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Video: rbb24 Brandenburg aktuell | 03.04.2024 | Jacqueline Piwon | Quelle: imago images/DRSG98

Bauprojekt in Potsdam-Mittelmark

Im Schatten der Beelitzer Heilstätten

Beelitz-Heilstätten ist bekannt für die alte Lungenheilanstalt und den morbiden Charme. Deshalb treibt es auch Fotografen dorthin. Viele Objekte werden aber saniert, zudem entstehen Neubauten. Der Ort verändert sich. Von J. Piwon und P. Rother

Riesige Sanatoriumsgebäude, verfallende Villen und Krankenhaus-Pavillons - eine denkmalgeschützte Ruinenlandschaft steht mitten im Kiefernwald. Die Gebäude sind prägend für den Ort Beelitz-Heilstätten (Potsdam-Mittelmark). Viele Jahre standen sie leer und zerfielen - über Jahrzehnte hat sich die Natur die maroden Ruinen zurückerobert.

Teile des riesigen Areals verändern sich seit einigen Jahren jedoch rasant. Einerseits werden Hunderte Wohnungen und Häuser gebaut, anderseits werden die historischen Gebäude saniert und renoviert.

Investor: Sanierung allein nicht finanzierbar

Auch neben dem Bahnhof von Beelitz-Heilstätten wird auf 63 Hektar ein neues Quartier erschlossen. Auf dem Gelände steht das ehemalige Männersanatorium mit zahlreichen historischen Gebäuden am Waldrand sowie ein Blockheizkraftwerk und ein Wasserturm. Hinter dem Mammutprojekt steckt Immobilienentwickler Jan Kretzschmar aus Potsdam. Dem Bauingenieur liegen die besonderen Gebäude der Beelitzer Heilstätten am Herzen, doch die Sanierung wäre allein nicht finanzierbar gewesen.

"Es ist natürlich so, dass die Sanierung der alten Bauten wirklich sehr, sehr viel Geld kostet - viel, viel mehr als ein Neubau", erklärt der Investor aus Potsdam: "Wenn man ein einfaches Dach von einem Gebäude – gar nicht das größte – saniert, dann sind einfach mal sechs Millionen Euro weg, ohne dass man es sieht." Das müsse irgendwie refinanziert werden.

Daher wird im "Quadrant C" des Ortes im Schatten der historischen Bestandsgebäude der ehemaligen Lungenheilstätte ohne Ende gebaut. Es entstehen im Rahmen des ersten Bauabschnitts 250 Wohnungen in Mehrfamilienhäusern und rund 400 Einfamilien-, Reihen- und Doppelhäuser. Durch den Verkauf und die Vermietung der Neubauten kommt Geld für die aufwändige Sanierung rein. Kretzschmars Immobiliengruppe entwickelt in Heilstätten aber auch Infrastruktur wie Kita, Schule, Supermarkt, Bäcker und Ärztehaus. Es seien schon Strukturen vorzufinden, so der Investor. Die Menschen müssten nicht Jahre oder Jahrzehnte darauf warten.

Sanierte Altbauten in Beelitz-Heilstätten | Quelle: imago images

Beelitz-Heilstätten wird zum Ortsteil der Stadt Beelitz

Siegfried Rieger fährt wöchentlich mit dem Rad durch das neue Quartier. Der 81-Jährige ist ein Alteingesessener: "Mein Vater war hier 17 Jahre Chef in der Waschküche", berichtet der Rentner. Für ihn steckt viel persönliche Geschichte in den alten Bauten: "Mein Herz hängt an der Heilstätte und dass sie jetzt wieder saniert sind oder werden - das ist super."

Aber nicht alle stehen dem Projekt positiv gegenüber. Manche stört der Baulärm. Zudem sind die Straßen morgens und abends, wenn die Menschen zur Arbeit pendeln, überlastet. Im Vorfeld der Bauarbeiten ist kritisiert worden, dass viele Bäume für die Neubauten weichen mussten. "Wir wussten, dass wir in die Landschaft eingreifen müssen", erklärt der Bürgermeister der Stadt Beelitz Bernhard Knuth (parteilos) im Gespräch mit dem rbb rbbrückblickend: "Sicherlich hat dem ein oder anderen ein bisschen das Herz geblutet."

"Es gab natürlich Bedenken, aber die hielten sich in Grenzen. Ich glaube, in der Stadt und bei der Einwohnerschaft überwiegt die Freude, denn die alte Bausubstanz bleibt ja erhalten", so Knuth weiter. Auch die Stadt habe sich immer gewünscht, dass "dieses einzigartige Ensemble" wiederbelebt wird. "Das passiert jetzt", erklärt der Bürgermeister.

Mittlerweile wächst der Ort massiv, auch andere Gebiete werden erschlossen und bebaut. Die Einwohnerzahl soll von 500 auf 4.000 anwachsen. Ende März wurde Beelitz-Heilstätten deshalb offiziell zum eigenen Ortsteil der Stadt Beelitz.

Blockheizkraftwerk und Wasserturm | Quelle: imago images/B.Seifert

Gebäude verwitterten nach 1994

Die Sanatorien von Beelitz-Heilstätten wurden 1902 eröffnet - sie waren der groß angelegte Versuch, die Volksseuche Tuberkulose einzudämmen. Zu jener Zeit war sie in der nahen Metropole Berlin Todesursache Nummer eins. Die Krankenhausstadt Beelitz-Heilstätten war eines der bekanntesten Lungensanatorien des Deutschen Reiches, Lazarett in zwei Weltkriegen und später sowjetisches Militärhospital. Seitdem 1994 die Sowjetische Armee das Gelände verlassen hat, sind die Gebäude dem Vandalismus preisgegeben, Nässe und Kälte tun ihr Übriges. "Alles war nass, alles war feucht", erinnerte sich Kretzschmar. In die Gebäude habe es jahrelang reingeregnet.

"Der Investor ist mit einem Konzept gekommen und hat nicht nur einzelne Sanierungen vorgestellt, sondern wirklich die Entwicklung eines Ostteils vorgestellt", so Knuth. Mittlerweile steht im Quartier neben dem Bahnhof ein Drittel der geplanten Gebäude. Eine 50 Quadratmeter große Eigentumswohnung kostet 220.000 Euro, für vier Zimmer müssen 450.000 Euro und mehr gezahlt werden. Eine Wohnung im Altbau, beispielsweise im sanierten Gästehaus mit circa 64 Quadratmetern und zwei Zimmern, wird für eine Warmmiete von 1.050 Euro angeboten. "Wir sind weit preiswerter, als das in Potsdam möglich wäre - oder eben in Berlin", so Kretzschmar.

Es zieht vor allem Familien aus Berlin und Potsdam nach Beelitz-Heilstätten. Im Sommer soll ein japanisches Restaurant im historischen Heizwerk eröffnen. Dann ist das nächste historische Gebäude wieder in Benutzung.

Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 03.04.2024, 19:30 Uhr

Beitrag von Jacqueline Piwon und Philipp Rother

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