Landgericht München - Ex-Nationalspieler Jerome Boateng lehnt Einigung ab und will nicht aussagen

Do 20.10.22 | 20:41 Uhr
Der Fußball-Profi und ehemalige Nationalspieler Jerome Boateng sitzt zu Beginn des Auftakts im Berufungsprozess im Gerichtssaal des Landgerichts München. (Quelle: dpa/Peter Kneffel)
Audio: Fritz | 20.10.2022 | Bild: dpa/Peter Kneffel

In seinem Berufungsprozess um den Vorwurf der Körperverletzung hat der frühere Fußball-Nationalspieler Jérôme Boateng die Aussage verweigert. "Er bestreitet strafbares Tun, wird sich ansonsten aber nicht zur Sache äußern", sagte der Anwalt des gebürtigen Berliners am Donnerstag vor dem Landgericht München I.

Boatengs Verteidiger betonten, ihr Mandant habe vor allem vor dem Hintergrund umfangreicher Berichterstattung über ihn im Vorfeld des Prozesses "Anspruch auf ein faires Verfahren".

Boateng lehnt Verständigungsangebot ab

Zuvor hatte der frühere Bayern- und Hertha-Profi, der derzeit bei Olympique Lyon in Frankreich unter Vertrag steht, einen Vorschlag des Gerichts auf eine Verständigung abgelehnt. Er könne das "mit seinem Gewissen nicht vereinbaren", hieß es zur Begründung. Auch wenn die Verhandlung sicher "anstrengend und langwierig" werde, wolle Boateng das Verständigungsangebot nicht annehmen, sagten die Anwälte.

Das Gericht hatte angeregt, das Verfahren "möglichst unproblematisch und ohne großen Aufwand", aber dennoch "sachgerecht" zu beenden. So könne man sich ein "umfangreiches und ungutes Verfahren ersparen", sagte Richter Andreas Forstner. Er hatte den Prozessbeteiligten daher vorgeschlagen, die Berufung weitgehend zurückzunehmen und nur noch gegen die Rechtsfolgen vorzugehen. Dann wäre es nicht mehr um den Tatvorwurf gegangen, sondern nur um die Höhe der Strafe.

Das Amtsgericht hatte Boateng im vorigen Jahr wegen Körperverletzung zu einer Geldstrafe von 1,8 Millionen Euro verurteilt. Die Staatsanwaltschaft hatte eine Geldauflage und eine Bewährungsstrafe gefordert, Boatengs damaliger Verteidiger einen Freispruch. Richter Forstner betonte direkt zu Beginn der Berufungsverhandlung, er halte das Urteil aus erster Instanz für durchaus fundiert.

Ex-Freundin sagt vor Gericht aus

Weil es nun zu keiner Einigung kam, steht erneut eine Beweisaufnahme auf dem Programm. Den Anfang machte die Ex-Freundin Boatengs, die in dem Verfahren als Nebenklägerin auftritt und vor Gericht schilderte, wie der Fußballstar in einem Karibikurlaub 2018 auf sie losgegangen sein soll.

"Dann hat er mich so ein Stück nach vorne gerissen an den Haaren", sagte sie. Er habe ihr den Daumen ins Auge gedrückt, ihr in den Kopf gebissen und mit der Faust in die Seite geboxt. Sie betonte, es sei nicht die erste Attacke dieser Art in der rund elf Jahre dauernden "On-Off-Beziehung" zwischen ihr und Boateng gewesen. Sie sei "daran gewöhnt" gewesen, "dass es Gewaltübergriffe gab, dass es toxisch zuging". Ihr Ex-Freund habe sie sogar dazu bewegen wollen, nicht gegen ihn auszusagen, ihr - teils über Dritte - Geld angeboten, ein Auto, ein Haus in München und regelmäßigen Umgang mit den zehnjährigen Töchtern, die beim Vater leben.

Boateng schüttelte bei der Aussage seiner Ex-Freundin immer wieder den Kopf und sprach leise mit seinen Anwälten.

Prozess wird sich wohl länger hinziehen

Für den neuen Prozess waren ursprünglich zwei Verhandlungstage angesetzt. Das Urteil sollte eigentlich am Freitag fallen. Weil Boatengs Verteidigung aber beantragt hat, alle Akten aus den Familienrechtsverfahren zum aktuellen Prozess hinzuzuziehen und auch die Nebenklägerin womöglich noch einmal zu befragen, gibt es große Zweifel daran, dass der Prozess wirklich nach zwei Tagen zu einem Ende kommen kann.

Sendung: rbb24, 20.10.2022, 18:00 Uhr

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