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Interview | Betreiberin einer Covid-19-Schwerpunktpraxis

"Ärzte müssen wieder dafür bezahlt werden, dass sie die Abstriche machen"

Die Schlangen vor den Covid-19-Schwerpunktpraxen nehmen kein Ende. Mit der Omikron-Welle nimmt auch der Bedarf an PCR-Tests wieder zu. Damit mehr Ärzte testen, fordert die Neuköllner Ärztin Sibylle Katzenstein, das begrenzte Ärzte-Budget für Tests anzuheben.

Die Sieben-Tage-Inzidenz in Neukölln liegt bei über 1.100. Woran merken Sie das in Ihrer Praxis?

Die Situation ist so, dass kranke Patienten zum wiederholten Mal in langen Schlangen vor der Praxis stehen und sich testen lassen möchten und wir am Rande der Kapazität versuchen, diesem Wunsch nachzukommen. Und ich finde es ja auch wichtig, dass Patienten wissen, ob sie nun Covid-19 haben oder nicht - nicht weil ich mir einbilde, dass die Gesundheitsämter hinterherkommen, sondern damit die Patienten wissen, wie sie sich verhalten sollen.

Bei Ihnen wird durchs Fenster getestet. Menschen kommen da mit den typischen Covid-19-Symptomen. Wie managen Sie das, wenn die Schlange vor dem Fenster länger und länger wird?

Da ist halt relativ viel Unmut in der Schlange. Ich habe ein oder zwei Personen nur dafür abgestellt, irgendwie Informationen an die Patienten auszugeben. Das heißt, sie sind draußen und informieren, warum wir jetzt Kinder vorziehen und warum wir jetzt ältere Menschen vorziehen. Und ansonsten ist es wirklich anstrengend. Gestern war ich zwölf Stunden in der Praxis und habe irgendwie versucht, meinem Personal zur Seite zu stehen.

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Die Gesundheitssenatorin Ulrike Gote (Grüne) will bei den senatseigenen PCR-Testzentren, wo ohne Symptome getestet wird, jetzt die Öffnungszeiten verlängern und versuchen, mehr Personal einzusetzen. Sie sagt aber auch, es gebe gerade deutschlandweit nicht genug Tests. Die Laborkapazitäten sind auch fast ausgereizt. Was haben Sie als Grund für diesen Mangel ausgemacht?

Ich befürchte, dass es daran liegt, dass Ärzte budgetiert worden sind mit den Testungen. Das heißt, es wird nur bis zu einer bestimmten Grenze bezahlt und diese Grenze dürfte dann sehr schnell erreicht sein bei diesem Ansturm, sodass viele Ärzte sich da einfach rausgezogen haben.

Ich muss auch sagen, dass die ganze Kapazität jetzt in die Testungen reingeht, das kann es eigentlich nicht sein. Ich habe mir eben den Spaß gemacht, auf Doctolib mal zu gucken, welche Termine es in Neukölln gibt - die gibt es eben schlichtweg nicht. Der 2. März war bei einem Arzt frei.

Wenn man nun akut krank ist, dann muss man es ja sofort wissen bei dieser Erkrankung, um andere Menschen vor Ansteckung zu schützen. Da nützt es halt nichts, wenn die Ärzte nicht mehr dafür bezahlt werden.

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Was wäre denn eine Lösung? Vielleicht bei PCR-Tests noch stärker zu priorisieren - also Tests nur noch für vulnerable Gruppen oder bestimmte Berufe anzubieten? Machen Sie das vielleicht sogar schon?

Nein. Wie soll ich denn beurteilen, wer da vulnerabel ist, wenn da eine lange Schlange von mehreren Hundert Metern ist? Ich kenne ja die Vorgeschichte der Patienten nicht unbedingt. Das heißt, die kenne ich erst in dem Moment, wo sie dann wirklich angekommen sind und ihren Anamnesebogen abgegeben haben.

Man könnte sich natürlich dazu entscheiden, den Weg wie Israel zu gehen und es einfach laufen zu lassen. Was mich jetzt ein bisschen hoffnungsvoll stimmt ist, dass ich wirklich keine schweren Verläufe mehr sehe. Es ist nicht wie in der zweiten Welle, dass man immer wieder auch Menschen hat, die in der Schlange zusammenbrechen oder die ich ins Krankenhaus einweisen muss, weil sie offensichtliche Anzeichen einer Lungenentzündung haben. Mir scheint es wirklich so zu sein, dass es eine deutlich gutartigere Variante ist und ich hoffe, dass das jetzt zu einer Durchimmunisierung der Bevölkerung führt und wir im nächsten Winter nicht wieder in dieser Situation sind. Aber für diesen Winter brauchen wir natürlich eine andere Lösung.

Welche Erwartungen haben Sie an die Gesundheitsverwaltung?

Ich denke, es wäre ganz einfach. Die Ärzte müssen wieder dafür bezahlt werden, dass sie die Abstriche machen. Das heißt, es muss außerhalb des Budgets laufen und dann wird es wieder das Angebot geben - und zwar von heute auf morgen.

Sendung: radioeins, 13.01.2022, 06:40 Uhr

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