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Video: rbb24 | 11.01.2022 | Material: rbb24 Abendschau | Quelle: dpa/Fabian Sommer

Nach Gipfel im Roten Rathaus

Giffey kündigt "konzertierte Aktion" gegen Jugendgewalt an

Im Kampf gegen Jugendgewalt hat Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey ein Maßnahmenpaket in Aussicht gestellt. Das kündigte die SPD-Politikerin nach einem Gipfel mit Vertretern von Polizei, Justiz und Sozialarbeit an.  

Nach den Silvester-Krawallen hat Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) eine "konzertierte Aktion" gegen Jugendgewalt und weitere Ausgaben für Sozialarbeit in Millionenhöhe angekündigt.

Konkret nannte die SPD-Politikerin nach einem Gipfel mit Experten am Mittwoch vier Punkte: intensivere Sozialarbeit mit Elternhäusern, mehr außerschulische Jugendsozialarbeit, neue "Orte für Jugendliche" und konsequente Strafverfolgung.

Wichtig für Heranwachsende seien Treffpunkte und Orte wie Jugendfreizeiteinrichtungen. Zusammen mit Vereinen gehe es auch darum, Angebote wie den "Mitternachtssport" auszuweiten, so die SPD-Politikerin.

Weiteres Treffen am 22. Februar

Giffey erklärte, dass nun auf Arbeitsebene weiter nach Lösungen gesucht werde. Bis zu einem weiteren Treffen am 22. Februar sollen Konzepte ausgearbeitet und der Finanzbedarf geklärt sein. Für März kündigte Giffey einen Beschluss des Senats an.

Im Senat herrsche Einigkeit, dass es dafür mehr Geld brauche. Giffey sprach von einem "mehrstelligen Millionenbetrag". Das Geld soll aus dem Haushalt mobilisiert werden. Die Wiederholungswahl zum Abgeordnetenhaus am 12. Februar soll den Prozess nicht aufhalten. Der Senat sei bis zur Bildung einer neuen Landesregierung voll handlungsfähig, sagte Giffey.

Die SPD-Politikerin betonte erneut, dass auch die rasche Strafverfolgung ein Baustein sein müsse. Die jungen Leute seien aber "Berliner Kinder". Ähnlich wie das Land in der Energiekrise ein großes Unterstützungspaket für die Bürgerinnen und Bürger geschnürt habe, müsse auch ein Paket für die Jugendlichen möglich sein, sagte sie.

Mögliche Ausweitung der Böllerverbotszonen

Giffey kündigt nach Silvester-Randalen Konsequenzen an

In der Silvesternacht gerieten Polizei und Feuerwehr bei zahlreichen Einsätzen in Berlin selbst in Gefahr. Gezielte Angriffe führten zu mehr als 30 verletzten Einsatzkräften. Das neue Jahr beginnt mit Forderungen nach politischen Konsequenzen.

Laut Giffey ist eine "gemeinsame Kraftanstrengung" nötig

Die Silvester-Krawalle mit Angriffen auf Polizisten, Feuerwehrleute und Rettungskräfte nannte Giffey eine Zäsur. Es könne nun nicht einfach weitergehen wie bisher. Nötig sei eine "gemeinsame Kraftanstrengung" für mehr Respekt in der Stadt.

Giffey hatte etwa zwei Dutzend Experten zum Gipfel gegen Jugendgewalt geladen, darunter Vertreter von Politik, Polizei, Staatsanwaltschaft und Justiz sowie der Integrations- und Sozialarbeit.

High-Deck-Siedlung in Neukölln

Am Ende der Sonnenallee

Nach den Silvester-Krawallen ist die High-Deck-Siedlung in Neukölln in aller Munde. Jeden Tag pilgern Journalisten an den Ort des Geschehens. Doch auch wenn es jetzt im Stadtteil still ist, läuft die Debatte weiter. Von Efthymis Angeloudis

André Juterzenko, der bei der Berliner Polizei für Jugenddelikte zuständig ist, nannte das Treffen "wichtig und richtig". Er verwies darauf, dass die Polizei schon jetzt stark auf Präventionsarbeit setze.

