Wiederholung der Bundestagswahl in Berlin - In diesen vier Wahlkreisen könnten die Direktmandate an andere gehen

Sa 10.02.24 | 10:32 Uhr
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Symbolbild: Wahlplakate der Parteien AfD, Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke hängen im Stadtteil Pankow an Laternenmasten. (Quelle: dpa/Sebastian Gollnow)
Audio: rbb24 Inforadio | 10.02.2024 | Lion Talir | Bild: dpa/Sebastian Gollnow

Die teilweise Wiederholung der Bundestagswahl in Berlin wird die Machtverhältnisse im Parlament nur geringfügig beeinflussen. In einigen Wahlkreisen können hingegen alte Duelle neue Ergebnisse hervorbringen. Insbesondere die CDU befindet sich im Vorteil.

Die teilweise Wiederholung der Bundestagswahl am Sonntag in Berlin wird insgesamt keine Auswirkungen auf die Machtverhältnisse in dem Parlament haben. Zwar sind deutlich mehr als eine halbe Million Menschen aufgerufen, erneut ihre Stimme abzugeben. Doch nur in etwa einem Fünftel der Wahlbezirke findet die Wiederholung statt, in einigen Wahlkreisen ist nur ein Bruchteil der Stimmen vom September 2021 ungültig gewesen. Dort wird der zweite Versuch keine Auswirkungen auf die Direktmandate haben.

In einer Handvoll Wahlkreisen sieht das hingegen anders aus. In Charlottenburg-Wilmersdorf, Pankow, Reinickendorf und Tempelhof-Schöneberg könnte das Direktmandat aufgrund der Wiederholung wechseln. Die betroffenen Abgeordneten – Michael Müller (SPD), Stefan Gelbhaar (Bündnis 90/Die Grünen), Monika Grütters (CDU) und Kevin Kühnert (SPD) – sind jedoch alle durch hohe Positionen auf den Landeslisten ihrer Parteien abgesichert und müssen nicht um ihre Sitze im Bundestag bangen.

Sollte in diesen vier Wahlkreisen andere Politiker die Direktmandate holen als im September 2021, könnte dies aber sehr wohl Konsequenzen für Parteikolleg:innen haben, die weiter unten auf den Landeslisten stehen. Sie könnten ihre Mandate verlieren.

Da sich seit dem eigentlichen Termin der Bundestagswahl, dem 26. September 2021, die Zustimmungswerte der Parteien zum Teil stark verändert haben, kann ein Wechsel bei den Direktmandaten im Detail auch Auswirkungen auf die Fraktionsgrößen haben [tagesschau.de].

Geringe Wahlbeteiligung könnte Mandatsträgern schaden

Besonders wacklig ist das Diekrektmandat von Gelbhaar. 2021 erhielt der Grünen-Politiker mehr als 46.000 Stimmen in Pankow. 3.695 davon wurden in Wahlbezirken abgegeben, in denen die Wahl nicht wiederholt wird. Diese Stimmen sind ihm weiterhin sicher. Die übrigen mehr als 42.000 sind hingegen ungültig und wurden in Wahllokalen abgegeben, die nun erneut öffnen. Schon eine geringe Wahlbeteiligung könnte Gelbhaar das Mandat kosten.

Denn sein zuletzt schärfster Konkurrent, Klaus Mindrup von der SPD, geht mit einem Vorsprung ins Rennen. 6.095 seiner Stimmen vom September 2021 sind weiterhin gültig. Darauf folgt CDU-Stadträtin Manuela Anders-Granitzki (3.836) und dem damaligen Fraktionsvorsitzenden der Linken im Abgeordnetenhaus, Udo Wolf (3.824). Würde die Wiederholungswahl komplett boykottiert, müsste sich Gelbhaar mit Platz vier zufriedengeben – nur knapp vor dem AfD-Kandidaten Götz Frömming (3.486).

Mögliche Verschiebungen in drei weiteren Wahlkreisen

Monika Grütters gelang in Reinickendorf beim ersten Wahlversuch nur ein knapper Vorsprung von 1.876 Stimmen auf Torsten Einstmann von der SPD. Im Wahlkreis 77 sind rund 55.000 Menschen zur Wiederholung ihrer Wahl aufgerufen, theoretisch könnte sich der Wind gegen Grütters drehen. Da die CDU in Umfragen aktuell deutlich besser dasteht, als vor zweieinhalb Jahren erscheint ein Wechsel unwahrscheinlich.

