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Quelle: dpa/K. Krämer

Der Absacker

Ein kleines bisschen Erleichterung für die Eltern

Am Dienstag ist im großen Regelkatalog ein kleiner Absatz fast untergegangen. Für Eltern in Berlin könnte er ein bisschen Selbsthilfe ermöglichen und das Aufeinanderhocken in der Wohnung reduzieren. Schwierig bleibt es trotzdem. Von Haluka Maier-Borst

Das kurze Radeln heute durch den Kiez fühlte sich unwirklich an. Und das weil alles war wie immer. Geschäfte, die offen haben, Treiben auf der Straße. Als wäre nichts gewesen. Die Sorgen, die ich angesichts dieser zahlreichen Lockerungen habe, hatte ich gestern schon erwähnt. Doch in dem ganzen Wust an Lockerungen ist eine wichtige Kleinigkeit untergegangen.

1. Was vom Tag bleibt

Während alle von der Maskenpflicht im ÖPNV sprachen und inzwischen Brandenburg sogar noch strengere Maskenregeln plant, gibt es eine wichtige Änderung für Berliner Eltern. Sie dürfen sich gegenseitig bei der Kinderbetreuung helfen. Der entscheidende Teil in den Verodnungen ist gerade einmal ein Satz lang. "Private, insbesondere nachbarschaftlich organisierte Betreuungshilfe für bis zu drei Kinder ist zulässig."[berlin.de]  Es bedeutet aber: Zumindest ein bisschen Hilfe zur Selbsthilfe ist möglich.

Die Aussage vom Regierenden Bürgermeister Michael Müller (SPD), dass Kitas "deutlich vor August" öffnen sollen, ist dennoch nur ein schwacher Trost für überforderte Eltern. Das sind noch drei lange Monate, die bevorstehen.

2. Abschalten.

Beeindruckend ist, was ZDF Neo auf die Beine gestellt hat [zdf.de]. "Drinnen - Im Internet sind alle gleich" ist eine Serie, die pro Folge rund zehn Minuten dauert und sich mit dem auseinandersetzt, was viele uns gerade durchmachen. Den Wahnsinn des Home-Offices während der Pandemie. Nicht alles ist brilliant, aber alleine der Faktor des Nachempfindens macht das Ganze für mich sehr sympathisch.

Wer ich bin

Großstadtchaos statt Alpenpanorama, Brandenburger Seen statt britisches Meer. Haluka Maier-Borst war schon an ein paar Orten und hat immer die falsch-richtige Wahl getroffen. Für Berlin. Jetzt sitzt er im Wedding - und mehr oder weniger fest. Denn nach einer Reise in die Schweiz war er zunächst für zwei Wochen in Heimquarantäne. Und jetzt hält er sich natürlich auch an das Kontaktverbot. Jeden Tag gegen acht genehmigt er sich einen Absacker und eine kleine Pause von der Nachrichtenlage.

3. Und, wie geht's?

Heute sind Sie dran. Die Zuschrift kommt von Wiebke und sie setzt sich auch genau mit dem Lagerkoller von Familien auseinander:

Ich mache mir Sorgen um die Kinder. Nicht um die Kinder der Familien mit Garten und netten Nachbarn. Sondern die Kinder, deren Eltern sie schon vor Corona den ganzen Tag vor das Tablet gesetzt haben. Die Kinder, die motorisch hyperaktiv sind, quengeln und nichts dürfen sollen.

Bei denen die Nachbarn weghören, wenn es lauten Streit gibt, weil man ja nie weiß, auf den man noch angewiesen sein könnte. Die deren Familienhilfe ausgesetzt wurde. Die, die nun Angst, Ärger, Wut und Enttäuschung der Eltern gegen sich gerichtet erleben und ohne regulierende Kita verbleiben.

Morgen schreiben wir wieder darüber, was uns durch den Kopf geht. Aber schreiben Sie uns bitte weiterhin Ihre Gedanken und Erlebnisse an: haluka.maier-borst@rbb-online.de

4. Ein weites Feld...

Manchmal ist es ganz gut, dass man nicht weiß, was auf einen zukommt. Weil es dann doch irgendwie wird, weil man sich durchschlägt.

Als ich während meines Studiums beschlossen hatte, in Chile ein paar Monate zu arbeiten, saß ich kurz davor bei meinem Vater zu Hause. Ich habe mexikanische Halbgeschwister und wollte ein paar Worte mit den Kurzen auf Spanisch wechseln – und wurde links liegen gelassen. Zu langsam, zu unverständlich, sagten meine Geschwister. Zack, waren sie weg und ich alleine am Essenstisch mit meinem Vater. Der fragte: "Ab wann bist du drüben?". Ich: "In drei Wochen." Er: "Joa. Mutig."

Am Ende wurden es einige der schönsten Monate in meinem Leben, wenngleich ich am Flughafen kaum dem Taxifahrer erklären konnte, wo ich hin musste.

Mit dieser Kolumne ist es ähnlich. Ich weiß manchmal nicht, was ich hier tue. Mein einer Chef hat zuletzt zugegeben, dass er anfangs rechte Bauchschmerzen mit diesem Experiment hatte. Ich hoffe, sie sind inzwischen nicht allzu dolle bei ihm. Aber vielleicht ist das ein wenig die Haltung, die wir gerade brauchen. Wir wissen nicht, was da kommt, aber wir müssen uns halt durchschlagen. Hilft ja nix.

Bis morgen, bleiben Sie drinnen und Prost, sagt

Haluka Maier-Borst

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