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Video: rbb24 Brandenburg aktuell | 06.04.2024 | Michael Schon und Thomas Bittner | Quelle: dpa/Monika Skolimowska

Parteitag in Jüterbog

Brandenburger AfD geht mit Fraktionschef Berndt als Spitzenkandidat in Landtagswahl

Ohne einen Gegenkandidaten zu haben wurde der AfD-Fraktionsvorsitzende Hans-Christoph Berndt auf Listenplatz 1 für die Landtagswahl in Brandenburg gewählt. Für die Wahl setzte er ein konkretes Ziel.

Die AfD in Brandenburg geht mit Landtagsfraktionschef Hans-Christoph Berndt als Spitzenkandidat in die Landtagswahl am 22. September.

Der 68-Jährige hat beim Parteitag in Jüterbog (Teltow-Fläming) knapp 87 Prozent der Stimmen erhalten - 408 stimmten nach rbb-Informationen mit Ja und 48 mit Nein. Es gab 15 Enthaltungen und keinen Gegenkandidaten.

Ziel seiner Partei sei es, in Brandenburg stärkste Kraft bei den kommenden Landtagswahlen zu werden, sagte Berndt rbb24. "Dann werden wir den Regierungsanspruch stellen. Und dann werden wir mit anderen sprechen. Und dann werden wir mal sehen, ob es Parteien gibt, die sich der Verantwortung stellen. Oder ob die anderen Parteien sich hinter die Brandmauer verkriechen und sagen: 'Wir machen ein Anti-AfD Bündnis'", erklärte Berndt rbb24 Brandenburg aktuell.

Der Brandenburger Verfassungsschutz stuft Berndt als "erwiesenen Rechtsextremisten" ein.

AfD-Parteitag in Jüterbog

Scharfmacher an der Spitze

Zwei Wochenenden hat die AfD Brandenburg für ihren Wahlparteitag reserviert. An der Spitze der Kandidatenliste will Fraktionschef Berndt den Wahlkampf führen. Er sitzt im Plenarsaal am äußersten rechten Rand. Von Thomas Bittner

Berndt bezeichnet Woidke als "personifizierten Parteienstaat"

Berndt warb in Jüterbog vor den Parteimitgliedern unter anderem für das umstrittene rechte Konzept der sogenannten "Remigration". Wenn Rechtsextremisten den Begriff "Remigration" verwenden, meinen sie in der Regel, dass eine große Zahl von Menschen ausländischer Herkunft das Land verlassen soll - auch unter Zwang. Zudem lobte Berndt ausdrücklich eine Protestaktion von 2015 gegen eine geplante Asylbewerberunterkunft in Golßen (Dahme-Spreewald).

Das Landesamt für Verfassungsschutz, das die AfD als rechtsextremen Verdachtsfall führt, nannte er eine "Neo-Stasi" ohne zu erklären, womit er diesen Vorwurf begründet. Er forderte die Abwicklung des Amts. Die demokratischen Parteien und Brandenburgs Ministerpräsidenten Dietmar Woidke (SPD) griff der Spitzenkandidat scharf an.

"Wenn die Staatsparteien inzwischen ihre Hilfstruppen zum Kampf gegen die AfD mobilisieren und wenn sie in diesem Jahr zu einem geistigen Bürgerkrieg den Kampf gegen die AfD eskalieren, dann, liebe Freunde, macht uns das nicht ängstlich, sondern es macht uns entschlossen", sagte Berndt. Und er fügte hinzu: "Woidke ist der personifizierte Parteienstaat, den wir überwinden müssen, um wieder frei atmen zu können." Was genau er mit diesem Begriff in diesem Zusammenhang meinte und womit er ihn argumentativ begründet, führte er nicht aus.

Eine ähnliche Äußerung des AfD-Landtagsabgeordneten Lars Hünich zum "Parteienstaat" hatte zu Jahresbeginn den Landesverfassungsschutz auf den Plan gerufen. Hünich hatte gesagt: "Wenn wir morgen in einer Regierungsverantwortung sind, dann müssen wir diesen Parteienstaat abschaffen."

Berndt bekannte sich beim Parteitag auch zu sogenannten Vorfeldorganisationen der AfD, darunter die vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextrem geführte Junge Alternative sowie das ebenfalls als rechtsextrem gewertete Institut für Staatspolitik in Schnellroda. Eine Distanzierung lehnte der AfD-Politiker ab. "Wir halten zusammen und wir wehren uns gemeinsam", sagte er.

"Correctiv"-Recherche

AfD-Politiker sollen in Potsdam mit Identitären über Ausweisungen beraten haben

Laut einer "Correctiv"-Recherche sollen AfD-Vertreter an einem Treffen mit dem Kopf der Identitären Bewegung teilgenommen haben. Besprochen wurden den Angaben zufolge ein Plan, in großem Stil Migranten auszuweisen, mit oder ohne deutschem Pass.

Fraktionsvorsitzender seit 2020

Berndt ist kein AfD-Mann der ersten Stunde. Der heute 67-Jährige war als promovierter Labormediziner über zehn Jahre Personalratsvorsitzender in der Berliner Charité. Zur Politik kam er über seinen Anti-Flüchtlingsverein "Zukunft Heimat", den der Verfassungsschutz als rechtsextremistisch einstuft. Der Verein begann 2015 mit Demonstrationen gegen eine Flüchtlingsunterkunft in seinem Heimatort, später organisierte der von ihm geführte Verein Kundgebungen in Cottbus gegen eine vermeintliche "Überfremdung". 2018 wurde Berndt Mitglied der AfD, 2019 zog er in den Landtag ein.

Dem unfreiwilligen Rückzug von Vorgänger Andreas Kalbitz vom Amt des Fraktionsvorsitzenden verdankt Berndt seinen Aufstieg an die Fraktionsspitze. Seit 2020 führt er die AfD im Landesparlament.

In einer Umfrage kam die AfD vor wenigen Tagen auf 25 Prozent Zustimmung in Brandenburg und lag damit auf Platz eins vor SPD und CDU. Der neue Vorsitzende René Springer hat angekündigt, die AfD wolle Brandenburg regieren. Allerdings sind keine Koalitionspartner für die Partei in Sicht.

Im Rahmen des Parteitags an diesem und dem nächsten Wochenende will die AfD ihre Kandidatenliste und das Wahlprogramm beschließen.

Korrekturhinweis: In einer früheren Version des Textes hieß es, Berndt lobte ausdrücklich eine Protestaktion von 2015 gegen eine geplante Asylbewerberunterkunft in Golzen (Sachsen-Anhalt). Richtig ist Golßen im Brandenburger Landkreis Dahme-Spree. Wir bitten, den Fehler zu entschuldigen.

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Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 06.04.2024, 19:30 Uhr

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