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Audio: rbb24 Inforadio | 10.02.2024 | Lion Talir | Quelle: dpa/Sebastian Gollnow

Wiederholung der Bundestagswahl in Berlin

In diesen vier Wahlkreisen könnten die Direktmandate an andere gehen

Die teilweise Wiederholung der Bundestagswahl in Berlin wird die Machtverhältnisse im Parlament nur geringfügig beeinflussen. In einigen Wahlkreisen können hingegen alte Duelle neue Ergebnisse hervorbringen. Insbesondere die CDU befindet sich im Vorteil.

Die teilweise Wiederholung der Bundestagswahl am Sonntag in Berlin wird insgesamt keine Auswirkungen auf die Machtverhältnisse in dem Parlament haben. Zwar sind deutlich mehr als eine halbe Million Menschen aufgerufen, erneut ihre Stimme abzugeben. Doch nur in etwa einem Fünftel der Wahlbezirke findet die Wiederholung statt, in einigen Wahlkreisen ist nur ein Bruchteil der Stimmen vom September 2021 ungültig gewesen. Dort wird der zweite Versuch keine Auswirkungen auf die Direktmandate haben.

In einer Handvoll Wahlkreisen sieht das hingegen anders aus. In Charlottenburg-Wilmersdorf, Pankow, Reinickendorf und Tempelhof-Schöneberg könnte das Direktmandat aufgrund der Wiederholung wechseln. Die betroffenen Abgeordneten – Michael Müller (SPD), Stefan Gelbhaar (Bündnis 90/Die Grünen), Monika Grütters (CDU) und Kevin Kühnert (SPD) – sind jedoch alle durch hohe Positionen auf den Landeslisten ihrer Parteien abgesichert und müssen nicht um ihre Sitze im Bundestag bangen.

Sollte in diesen vier Wahlkreisen andere Politiker die Direktmandate holen als im September 2021, könnte dies aber sehr wohl Konsequenzen für Parteikolleg:innen haben, die weiter unten auf den Landeslisten stehen. Sie könnten ihre Mandate verlieren.

Da sich seit dem eigentlichen Termin der Bundestagswahl, dem 26. September 2021, die Zustimmungswerte der Parteien zum Teil stark verändert haben, kann ein Wechsel bei den Direktmandaten im Detail auch Auswirkungen auf die Fraktionsgrößen haben [tagesschau.de].

Geringe Wahlbeteiligung könnte Mandatsträgern schaden

Besonders wacklig ist das Diekrektmandat von Gelbhaar. 2021 erhielt der Grünen-Politiker mehr als 46.000 Stimmen in Pankow. 3.695 davon wurden in Wahlbezirken abgegeben, in denen die Wahl nicht wiederholt wird. Diese Stimmen sind ihm weiterhin sicher. Die übrigen mehr als 42.000 sind hingegen ungültig und wurden in Wahllokalen abgegeben, die nun erneut öffnen. Schon eine geringe Wahlbeteiligung könnte Gelbhaar das Mandat kosten.

Denn sein zuletzt schärfster Konkurrent, Klaus Mindrup von der SPD, geht mit einem Vorsprung ins Rennen. 6.095 seiner Stimmen vom September 2021 sind weiterhin gültig. Darauf folgt CDU-Stadträtin Manuela Anders-Granitzki (3.836) und dem damaligen Fraktionsvorsitzenden der Linken im Abgeordnetenhaus, Udo Wolf (3.824). Würde die Wiederholungswahl komplett boykottiert, müsste sich Gelbhaar mit Platz vier zufriedengeben – nur knapp vor dem AfD-Kandidaten Götz Frömming (3.486).

Mögliche Verschiebungen in drei weiteren Wahlkreisen

Monika Grütters gelang in Reinickendorf beim ersten Wahlversuch nur ein knapper Vorsprung von 1.876 Stimmen auf Torsten Einstmann von der SPD. Im Wahlkreis 77 sind rund 55.000 Menschen zur Wiederholung ihrer Wahl aufgerufen, theoretisch könnte sich der Wind gegen Grütters drehen. Da die CDU in Umfragen aktuell deutlich besser dasteht, als vor zweieinhalb Jahren erscheint ein Wechsel unwahrscheinlich.

In Charlottenburg-Wilmersdorf konnte sich 2021 der ehemalige Regierende Bürgermeister Michael Müller durchetzen - mit einem Vorsprung von nicht einmal 6.000 Stimmen auf die heutige Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) und weniger als 10.000 Stimmen auf Klaus-Dieter Gröhler (CDU). Da im Wahlkreis 80 mehr als 40 Prozent der Wahlberechtigten erneut wählen müssen, ist ein Wechsel nicht ausgeschlossen.

In Tempelhof-Schöneberg (Wahlkreis 81) sind lediglich zehn Prozent der Wahlberechtigten aufgerufen, erneut ihre Stimme abzugeben. Dennoch ist ein Wechsel hier nicht unwahrscheinlich, den SPD-Kandidat Kevin Kühnert hatte zuletzt nur rund 2.500 Stimmen Vorsprung auf Renate Künast (Grüne) und knapp 9.000 auf Jan-Marco Luzcak (CDU). Alle stehen auf aussichtsreichen Listenplätzen ihrer Landesverbände und werden auch weiterhin Abgeordnete im Bundestag sein.

Große Verschiebungen könnten aber auch hier Einfluss auf diejenigen haben, die auf den hinteren Plätzen ihrer Partei gelistet sind. Insgesamt wird die Berliner Wiederholungswahl wohl nur wenig an der Zusammensetzung der Fraktionen im Bundestag ändern. Viele Beobacher räumen ihr dennoch Bedeutung zu: als Stimmungstest für die aktuelle Bundespolitik.

Mehr dazu in der rbb|24-Reportage "Berlin im Wahl-Sprint", die ins normalerweise unsichtbare Räderwerk der Demokratie blickt.

Sendung: rbb24 Inforadio, 10.02.2024, 7:30 Uhr

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