Wenn der Zahn nicht mehr will, kommt die Zange zum Einsatz. Das galt früher, heute arbeitet die Zahnmedizin minimalinvasiv, wobei die deutschen akademischen Wurzeln dieses Zweigs in Berlin liegen. Weihnachten erinnern wir uns daran gern, wenn wir bei der Gans auf den Knochen beißen.
24 kleine Geschichten über die großen Errungenschaften und kleinen Niederlagen der Brandenburger und Berliner in Sachen "Essen und Trinken". Alle Türchen auf einen Blick finden Sie hier.
Der Zahn und der Drops - nie werden die beiden Freunde. Sie sind Rivalen, die sich einfach nicht auf Augenhöhe begegnen können. Weihnachten ist dabei so eine Art Showdown, denn in diesen Tagen der ungesunden Völlerei steigen beide in den Ring, als gäbe es nach Weihnachten nichts mehr zu knacken: Die zahnfeindlich Verbündeten des Drops sind dabei der Karamelbonbon, der Bratenknochen und die versehentlich im Adventsgebäck gelandete Nussschale. Zwar liefern die landeskassenzahnärztlichen Vereinigungen Deutschlands keine Statistiken über Zahnopfer der Festessen und Süßknabberei, doch gefühlt kennt fast jeder Beispiele von weihnachtlichem Zahnnotstand.
Solche Zahnprobleme während der Feiertage sind fast immer Notfälle. Die Leute sind Weihnachten oft unterwegs zur Familie und vielleicht nicht in der Nähe ihres Wohnortzahnarztes. Und sie wünschen sich natürlich dann auch noch besonders sehnsüchtig schnelle Heilung, um sich so schnell wieder ertüchtigen zu lassen für die nächste Bratenrunde oder Kuchenorgie. Hinzu kommt, dass die Praxen sich im Feiertags- und Jahresendbetrieb befinden und so bleibt meist ganz einfach der kassenzahnärztliche Notdienst für die Zahnheilung.
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Angst vor dem Hilfseingriff auf fremdem Praxisstuhl
Während man normalerweise bei seinem Zahnarzt aufgrund von Routinen mit fast schon gewohnheitsmäßigen kleinen und größeren Checks und Reparaturen eine Art Werkstattdurchlauf absolviert, ist mit dem Gang zum Notarzt dann meist doch das Gefühl des Hilfseingriffs verbunden. Feiertagszahnprobleme sind eine gefühlige Sache.
Dabei ist die Zahnbehandlung gerade in Berlin eine so hervorragend tradierte und gründlichst beforschte Ureinrichtung. Vor fast 140 Jahren, im Jahr 1884, wurde in der Stadt das deutschlandweit erste universitätszugehörige zahnärztliche Instituts gegründet. Sein erster Sitz lag in der alten Friedrichstadt in der Dorotheenstraße, später wurde es größer und zog mit seinen Lehreinrichtungen, Zahnwerkstätten und Operationsräumen in die Invalidenstraße und sitzt heute im Wilmersdorfer Süden.
Die Zahnzange im Museum
Erst wenige Jahre zuvor war die Zahnmedizin in Deutschland auch in vollem Umfang in die Akademie integriert worden, als man für sie das universitäe Zahnmedizinstudium als Berufsvoraussetzung verfügte. 1890 wurde die Promotion zum Doktor der Zahnheilkunde in Deutschland eingeführt. Es gab Kongresse und akademische Grenzziehungen und schwere Vorwürfe gegen all jene, die auch an Zähnen von Kunden rumdoktern und natürlich dafür kassieren wollten, etwa Friseure oder ländliche Gastwirte oder Tierärzte. Und die Akademie bemühte sich um eine Geschichtsschreibung für die neue Wissenschaft.
Auffällig ist bis heute, dass es in den historischen Sammlungen der Zahnmedizin lange fast nur um die Zahnreparatur ging. Hinzu kommt, das sich die anfängliche Skepsis der Akademie gegenüber der Zahnmedizin auch lange in nur sehr dürftigen Sammlungen von historischen Gegenständen und Dokumente der Zahnheilkunde äußerte. So waren Mitte der 1980er Jahre rund 90 Prozent der erworbenen historischen Sammlungsgegenstände der akademischen Zahnheilkunde der Charité nicht mehr vorhanden.
Mittlerweile aber gehört zum medizinhistorischen Museum der Berliner Charité auch eine umfangreiche zahnmedizinhistorische Sammlung. Ähnlich wie viele Zahnarztpraxen aber ist auch die Sammlung rund um die Weihnachtsfeiertage und Silvester geschlossen. Immerhin: Für drei Tage zwischen den Feiertagen kann man sich dort ansehen, welche Zange früher zum Einsatz gekommen wäre, wenn der Backenzahn zur Hälfte im knusprigen Flügelknorpel der Gans stecken geblieben wäre.