In Charlottenburg-Wilmersdorf konnte sich 2021 der ehemalige Regierende Bürgermeister Michael Müller durchetzen - mit einem Vorsprung von nicht einmal 6.000 Stimmen auf die heutige Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) und weniger als 10.000 Stimmen auf Klaus-Dieter Gröhler (CDU). Da im Wahlkreis 80 mehr als 40 Prozent der Wahlberechtigten erneut wählen müssen, ist ein Wechsel nicht ausgeschlossen.

In Tempelhof-Schöneberg (Wahlkreis 81) sind lediglich zehn Prozent der Wahlberechtigten aufgerufen, erneut ihre Stimme abzugeben. Dennoch ist ein Wechsel hier nicht unwahrscheinlich, den SPD-Kandidat Kevin Kühnert hatte zuletzt nur rund 2.500 Stimmen Vorsprung auf Renate Künast (Grüne) und knapp 9.000 auf Jan-Marco Luzcak (CDU). Alle stehen auf aussichtsreichen Listenplätzen ihrer Landesverbände und werden auch weiterhin Abgeordnete im Bundestag sein.

Große Verschiebungen könnten aber auch hier Einfluss auf diejenigen haben, die auf den hinteren Plätzen ihrer Partei gelistet sind. Insgesamt wird die Berliner Wiederholungswahl wohl nur wenig an der Zusammensetzung der Fraktionen im Bundestag ändern. Viele Beobacher räumen ihr dennoch Bedeutung zu: als Stimmungstest für die aktuelle Bundespolitik.

Mehr dazu in der rbb|24-Reportage "Berlin im Wahl-Sprint", die ins normalerweise unsichtbare Räderwerk der Demokratie blickt.

Sendung: rbb24 Inforadio, 10.02.2024, 7:30 Uhr

20 Kommentare

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  1. 20.

    Nehme an, es wird solange gezählt, bis es paßt :-)))

  2. 19.

    Ich finde die ganze Wahl sollte wiederholt werden .Sonst es Betrug .

  3. 18.

    Ich kann nur die Bürger dazu aufrufen, sich bei der Auszählung als Beobachter zu melden.
    Auch hoffe ich auf ein blaues Wunder für den grünen Gelbhaar bei mir in Pankow.

  4. 17.

    Stefan:
    "Antwort auf [Bruno ] vom 10.02.2024 um 09:57
    Zum hetzen die Altparteien nicht als gäbe es kein Morgen."

    Wann und wo "hetzen" "Altparteien"?

  5. 16.

    Naja:
    "Und die gesamte Wahl hätte für ungültig erklärt und daher komplett wiederholt werden müssen."

    Sie können einem fehlerfrei demokratisch gewählten Abgeordeten nicht einfach so das fehlerfrei demokratisch errungene Mandat aberkennen, nur weil es irgendwoanders Fehler gab, die seine Wahl überhaupt nicht berühren!

    Und wenn dann die gesamte Wahl wiederholt werden würde und es dann in Südbayern mandatsrelevante Fehler gegeben hätte, dann hätte nochmals die GESAMTE Wahl wiederholt werden müssen, solange, bis es nirgendwo mehr Fehler gibt??? Völlig unpraktisch!!!

  6. 15.

    Naja:
    "Ich habe eine Wahlbenachrichtigung erhalten (Zehlendorf), habe mich aber entschieden, nicht an dieser Farce teilzunehmen."

    Für Demokraten ist eine demokratische Wahlwiederholung keine "Farce"!

    Naja:
    "Der Bundestag hätte nur vorläufig konstituiert werden dürfen, bis die Wahlwiederholung durchgeführt wurde."

    1. Das wäre rechtswidrig, weil das gegen GG und Wahlgesetz verstoßen hätte.

    2. Und dann hätte es bis zur Wahlwiederholung keine Gesetzesabstimmungen und keine Regierung geben dürfen? Das wäre ein politischer Stillstand und damit das politische Chaos und Ende für Deutschland gewesen!

    Naja:
    "Und das hätte zeitnah erfolgen müssen, nicht nach 2 Jahren."

    In einem demokratischen Rechtsstaat geht Gründlichkeit vor schlampige Schnelligkeit!

  7. 14.

    Sigurd:
    "Antwort auf [Karsten ] vom 10.02.2024 um 11:56
    Es ist so oder so irreal.
    Ein Teil des Bundestages wird neu gewählt, mit drn Erkenntnissen aus 2,5 Jahren Ampel. Der große Rest beruht auf der Stimmungslage nach Merkel III.
    Wie schräg und wie krude diese Logik. Wenn auch kaum Auswirkung auf die Mehrheitsverhältnisse. So doch eine Verzerrung des Bildes. Man hätte das Ganze lassen und das Geld für Sinnvolles nutzen sollen."

