Vom Prestige- zum Nostalgieobjekt - Humboldtforum zeigt Sonderausstellung über Palast der Republik
30 Jahre galt der Palast der Republik als DDR-Prestigeobjekt. Nach dem Abriss 2008 wurde an der Stelle das Berliner Stadtschloss errichtet. Eine Sonderausstellung ab Freitag widmet sich nun der Geschichte des Palastes und der Zeit nach der Wende. Von Andrea Handels
Der Palast der Republik wurde 2008 gegen viele Widerstände nach einem Beschluss des Bundestags abgerissen. An seiner Stelle wurde bekanntlich eine (Teil-)Rekonstruktion des Berliner Schlosses errichtet, in die dann das Humboldtforum einzog. Jetzt widmet das Humboldtforum dem Palast der Republik einen ganzjährigen Themenschwerpunkt. Höhepunkt ist die Sonderausstellung "Hin und weg – Der Palast der Republik ist Gegenwart", die bis Februar nächsten Jahres im Erdgeschoss zu sehen ist.
Original-Objekte aus dem Palast und viele zeitgeschichtliche Dokumente
Fragmente der berühmten "Gläsernen Blume", die sonst im Depot des Deutsche Historischen Museums lagern, das Rednerpult aus dem Volkskammersaal, Teile eines floralen Wandreliefs aus dem Palastrestaurant sind nur einige der originalen Objekte aus dem Palast der Republik in der Ausstellung. Ein Drittel der Stücke stammt aus privaten Sammlungen, ein Drittel von öffentlichen Leihgebern, der Rest aus den Beständen des Humboldtforums selbst. Mit dabei auch Porzellan, Stühle, Arbeitskleidung sowie Gemälde wie Willi Sittes "Rote Fahne – Kampf Leid und Sieg" aus der Palast-Galerie.
Doch es ist keine reine Nostalgie-Schau, die in den beiden großen Räumen auf insgesamt 1.300 Quadratmetern zu sehen ist. Die Objekte werden flankiert von jeder Menge Informationen: historischen Videos auf großen Screens, Plakaten, Fotos, Texten zu den politischen Entwicklungen, die zum Bau des Palastes führten, was darin alles stattfand von der Volkskammer bis zur Kulturstätte, wie nach der Wende zunächst die freie Volkskammer der DDR einzog, anschließend Teilabriss und Zwischennutzung.
Man sieht zum Beispiel auf einem Video wie rbb-Reporter Uli Zelle sich auf einem Boot durch das geflutete Gebäude schippern lässt. Dann die Proteste gegen den Abriss und schließlich der Abriss selbst.
Persönliche Geschichten auf der "Insel der Erinnerungen"
Im Mittelpunkt stehen persönliche Erinnerungen von Zeitzeug:innen. Das kuratorische Team hat zahlreiche Interviews geführt – mit Prominenten wie Sabine Bergmann-Pohl, die 1990 der ersten frei gewählten Volkskammer der DDR für ein halbes Jahr als Präsidentin vorstand. Sie war damals sehr gegen den Abriss, hätte sich eine Sanierung, einen Umbau gewünscht, hat aber inzwischen damit ihren Frieden gemacht, wie sie sagt.
Aber es kommen auch Menschen zu Wort, die noch nie dazu zu hören waren, die jahrzehntelang zum Beispiel im Palast-Restaurant gearbeitet haben oder einfache Besucher:innen. Auf einer der "Insel der Erinnerungen", mitten im zweiten Raum kann man ihre Biographien lesen und anhören, was sie zum Palast der Republik zu erzählen haben.
Die Kritiker haben sich schon gemeldet
Vielstimmig, divers und partizipativ will das Humboldtforum sein. Logisch, dass auch die Ausstellungsbesucherinnen und -besucher zu Wort kommen sollen. An mehreren Stellen werden sie aufgefordert, ihre Meinung zu hinterlassen: "Was denken Sie, hätte der Palast der Republik weiter genutzt werden sollen?" Eine Wand aus glänzender Bronzepappe ist sogar ganz für Kommentare reserviert. "Was ist wichtig zu erinnern?", so die Frage. Auf die Kommentare darf man gespannt sein.
Zumal sich schon eine Gruppe um den Architekten Philipp Oswalt und den früheren Berliner Kultursenator Thomas Flierl zu Wort gemeldet hat, die die Ausstellung als "Zynismus" bezeichnet. Sie sei "ein fadenscheiniges Feigenblatt, solange es nicht zu einer Korrektur der äußeren Erscheinung des Bauwerks kommt". Allerdings – wo, wenn nicht an diesem Ort, sollte eine Ausstellung über die kontroverse Geschichte des Palastes der Republik richtig sein? Mit den Anhängern von Glanz und Gloria des Preußentums macht sich die Ausstellung jedenfalls an keiner Stelle gemein. Vielmehr werden hier die historischen Entwicklungen mit kritischer und wissenschaftlicher Distanz präsentiert und vor allem viele Fragen gestellt.
Sendung: rbb24 Inforadio, 16.05.2024, 07:55 Uhr