Elvira Berndt, die den Streetworker-Verein Gangway leitet, lobte die "offene Runde". Sie werde der Politik aber auch auf die Finger schauen, damit die Initiative nicht versande in den Rangeleien verschiedener Verwaltungen.

Der Vorsitzende des Berliner Beirats für Familienfragen, Kazim Erdogan, lenkte den Blick auf den Aspekt "Häusliche Gewalt". Viele junge Menschen würden sehen, dass Eltern Gewalt ausüben, sagte Erdogan. Das müsse man "als Gesamtpaket sehen", wenn man über Jugendgewalt spreche.

Katarina Niewiedzial, Beauftragte für Integration und Migration des Berliner Senats, wies in der rbb24 Abendschau auf die hohe Jugendarbeitslosigkeit in Berlin hin: "Ein Thema, was heute ein bisschen unterbelichtet war, aber aus meiner Sicht wichtig ist, ist eine berufliche Perspektive diesen Menschen zu geben."

Opposition äußert Kritik

Kai Wegner, der Vorsitzende der Berliner CDU-Fraktion, kritisierte den Gipfel. Er sprach von "Aktionismus". "Seit Jahren fordern wir neben einer vernünftigen Ausstattung der Polizei die notwendigen Maßnahmen für bessere Bildungschancen und die langfristige Finanzierung von Jugendarbeit und Prävention", erklärte Wegner. SPD, Grüne und Linke hätten aber seit Jahren die Augen verschlossen und um die Probleme herumgeredet.

Auch die Vorsitzende der AfD-Hauptstadtfraktion, Kristin Brinker, äußerte Kritik: Beim Gipfel seien nur Absichtserklärungen und warme Worte herausgekommen. "Solange die politisch Verantwortlichen sich weigern, die Probleme beim Namen zu nennen, werden sie diese Probleme niemals lösen können", ergänzte Brinker.

Berliner Justiz: "Strafe auf dem Fuß" nur bei leichteren Delikten möglich

Die Berliner Justizsenatorin Lena Kreck (Linke) und Vertreter der Berliner Justiz haben derweil die Erwartungen nach schnellen Verurteilungen der Straftäter gedämpft. Vereinfachte Jugendstrafverfahren, bei denen die Strafe "auf dem Fuße" folge, eigneten sich nur bei einfachen und mittelschweren Delikten, hieß es am Mittwoch in einer Erklärung von Kreck, Generalstaatsanwältin Margarete Koppers und dem Präsidenten des Kammergerichts, Bernd Pickel.

Sobald umfangreichere Ermittlungen erforderlich seien, sei es rechtsstaatlich nicht zulässig, "kurzfristige Hauptverhandlungen auf Kosten sorgfältiger Ermittlungen" durchzuführen. Auch eine "Verkürzung der strafprozessualen Rechte der Beschuldigten" wie etwa die Beauftragung eines Anwalts oder die Akteneinsicht sei nicht zulässig, hieß es.

Bei Ausschreitungen in der Silvesternacht waren Tatverdächtige unter anderem wegen des Vorwurfs der gefährlichen Körperverletzung und wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte vorübergehend festgenommen worden. Dies kann mit mehreren Jahren Freiheitsstrafe geahndet werden.

Zudem sei ein großer Teil der Täter bislang noch unbekannt, sagte Kreck am Mittwoch im Rechtsausschuss des Abgeordnetenhauses. Die ersten Verfahren seien aber mittlerweile bei der Staatsanwaltschaft zur Bearbeitung eingegangen. Eine "schnelle und einheitliche Bearbeitung" solle demnach durch "die Konzentration der Verfahren in einer entsprechenden Schwerpunktabteilung erfolgen", so Kreck.

Sendung: rbb24 Abendschau, 11.01.2022, 19:30 Uhr

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