    Da ist nichts "schräg", und da wird nichts "verzerrt". Das ist gelebte Demokratie und das Beste, was man nach diesen Fehlern machen kann.

  8. 13.

    Bruno:
    "Habe ich das richtig verstanden. Die Wahlwiederholung ändert nichts an den Mehrheitsverhältnissen ( gut so wegen der weit verbreiteten Anti Ampel Hetze ) .
    Und nur in 4 Wahlkreisen könnten Direktkandidaten wechseln?
    Das würde ja heißen das die Wahlwiederholung reine Symbolpolitik und damit Steuerverschwendung wäre.
    Es hätte also genügt nur in den 4 Wahlkreisen neu zu wählen."

    Nein, Sie haben es nicht richtig verstanden.Die Wahlwiederholung kann mandatsrelevant sein. Und manchmal kann nur ein Abgeordneter das berühmte Zünglein an der Waage sein - innerparteilich (bei Abstimmungen in der Fraktion) wie auch außerparteilich (bei Abstimmungen ohne "Fraktionszwang")!

  9. 11.

    "theoretisch könnte sich der Wind gegen Grütters drehen". Ob die Merkel-Vertraute Grütters nochmal den Wahlkreis gewinnt, halte ich für nicht sehr wahrscheinlich. Allerdings ist Grütters durch einen guten Listenplatz abgesichert, da müsste es schon in Reinickendorf einen Erdrutsch gegen die CDU geben, wenn Grütters aus der höheren Politik ausscheiden müsste. Gewichtige Ämter hat Grütters ja inzwischen auch nicht mehr.-

  10. 10.

    Natürlich hat die CDU einen Vorteil, die Meinungsumfragen für rot-grün sind ja desaströs.

  11. 9.

    Ich habe eine Wahlbenachrichtigung erhalten (Zehlendorf), habe mich aber entschieden, nicht an dieser Farce teilzunehmen. Der Bundestag hätte nur vorläufig konstituiert werden dürfen, bis die Wahlwiederholung durchgeführt wurde. Und das hätte zeitnah erfolgen müssen, nicht nach 2 Jahren.
    Und die gesamte Wahl hätte für ungültig erklärt und daher komplett wiederholt werden müssen.



  12. 8.

    Es ist so oder so irreal.

    Ein Teil des Bundestages wird neu gewählt, mit drn Erkenntnissen aus 2,5 Jahren Ampel. Der große Rest beruht auf der Stimmungslage nach Merkel III.

    Wie schräg und wie krude diese Logik. Wenn auch kaum Auswirkung auf die Mehrheitsverhältnisse. So doch eine Verzerrung des Bildes. Man hätte das Ganze lassen und das Geld für Sinnvolles nutzen sollen.

  13. 6.

    Tja, also ich hab welche bekommen (also wenn Sie "Wahlbenachrichtigungen" meinen). Also bitte keine Verallgemeinerungen.

  14. 5.

    Tja in Charlottenburg kann man auch nicht wählen gehen da man keine wahlunterlagen bekommen hat

  15. 4.

    Tempelhof-Schöneberg, nicht ..Schönefeld! Bitte korrigieren.

  16. 3.

    Woher wollen die Autoren wissen, ob die CDU Vorteile habe. Die CDU ist meiner Meinung nach eher auf einem absteigenden Ast, keine Silvester-Krawalle, die man aufblasen kann. Ein Bürgermeister, dessen Geliebte Senatorin ist. Rückkehr zur Autostadt der 80er. Außer Ampel-Bashing hat die CDU an eigenem Programm doch nichts Zukunftsweisendes drauf. Wenn es um Inhalte geht, wird es für die CDU wohl eher ein Desaster.

  17. 2.

    Interessante Auffassung von Demokratie, die breite Kritik der Bevölkerung an der Ampel als Hetze ab zu tun. Keine demokratische Regierung der deutschen Nachkriegszeit hatte je so niedrige Zustimmungswerte.

  18. 1.

    Habe ich das richtig verstanden. Die Wahlwiederholung ändert nichts an den Mehrheitsverhältnissen ( gut so wegen der weit verbreiteten Anti Ampel Hetze ) .

    Und nur in 4 Wahlkreisen könnten Direktkandidaten wechseln?

    Das würde ja heißen das die Wahlwiederholung reine Symbolpolitik und damit Steuerverschwendung wäre.

    Es hätte also genügt nur in den 4 Wahlkreisen neu zu wählen.

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