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Video: rbb24 Abendschau | 26.05.2023 | Dorit Knieling & Tobias Schmutzler | Quelle: dpa

Landesparteitag

Berliner SPD beschließt neue Regeln für künftige Parteispitze

Die Berliner SPD hat über Konsequenzen aus dem Wahldebakel im Februar beraten. Während die amtierende Parteispitze Versäumnisse einräumte, folgten die Delegierten einem Antrag der Jusos: Das Führungspersonal soll künftig anders aufgestellt werden.

Auf ihrem ersten Landesparteitag nach der Wahl zum Abgeordnetenhaus vor dreieinhalb Monaten hat die SPD am Freitag um Konsequenzen nach ihrem schlechten Abschneiden gerungen. Nach stundenlanger Debatte stimmten die Delegierten für einen - allerdings entschärften - Antrag der Jusos, mit dem die Parteispitze neu geordnet werden soll.

Damit wird die Zahl von Senatoren, Staatssekretären und Fraktionsvorsitzenden im Parteivorstand deutlich eingeschränkt. Der beschlossene Kompromiss sieht vor, dass Spitzenpolitiker nicht mehr die Mehrheit im Vorstand bilden dürfen. Ursprünglich hatten die Jusos gefordert, Parteiämter gar nicht mehr mit Regierungspolitikern zu besetzen.

Auch die beiden Co-Parteivorsitzenden, Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey und Fraktionschef Read Saleh, hatten zuletzt für die Annahme des entschärften Antrags geworben. Er sieht auch vor, dass eine zukünftige Doppelspitze in Zukunft nicht wie jetzt "vollständig" aus diesem Kreis gebildet werden soll. Sollten Giffey und Saleh ihre Posten im Senat beziehungsweise in der Fraktion behalten, können sie bei den nächsten Vorstandswahlen nicht mehr gemeinsam Parteivorsitzende bleiben.

Vor dem Landesparteitag

Berliner SPD stellt die Führungsfrage

Bei Wahlen im Sinkflug, die Mitglieder gespalten und das Rote Rathaus verloren: In der Berliner SPD brodelt es wie lange nicht. Viele finden die schwarz-rote Koalition falsch. Auf dem Parteitag am Freitag müssen sich die Landesvorsitzenden warm anziehen. Von Jan Menzel

Giffey: SPD blieb bei Rot-Grün-Rot empfindlich hinter Erwartungen zurück

Saleh unterstützte nach dem Ende der Debatte überraschend die Annahme des Juso-Antrags als Zeichen der Geschlossenheit und Stärke der Partei. Auch Giffey beugte sich ausdrücklich dem Diskussionsverlauf: "Wenn die Partei es wünscht, dann gehen wir zusammen diesen Weg." Bei der für Anfang des nächsten Jahres geplanten Neuwahl des Vorstands werde die Partei dann entscheiden, wie die Führung der Partei aufgestellt sein solle.

Zuvor hatten beide auf dem Parteitag Versäumnisse eingeräumt. "Wir haben verstanden", erklärte Saleh. Die SPD habe viele Krisen nur verwaltet, und sei "unkenntlich" gewesen bei Stadtdebatten. Aber: "Wir sind die Berlin-Partei!" Gemeinsam mit den rund 19.000 Genossinnen und Genossen müsse nun ein Aufbruch folgen.

Auch Giffey räumte ein, dass die SPD empfindlich hinter den eigenen Erwartungen zurückgeblieben sei. Die frühere rot-grün-rote Regierung habe nicht deutlich machen können, dass die ganze Koalition für einen starken Rechtsstaat steht, der konsequent gegen Straftäter vorgeht. Dies hätten auch viele SPD-Wählerinnen und -Wähler vermisst.

