Brandenburg erarbeitet Hitzeaktionsplan - Wenn die 30-Grad-Tage offiziell geregelt werden

Di 19.07.22 | 06:11 Uhr
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Symbolbild: Eine Frau an einem Springbrunnen. (Quelle: dpa)
Video: rbb24 Brandenburg aktuell | 18.07.2022 | Hanno Christ | Bild: dpa

Wenn die Sonne brütet, wird es besonders für ältere oder vorerkrankte Menschen gefährlich. Brandenburg will mit einem sogenannten Hitzeaktionsplan gegensteuern. Doch der kommt frühestens Ende des Jahres. Von Karsten Steinmetz

rbb24 spezial: "Heiße Tage in Berlin und Brandenburg" um 20:15 Uhr

Wenn Fritz Reusswig vom Potsdamer Institut für Klimafolgenforschung über Hitze sprechen möchte, sucht er sich dafür am liebsten den Platz vor dem Mercure-Hotel in der Potsdamer Innenstadt aus. Er ist für Reusswig ein Parade-Beispiel für eine Betonwüste, für die Versiegelung von Innenstädten.

"Der Platz reflektiert die Hitze, lässt den Regen nicht durch und sorgt dafür, dass es auch nachts hier nicht richtig abkühlt", kritisiert Reusswig. Seiner Ansicht nach müsste der Platz umgestaltet werden – mit mehr Grün und mehr Durchlässigkeit für Wasser, damit alle mit der Hitze künftig halbwegs zurechtkommen.

Hitzeaktionsplan soll an 30-Grad-Tagen greifen

Seine Ideen kann Reusswig direkt in den Brandenburger Hitzeaktionsplan einbringen. Der Klimafolgenforscher ist Teil des Gremiums, das an der Erstellung arbeitet. Wenn absehbar ist, dass ein besonders heißer Tag bevorsteht und die 30-Grad-Marke überschritten wird, so Reusswig, sollen konkrete Maßnahmen eingeleitet werden.

"Der Ablaufplan in der Kita könnte dann umgestellt werden", erzählt Reusswig. In Pflegeheimen sollen Bewohner dann in besonders kühle Räume umziehen, das Personal in Krankenhäusern müsste darauf achten, Medikamente noch kühler zu lagern als normalerweise. "Das wären Akutmaßnahmen, die wir tagesaktuell ergreifen könnten."

Langfristig sollen unter anderem Pflegeeinrichtungen mit Belüftungssystemen und Thermoverglasungen ausgestattet werden. Im Freien sollen mehr Bäume für Schatten sorgen und weniger Betonwüsten wie vor dem Potsdamer Mercure-Hotel entstehen.

Empfehlung bereits vor fünf Jahren

Mehr als 100 Menschen sind in Brandenburg im vergangenen Jahr an den Folgen von extremer Hitze gestorben - mehr als doppelt so viele wie im Durchschnitt der Jahre 1986 bis 2020.

Der Hitzeaktionsplan ist deshalb auch für Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher (Grüne) dringend notwendig, wie sie sagt. Für Nonnemacher geht es darum, "Todesfälle und schwere Erkrankungen künftig zu verhindern", sagt sie. Konkret will die Gesundheitsministerin auf den Hitzeaktionsplan noch nicht eingehen. Bisher, betont die Grünen-Politikerin, habe es ja nur "mehrere Experten-Workshops" gegeben.

Ein Neubau des Potsdamer Institutes für Klimafolgenforschung (PIK) auf dem Telegrafenberg in Potsdam (Brandenburg). (Quelle: dpa/Ralf Hirschberger)
Der Neubau des Potsdamer Institutes für Klimafolgenforschung (PIK) auf dem Telegrafenberg in Potsdam. | Bild: dpa/Ralf Hirschberger

Im Laufe dieses Jahres, hofft Nonnemacher, soll der Hitzeaktionsplan fertig sein. Brandenburg wäre damit wahrscheinlich immer noch ganz weit vorne und das erste Flächenland in Deutschland mit so einem planmäßigen Vorgehen gegen Hitzewelllen.

Ein Grund zur Freude ist das für Fritz Reusswig aber nicht. Schon 2017 habe eine Bund-Länder-Arbeitsgemeinschaft empfohlen, einen Hitzeaktionsplan zu erstellen, sagt der Klimafolgenforscher. Das hätte schon in den heißen Sommern 2018 und 2019 helfen können, und eben auch jetzt. "Aber besser spät als nie."

Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 18.07.2022, 19:30 Uhr

 

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20 Kommentare

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  1. 20.

