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Audio: rbb24 Inforadio | 16.03.2023 | Sabine Müller | Quelle: dpa/C. Soeder

Berliner Bezirksämter

Abgeordnetenhaus will umstrittene Gehaltsfortzahlungen auf den Weg bringen

CDU, SPD, Grüne und Linke legen im Parlament einen gemeinsamen Gesetzentwurf vor, der die Neubesetzung der Berliner Bezirksämter regeln soll. Dies ist notwendig, weil sich durch die Wiederholungswahl Mehrheitsverhältnisse geändert haben. Von Sabine Müller

Das neue Berliner Abgeordnetenhaus kommt am Donnerstag zu seiner ersten Sitzung zusammen. Direkt nach der Konstituierung wollen vier der fünf Fraktionen einen Gesetzentwurf einbringen, der das politische Dilemma rund um die Neubesetzung der Bezirksämter lösen soll. Hintergrund ist, dass die Legislaturperiode trotz der Wiederholungswahl weiterläuft und die Posten in den Bezirksämtern (jeweils Bürgermeister plus fünf Stadträte) für die vollen fünf Jahre vergeben wurden.

Die Gewählten sind bis zum Herbst 2026 politische Beamte auf Zeit. Deshalb kann man sie laut geltender Rechtslage nicht einfach absetzen, obwohl sich durch die Wahl Mehrheitsverhältnisse geändert haben und SPD, Linken und Grünen jetzt weniger Posten zustehen. Gleichzeitig soll das Wahlergebnis in den Bezirksämtern abgebildet sein, sprich: Die große Wahlsiegerin CDU soll auch die zusätzlichen Posten bekommen, die ihr nun zustehen.

Bis 2026 volle Bezüge

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Die Wahlwiederholung in Berlin war ein Novum - da ist nicht verwunderlich, dass die Landesverfassung nicht für alles eine Regelung parat hält. Jetzt werden etwa Lösungen gesucht, wie die Wahlergebnisse in die Bezirksämter übertragen werden können.

Mit freiwilligen Rücktritten bei den Parteien, die Posten abgeben müssen, war allerdings nicht zu rechnen, denn dann würden die betroffenen Bürgermeister und Stadträte Pensionsansprüche verlieren. Auch eine Abwahl ist ganz schwer möglich, denn dies geht nur mit Zweidrittelmehrheit.

Die umstrittenen Pläne

CDU, SPD, Grüne und Linken haben sich darauf verständigt, dass die zusätzlichen Stadträte, die der CDU zustehen, neu ins Bezirksamt gewählt werden. Diejenigen Stadträte, die ausscheiden, weil ihrer Partei weniger Posten zustehen, bleiben offiziell im Beamtenverhältnis. Sie werden aber von ihrer Amtsausübung entbunden, müssen also nicht mehr arbeiten.

Die Frage, wie viel Gehalt ihnen bis zum Ende der Legislaturperiode gezahlt werden soll, wurde kontrovers diskutiert. Die CDU hatte zwischenzeitlich 71 Prozent vorgeschlagen. Letztlich einigten sich CDU, SPD, Grüne und Linke aber auf 100 Prozent Gehaltsfortzahlung. Dahinter steht die Angst, dass die Freigestellten sonst klagen.

Es geht um insgesamt elf Posten

Hauptbetroffene und damit auch Hauptprofiteurin ist die SPD. Da sie stadtweit insgesamt sieben Posten verliert (jeweils einen in Charlottenburg-Wilmersdorf, Marzahn-Hellersdorf, Mitte, Neukölln, Steglitz-Zehlendorf, Tempelhof-Schöneberg und Treptow-Köpenick), werden auch sieben sozialdemokratische Politikerinnen und Politiker von der 100-prozentigen Gehaltsfortzahlung profitieren. Bei der Linkspartei sind es drei (in Friedrichshain-Kreuzberg, Lichtenberg und Pankow), bei den Grünen einer in Spandau.

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Kosten in Millionenhöhe

Die üppigen Gehaltsfortzahlungen werden die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler in Berlin heftig belasten. Stadträte verdienen 9.142 Euro brutto im Monat, Bürgermeister bis zu 10.274 Euro. Wenn diese Summen bis zum Herbst 2026 durchgehend an elf Personen gezahlt werden, wird das deutlich über vier Millionen Euro kosten.

Die Berliner AfD kritisiert die Pläne scharf. Sie sieht eine "erschütternde Selbstbedienungsmentalität", die Bürger seien "Melkkühe einer abgehobenen feudalen politischen Klasse." Die Gewerkschaft Verdi spricht von einem "falschen Signal" und nennt die geplante Vollversorgung "ungerecht und nicht angemessen". Zumal die einfachen Beschäftigten in den Bezirksämtern bisher nicht einmal einen Inflationsausgleich bekommen hätten. Der Bund der Steuerzahler hofft darauf, dass die ausscheidenden Beamten bald andere gutbezahlte Jobs annehmen, denn zusätzliches Einkommen wird komplett auf die Gehaltsfortzahlung angerechnet.

Das Gesetz soll am kommenden Donnerstag abschließend verabschiedet werden.

Sendung: rbb24 Inforadio, 16.03.2022, 8:56 Uhr

Beitrag von Sabine Müller

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