Antrag sieht auch Annäherung an Linke und Grüne vor

Neben der Beschränkung für Regierungspolitiker sieht der Antrag auch eine gründliche Aufarbeitung der Wahlniederlage vom Februar vor und die Verluste der SPD bei den vorherigen Wahlen. Außerdem soll es einen breit angelegten "Visionenprozess" geben, bei dem die Zukunft der SPD breit debattiert werden soll.

Auch im Streit um das schwarz-rote Bündnis setzten die Jusos Akzente, die sich nach der Wiederholungswahl vehement gegen die Koalition mit der CDU ausgesprochen hatten. Der Landesvorstand soll nun das zerrüttete Verhältnis zu den ehemaligen Koalitionspartnern verbessern. Die Berliner SPD solle "Brücken zu Linken und Grünen wieder aufbauen" und dabei gemeinsame linke Zukunftsprojekte definieren, wie etwa die Mobilitätswende, Vergesellschaftung, Wohnraum und Klimagerechtigkeit, heißt es in dem Antrag.

Protestzug in Berlin

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Giffey wirbt für Bündnis mit CDU

Die Parteisvorsitzenden verteidigten das neue Bündnis. Man habe es sich nicht leicht gemacht, mit der CDU eine schwarz-rote Koalition einzugehen, erklärten Giffey und Saleh. Aber nach einer verlorenen Wahl hätten die Menschen erwartet, dass es nicht einfach so weitergeht.

"Die SPD wäre zur Klagemauer des Stillstandes in Berlin geworden", erklärte Giffey, und hätte ihre Glaubwürdigkeit verloren, wenn sie einfach weiterregiert hätte mit Grünen und Linken. Das Zeichen wäre gewesen, "dass wir am Sessel kleben im Roten Rathaus", egal, was die Menschen wählen.

Giffey machte deutlich, dass die SPD in der neuen Koalition mehr Sicherheit durchsetzen wolle, ein 29-Euro-Ticket, sowie deutliche Fortschritte beim Wohnungsbau. Für den nächsten Landesparteitag im kommenden Mai kündigte Giffey an, die SPD und den Vorstand "breiter aufstellen" zu wollen. Beim nächsten Parteitag stehen Vorstandswahlen an. Bis dahin sei die Devise: "Wir müssen zusammenstehen, um Wahlen zu gewinnen", meint Giffey.

Aufarbeitungskommission "Wahlen wieder gewinnen"

Die Berliner Jusos warfen beim Parteitag den SPD-Landeschefs Giffey und Saleh mangelnde Selbstkritik nach der Wahlschlappe vor und forderten eine "schonungslose Aufarbeitung". "Raed und Franziska, ihr habt uns als Landesvorsitzende in diese Wahl geführt", sagte die Juso-Landesvorsitzende Sinem Tasan-Funke am Freitag auf einem SPD-Parteitag. "Aus unserer Sicht habt ihr bis heute noch nicht genügend Verantwortung dafür übernommen, wie diese Wahl ausgegangen ist."

Giffey will allerdings noch keine persönlichen Konsequenzen aus dem Wahldebakel im Februar ziehen. Wichtig sei, dass jetzt der Aufarbeitungsprozess gestartet sei, sagte die frühere Regierende Bürgermeisterin der rbb24 Abendschau am Rande des Parteitags.

Die SPD setzt bei ihrem Treffen eine Kommission zur Aufarbeitung ein, mit dem Titel: "Wahlen wieder gewinnen". Sie soll ausführlicher das historisch schlechte Ergebnis der Berliner Sozialdemokraten bei der Wiederholungswahl aufarbeiten.

Seit vier Wochen sind die Sozialdemokraten Juniorpartner in einer Koalition mit der CDU unter dem Regierenden Bürgermeister Kai Wegner. Beim SPD-Mitgliedervotum Ende April gab es nur eine knappe Mehrheit von 54,3 Prozent für den Wechsel zu Schwarz-Rot.

Sendung: rbb24 Abendschau, 26.05.2023, 19:30 Uhr

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