    Der gemeine Brandenburger wartet sicher schon sehnsüchtig auf die Protokollergebnisse der Expertengruppe des Hitzeaktionsplans. Ach nein, nicht alle, ein paar haben sich ihren gesunden Menschenverstand bewahrt und tun einfach so, ohne schlaue Tips 'von oben', was richtig ist und brauchen auch keine Brennpunktsendung.

  2. 18.

    Naja - wer heiße Sommertage nicht von nicht normaler Hitze wegen eines gewissen Klimawandels unterscheiden kann, dem erschließt sich das Thema auch nicht unbedingt.
    Macht aber nix - dagegen kann man was tun - nennt sich bilden. Und wen das und andere Informationen, die man auch mal in einem "Spezial" sehen kann, nicht interessiert - der darf gerne ab- oder umschalten und die Kommentarfunktion auch mal nicht benutzen......
    Fangt an, die kritisierten und negierten Dinge besser zu machen anstatt immer nur den Dreck unter den Fingernägeln der Anderen zu suchen - dann können wir gerne weiterreden.

  3. 17.

    Dann aber bitte schnellstens auch weitere Warnsendungen: Rauchen ist gefährlich, Alkohol tötet, zu viel Sport ist auch ungesund, Arbeit zu ungünstigen Zeiten Nacht krank! Das Leben an sich ist sehr risikobehaftet und endet immer tödlich. *Ironie aus*

  4. 16.

    Müssen muss keineR, keine Sorge, jedeR darf sich bei 40 Grad sonnen und natürlich auch arbeiten. Ich würde das gern vermeiden für mich.

  5. 15.

    Eine solcher Hitzeaktionsplan wird hoffentlich genau das sein: Hinweise geben, wie man mit der Hitze gerade in der Städten besser zurecht kommt. Was man tun kann, dass es gerade in den Innenstädten nicht 40 statt 30 Grad wird.

  6. 14.

    Wie haben frühere Generationen es nur geschafft, Hitzewellen zu überleben? Kann es sein, dass man denen nicht erklären musste, wie man sich bei welchem Wetter am besten verhält?
    Nicht wenige der Hitzetoten gab und gibt es übrigens in Alten- und Pflegeheimen, weil da niemand mehr die Zeit hat, auf ausreichend Flüssigkeitszufuhr bei den alten Menschen zu achten. Ist aber kein Problem der Temperaturen, sondern des Personalmangels.

  7. 13.

    Also, eine Spezialsendung braucht man dafür nicht zu senden.
    Aber irgendwie muss ja der rbb24 was senden für die Gebührengelder.
    So, nun Schluss.
    Es ist Sommer, es ist warm, es wird auch wieder kalt und überhaupt dreht sich die Erde weiter .

    Gruß Toska

  8. 12.

    Danke für Ihren sehr guten Kommentar.
    Ich hatte das nur angesprochen weil in Italien oder Spanien wo es auch sehr warm ist zwischen 13 Uhr und 17 Uhr fast nicht gearbeitet wird.
    Sicher ist das nun nicht die beste Lösung aber eventuell sollten Arbeitgeber bei Hitzewellen in Deutschland doch etwas flexibel reagieren.

  9. 11.

    Mit Sicherheit ist Brb. nicht "ganz weit vorne" mit dem Aufschreiben von... Kann es sein, das andere BL, die sonst "weit vorne" liegen, keine Zeit haben, beim Aufschreiben auch "vorne" zu sein? Wie wichtig ist hier "ein weit vorne"? Angemerkt ist, das dies eine Empfehlung ist. Von wem? Einer Arbeitsgruppe?
    "Der Ablaufplan in der Kita könnte dann umgestellt werden" - auf solche Sätze eines Forschers warten die Kitamitabeiter schon lange? Und weiter "In Pflegeheimen sollen Bewohner dann in besonders kühle Räume umziehen, das Personal in Krankenhäusern müsste darauf achten, Medikamente noch kühler zu lagern als normalerweise. "Das wären Akutmaßnahmen, die wir tagesaktuell ergreifen könnten." - Mehr "könnte" geht wirklich nicht. Und "30 grd offiziell geregelt" ist schon etwas speziell...

  10. 10.

    Och nee, noch ein Aktionsplan... macht doch mal einen wirksamen Aktionsplan für gesunde Ernährung. Weniger versteckte Zucker, Kohlenhydrate und tierische Fette in den Lebensmitteln. Wieviel Tote gibt es denn jährlich durch Bluthochdruck, Übergewicht und Menschen, die einfach keinen Bock mehr auf irgendwas haben? Aber dann sinken ja die Profite der Lebenmittel und Pharma Konzerne. Ich hoffe dass es endlich mal aufhört Eigenverantwortung da zu verlangen, wo es Geld kostet. Aber mein Körper ( impfzwang) und meine Lebensgestaltung ist immer noch meine Entscheidung! Regel und Verbotszwang der neuen Regierung... Dankeschön

  11. 9.

