rbb24
  1. rbb|24
  2. Politik
Quelle: dpa/J. Stratenschulte

Bundes-Notbremse

Berliner Abgeordnete klagen gegen Ausgangssperre

Die in der Corona-Notbremse des Bundes vorgeschriebene Ausgangssperre halten Berliner Abgeordnete von Linke, SPD und FDP für unverhältnismäßig und verfassungswidrig. Sie wollen die Regelung vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe kippen.

Mehrere Berliner Landespolitiker klagen gegen die in der Bundes-Notbremse enthaltene Ausgangssperre des Bundes.

Der rechtspolitische Sprecher der Linksfraktion im Berliner Abgeordnetenhaus, Sebastian Schlüsselburg, und sein Fachkollege Sven Kohlmeier (SPD) veröffentlichten auf Twitter Vollmachten für eine Verfassungsklage.

Die vom Bund auferlegte Ausgangssperre sei "unverhältnismäßig", die Einschränkung der Grundrechte "nicht evidenzbasiert", schrieb der SPD-Politiker auf Twitter. Schlüsselburg zufolge sei sie "verfassungswidrig".

Mehr zum Thema

Corona-Notbremse

Diese Regeln gelten jetzt in Berlin und Brandenburg

Schlüsselburg: Keine Beweise für Risikosenkung

Dem rbb sagte Schlüsselburg, es gebe keine wissenschaftlichen Erkenntnisse, dass das Risiko einer Infektion durch eine Ausgangssperre gesenkt werden könne. Wesentlich riskanter als der Aufenthalt im Freien seien Treffen in geschlossenen Räumen mit Aerosolbildung.

Er erwarte, dass das Bundesverfassungsgericht sehr schnell in der kommenden Woche die zahlreichen Beschwerden prüfe und eine einstweilige Anordnung gegen die Ausgangsperre verfüge.

Förster: Ausgangssperren üblicherweise Maßnahmen von Diktaturen

Auch der FDP-Abgeordnete Stefan Förster gab am Freitag bekannt, klagen zu wollen. Zwischen dem Nutzen solcher Maßnahmen und den Einschränkungen von Freiheitsrechten müsse abgewogen werden. In diesem Fall sehe er nicht, dass bei nächtlichen Ausgangsbeschränkungen der Nutzen schwerer wiege. Ausgangssperren seien üblicherweise Maßnahmen von Diktaturen.

Neben den drei Politikern schloss sich auch Linken-Fraktionschefin Anne Helm der Klage an, die von der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) initiiert wurde.

Der Berliner Kultursenator und Bürgermeister Klaus Lederer (Linke) kritisierte die Notbremse beim Linke-Parteitag in Berlin am Freitagabend als "unsozial und rein symbolisch". Er sprach von einer "bürgerrechtlich hochproblematischen und weitgehend wirkungslosen Ausgangssperre".

Mehr zum Thema

Neue Corona-Regeln

Brandenburg weicht bei Schulen und Sport von der Bundes-Notbremse ab

Zahlreiche Beschwerden in Karlsruhe eingegangen

Unabhängig vom Vorgehen der Berliner Landespolitiker sind beim Bundesverfassungsgericht nur einen Tag nach Unterzeichnung des Gestzes bereits zahlreiche Verfassungsbeschwerden und Eilanträge gegen die Notbremse registriert worden. Es seien rund 25 Beschwerden eingegangen, sagte ein Gerichtssprecher am Freitag. Die Zahl ändere sich aber laufend, weil ständig neue Beschwerden eingingen, hieß es.

Die Bundes-Notbremse wurde am Mittwoch im Bundestag und am Donnerstag auch vom Bundesrat beschlossen. Noch am selben Tag unterzeichnete Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier das Gesetz. Die entsprechenden Regelungen greifen ab Samstag.

Sobald in einem Landkreis oder einer kreisfreien Stadt die Zahl der gemeldeten Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner binnen sieben Tagen an drei aufeinanderfolgenden Tagen über 100 liegt, werden dort künftig bundeseinheitliche Maßnahmen das Infektionsgeschehen eindämmen. Berlin überschreitet aktuelle mit einer Inzidenz von etwa 150 den Grenzwert deutlich.

Senat: Polizei kontrolliert Ausgangsbeschränkungen mit Augenmaß

In dem Fall darf man zwischen 22.00 Uhr und 5.00 Uhr Wohnung oder Grundstück in der Regel nicht mehr verlassen. Zu den Ausnahmen gehört zum Beispiel die Fahrt zur Arbeit.

Joggen und Spazierengehen bleiben bis Mitternacht erlaubt, allerdings nur alleine. "Wer nach Mitternacht von der Polizei auf den Straßen angetroffen wird, sollte nachvollziehbar erläutern können, warum er oder sie sich noch im Freien aufhält", teilte ein Sprecher der Innenverwaltung mit. Die Polizei sei erfahren genug, das mit Augenmaß einzuschätzen und zu bewerten. "Grundsätzlich empfehlen wir das Mitführen einer Arbeitgeberbescheinigung oder anderer Nachweise."

Die Erfahrungen der Polizei in Berlin nach mehr als einem Jahr Pandemie zeigten, dass sich der Großteil der Berlinerinnen und Berliner an die Auflagen halte, so der Sprecher. "Insofern rechnen wir damit, dass sich das Gros der Bevölkerung auch an die nächtliche Ausgangsbeschränkung halten wird."

Sendung: Abendschau, 23.04.2021, 19:30 Uhr

Artikel im mobilen Angebot lesen