor 175 Jahren forderten Zehntausende Mitspracherecht für das Volk. Soldaten unterdrückten die Versammlung mit Waffengewalt. Hunderte starben in den Kämpfen. Ein Blick zurück auf die Märzrevolution 1848 in Berlin.

Vor dem Berliner Schloss haben sich am 18. März 1848 mehr als 10.000 Menschen versammelt. Sie wollen Pressefreiheit, sie wollen eine Verfassung, sie wollen einen deutschen Bundesstaat mit Volksvertretung.

Die zunächst friedliche Versammlung entwickelt sich wenig später zu blutigen Barrikadenkämpfen bei denen Hunderte Menschen sterben. In diesem Jahr jährt sich das Gedenken zum 175. Mal.

Interview | Pop-Art-Künstler Jim Avignon

Auf den Spuren der Berliner Märzrevolutionäre

Das Wochenende in Berlin wird revolutionär anlässlich des 175. Jahrestags der Märzrevolution. Interessierte können auf den Spuren der Revolution wandeln. Der Künstler Jim Avignon hat sich an der Gestaltung beteiligt.

Auf dem Vorplatz des Schlosses vor 175 Jahren bleibt es erstmal ruhig. Mehr noch, die Forderungen scheinen sogar Wirkung zu zeigen: Der preußische König Friedrich Wilhelm IV. gibt scheinbar nach. Als er auf dem Balkon des Schlosses erscheint, bricht Jubel aus. Der Staatsminister Ernst von Bodelschwingh verliest die Reformankündigungen. Unter anderem soll nach dem Willen des Königs "eine Konstitution auf der freisinnigsten Grundlage alle deutschen Länder" umfassen.

Ein Augenzeuge berichtet: "Man gratulierte sich, dass der große Tag der Freiheit und der Wiedergeburt auch für Preußen hereingebrochen sei, glorreich hereingebrochen, ohne Blutvergießen."

Immer mehr Bürger strömen hinzu, Gedränge vor dem Schlossportal entsteht, der König wird nervös. Er befiehlt, "den Schlossplatz zu säubern", doch nur "mit eingesteckter Waffe".

Quelle: akg-images

Blutige Barrikadenkämpfe entflammen

Nicht alle Soldaten befolgen diesen Befehl - einige ziehen ihre Säbel, es kommt zu Lärm und Tumulten. Plötzlich fallen zwei Schüsse. Niemand wird getroffen, doch der Funke bringt das Pulverfass zur Explosion.

Es beginnt ein blutiger Kampf. Am Ende sind 288 Männer, elf Frauen und vier Kinder tot, mehr als 600 verwundet. Der König hat in der Nacht den Befehl zum Rückzug gegeben.

Infobox

Am folgenden Tag bringen die Revolutionäre die Toten in den Schlosshof. Als der König erscheint, werden Rufe laut: "Mütze ab!" Friedrich Wilhelm IV. ist genötigt, den Gefallenen die Ehre zu erweisen.

Die Märzrevolution war keine rein bürgerliche Bewegung. Die meisten Barrikadenkämpfer gehörten der Unterschicht an: Handwerksgesellen, Industriearbeiter und Schüler. Sie wollten nicht nur die "klassischen Forderungen der bürgerlichen Opposition erzwingen", wie der Historiker Rüdiger Hachtman erklärt, sondern stellten auch soziale Forderungen wie höhere Löhne. Außerdem waren die Revolutionäre jung, 37 Prozent der Märzgefallenen oder Gefangenen unter 25, nur 18 Prozent mehr als 40 Jahre alt.

Neue Verfassung wird geschrieben

Zwei Tage nach den Kämpfen reitet König Friedrich Wilhelm IV. mit einer schwarz-rot-goldfarbenen Armbinde durch die Stadt. Die Farben der Revolution sollen zeigen: Die nationale Einheit, eine Forderung der Liberalen, sei königlicher Wunsch und Wille. Preußen, so erklärt der Monarch, "geht fortan in Deutschland auf".

Als im Mai in Berlin eine preußische Nationalversammlung zusammentritt, sind in ihr die liberalen Abgeordneten in der Mehrheit. Eine neue Verfassung soll unter anderem die Vorrechte des Adels aufheben. Liberale Minister leiten Reformen ein. Doch die adligen Großgrundbesitzer stemmen sich dagegen. Gleichzeitig versammeln sich am 18. Mai 1848 in der Frankfurter Paulskirche die Mitglieder des ersten gesamtdeutschen Parlaments, um über eine freiheitliche Verfassung und die Bildung eines deutschen Nationalstaats zu beraten.

Quelle: akg

Folgen der Märzrevolution Grundlage für Demokratie

Friedrich Wilhelm IV. schwankte zwischen Nachgeben und Durchgreifen. Nach seinem Ritt durch Berlin mit den Nationalfarben Schwarz-Rot-Gold schrieb er an seinen Bruder: "Die Reichsfarben musste ich gestern freiwillig aufstecken, um Alles zu retten. Ist der Wurf gelungen ( ), so lege ich sie wieder ab!"

Dazu kam es schon bald. Er wies die Kaiserkrone zurück, die ihm 1849 von einer Abordnung der Nationalversammlung der Frankfurter Paulskirche angeboten wurde. Die dort erarbeitete Verfassung sah eine konstitutionelle Monarchie mit Parlament und erblichem Kaisertum vor. Es war dem Monarchen unerträglich, von der Souveränität des Volkes abhängig zu sein.

Die von der Paulskirchenversammlung verabschiedete Verfassung des Deutschen Reiches trat nicht in Kraft. Aber sie war Vorbild für spätere Verfassungen und Grundlage für den Parlamentarismus in Deutschland.

Sendung: rbb24 Inforadio, 17.03.2023, 17:00 Uhr

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