    Nicht müssen, aber können wäre für manche sicher eine Verbesserung. Geht natürlich nicht überall und auch nicht jeder wird das toll finden. Aber die Südeuropäer haben mit ihrer Siesta zur heißesten Tageszeit ja auch eine gute Strategie gefunden. Warum das nicht übernehmen, wo es geht?

    Ansonsten finde ich einen Brennpunkt deswegen völlig überflüssig. Aber die Alarmstimmung muss halt hoch gehalten werden. Nicht, dass noch jemandem entgeht, dass wir Klimawandel haben.

  12. 8.

    Solche Berichte gibt es, weil Hitze gefährlich für Menschen ist und Information Leben rettet. Jährlich sterben Menschen an Hitze. Im Sommer 2003 gab es rund 70.000 Hitzetote in Europa, weil zu wenige Menschen wussten, wie man sich bei Hitze richtig verhält. Bravo, lieber rbb, dass Ihr das Thema ernst nehmt!

  13. 7.

    Echt jetzt? Ein RBB Spezial? Jetzt mal 2 Tage über 30°C und die Sensationsjournalisten haben ihr Futter. Wie oft hatten wir Temperaturen um die 35° (+/— 3°C). Da warb man in den Gazetten und im Rundfunk um die schönen Freibäder, Eisdielen und Cafes. „Der Sommer ist da!“

    Und heute nur noch Panik allenthalben. Strom, Gas, Inflation, Covid…

    Überall nur „Mahner*Innen“, Hiobsbotschaften unters Volk bringend. Aber wo sind denn die Menschen, die uns zeigen, wie es weitergeht? Die an die Solidarität, ans Gemeinschaftsgefühl appellieren?

    Klar, mit Angst und Panik lässt es sich freilich gut und ruhig regieren. Aber das ist doch nicht der Auftrag einer vom Volke regierten/bestellten Regierung?

    Wo sind die Menschen, die uns Wege aufzeigen, statt ständig nur Horrorszenarien herumzuposaunen? So wie aktuell regiert wird, kann das m.A.n. nichts werden.

  14. 6.

    Eine Zeitverschiebung der Arbeitszeit in die Nachtstunden oder in den ganz frühen Morgen bringt nichts, weil der Körper dann zur notwendigen Schlafenszeit die volle Tageshitze hat.
    Es müssen vielmehr Voraussetzungen für ein möglichst erträgliches Klima geschaffen werden. Ja... es helfen auch Klimaanlagen, die mit Solarstrom betrieben werden. Und die Architektur muss sich auch umstellen. Statt Glaspaläste werden wohl wieder kleine Fenster nötig. Alles, um die Hitze draußen zu lassen. So müssen auch Arbeitgeber verpflichtet werden, erträglichen Arbeitsbedingungen zu schaffen. Da ist es mit einem Kasten Wasser für die Angestellten nicht getan.

  15. 5.

    Typisch Deutschland, alles muß geregelt werden, sogar die Sommertage. Vor einigen Tagen wurde hier berichtet, sollte der Hitzepla
    im September fertig sein, jetzt erst (vielleicht) Ende des Jahres. Aber wer macht denn den Winterkälteplan, noch eine Expertengruppe? Scheinbar wurde Fr.Nonnemacher vom Sommer und den Temperaturen überrascht, was wiederum nicht überrascht. Und den Einbau der Hitzeschutzfenster und die weiteren Maßnahmen kann sie mit den Maßnahmen aus den Coronaplänen kombinieren.

  16. 4.

    In diesen Brennpunkten kommen doch nur die Zusammenschnitte der virherigen Sendungen. Und dann wird noch mal über die Rolle der Bedeutung berichtet.
    Die unsinnigsten Sendung im TV

  17. 2.

    Es ist Sommer da braucht der braucht der rbb24 keine Spezialsendung zu machen.
    Schaut euch in Europa um , machen die jedesmal so ein Theater .
    Habt Ihr keine anderen Sorgen.?
    Schafft mal lieber neue oder andere Arbeitszeiten beo solchen Temperaturen.

  18. 1.

    @rbb Bei Artikeln über große Hitze sollten Sie in Betracht ziehen einen Satz über die langjährige Entwicklung der Zahl heißer Tage zu spendieren, um den zahllosen "früher hatten wir auch Hitze und alle haben sich gefreut" Kommentaren zuvorzukommen. Der DWD oder das UBA stellen da Daten bereit: grob zum Beispiel hier https://www.umweltbundesamt.de/bild/anzahl-der-tage-einem-lufttemperatur-maximum-ueber, ich hab sie aber auch schon schöner visualisiert gesehen.

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