Verschwundene Vereine | S.C. Rapide Wedding - Was die Kovac-Brüder und Rapid Wien gemeinsam haben

Fr 06.01.23 | 18:37 Uhr | Von Lukas Witte
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Die Jugendmannschaft der Kovac-Brüder. Nico steht in der oberen Reihe als Zweiter von rechts (Paul Trüb)
Bild: Paul Trüb

Vom S.C. Rapide Wedding ist heute nicht mehr viel übrig. Doch für den österreichischen Rekordmeister Rapid Wien und ein berühmtes Brüder-Paar wird der Nord-Berliner Verein für immer eine besondere Bedeutung haben. Von Lukas Witte

Teil 5 von 5 der rbb|24-Serie "Verschwundene Vereine"

Berliner Fußballvereine haben (Negativ-)Rekorde aufgestellt, unzählige Profis hervorgebracht, für unvergessene Spiele gesorgt. Einige dieser Berliner Klubs existieren heute nicht mehr. rbb|24 stellt die verschwundene Vereine vor. Bisher erschienen sind Beiträge zum Spandauer SV , SC Tegel, Wacker 04 Berlin und Vorwärts Berlin. Der letzte Teil befasst sich mit Rapide Wedding, die Heimat eines bekannten Brüderpaares.

"Überaus schnell" – diese Bedeutung findet man, wenn man das Adjektiv "rapide" im Duden nachschlägt. Für eine Gruppe von Schülern der Friedrich-Werderschen-Oberrealschule war dieser Begriff am 1. Oktober 1893 wohl genau passend für ihren neu gegründeten Fußballverein. Es entstand der Berliner Fußballclub Rapide, der bis heute seine Spuren im modernen Fußball hinterlassen hat.

Post aus Wien

Der kleine Klub der Schüler entwickelte sich schnell weiter, fusionierte mit einigen anderen Vereinen und änderte dabei seinen Namen. Ein Wort blieb dabei immer erhalten: "Rapide". So war der BFC Rapide im Januar 1900 eines der Gründungsmitglieder des Deutschen Fußball-Bunds (DFB). Und er wurde mit seinem Namen Vorbild für einen späteren Rekordmeister.

1899 flatterte eine offizielle Anfrage aus Wien in den Briefkasten des Vereinsheims. Den Verantwortlichen des Ersten Wiener Arbeiter-Fußball-Clubs schien der Name "Rapide" so gut zu gefallen, dass sie auch ihren Verein so nennen wollten. Der damalige Vorstand des Berliner Klubs hatte nichts dagegen und so war der Weg frei für die Gründung des SK Rapid Wien, der bis heute 32-mal österreichischer Meister wurde und mehrere Teilnahmen an europäischen Wettbewerben vorzuweisen hat. Nur auf das "e" am Ende von "Rapide" wollten sie verzichten.

"Es hat lange Zeit eine freundschaftliche Verbindung nach Wien gegeben und man hat sich auch zu Testspielen getroffen", erzählt Klaus Köpke, der mehr als 30 Jahre im Vorstand des S.C. Rapide Wedding saß, einem Nachfolgerverein des BFC Rapide. Über die Jahre hätte diese Verbindung allerdings immer mehr nachgelassen und heute würde die Geschichte kaum noch jemand kennen.

Sportliche Hochphase als Rapide Wedding

Als S.C. Rapide Wedding erlebte der Verein dann ab den 50er Jahren seine sportlich erfolgreichste Zeit. 1958 wurden sie erstmals Meister in der West-Berliner Amateurliga und wiederholten diesen Erfolg acht Jahre später. Es folgte eine längere Phase in der Regionalliga, die damals die zweithöchste Spielklasse war, und ein Gewinn des Berliner Landespokals im Jahr 1974. Auch zwei Teilnahmen an der Hauptrunde des DFB-Pokals hat Rapide vorzuweisen. "Das war einfach menschlich ein toller Verbund und es wurde interessanter Fußball gespielt", sagt Köpke.

Rapide sei damals der Sportverein Nummer eins im Kiez gewesen. Und so lockte er auch viele junge Fußball-Talente auf den Platz – unter anderem ein Bruder-Paar, das heute in ganz Deutschland bekannt ist. Denn nicht nur die Geschichte des SK Rapid Wien begann bei den Nord-Berlinern, sondern auch die von Niko und Robert Kovac.

Von Rapide bis zu Bayern München

Die beiden Söhne kroatischer Eltern wuchsen im Wedding auf und machten ihre ersten Fußballerfahrungen beim S.C. Rapide. "Es war vom ersten Tag an zu erkennen, dass aus ihnen etwas Besonderes wird", sagt Köpke. Das hätten ihm die Zwillingsbrüder Paul und Peter Trüb erzählt, die damals die Jugendtrainer der Kovacs waren. "Die waren wie Väter für sie", erzählt Köpke.

Ende der 80er wechselten Niko und Robert zu Hertha 03 Zehlendorf und starteten von da an richtig durch. Beide gewannen mehrere Titel und wurden unter anderem gemeinsam mit dem FC Bayern deutscher Meister und DFB-Pokalsieger. Und auch nach ihrer Karriere als Fußballer stehen die erfolgreichen Geschwister noch Seite an Seite. Gemeinsam trainierten sie Eintracht Frankfurt, den FC Bayern München, Monaco und aktuell den VfL Wolfsburg – Nico als Chef- und Robert als Co-Trainer.

Das Ende einer Ära

Heute ist vom Jugendverein der beiden Brüder nicht mehr viel übrig. Vor allem in den 90er Jahren ging es sportlich bergab bis in die sechstklassige Landesliga. Köpke macht dafür rückblickend vor allem die Geldfrage verantwortlich. "Die Spieler spielten plötzlich verrückt und forderten Gehälter, die keiner bezahlen konnte", sagt er.

Im Jahr 2001 sahen die Verantwortlichen in einer Fusion mit dem SV Nord-Nordstern eine Lösung. Rapide hatte mehr sportliche Erfolge vorzuweisen und die größere Fußballabteilung, Nordstern war dafür wirtschaftlich besser aufgestellt. "Beide Vereine waren der Meinung, dass diese Kombination eigentlich nur Erfolge bringen könnte", erklärt Köpke.

Funktioniert hat dieser Plan nicht. Mittlerweile spielt der Klub als SV Nord Wedding nur noch in der Kreisliga A. Und auch das Wort "Rapide" hat sich nun aus dem Namen verabschiedet. Damit ging auch ein Stück Tradition verloren. In dem neuen Verein würde kaum noch etwas von Rapide drinstecken, sagt Köpke. Zumindest im Lebenslauf der Kovac-Brüder und in der österreichischen Fußballgeschichte wird es aber für immer bleiben.

Beitrag von Lukas Witte

6 Kommentare

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  1. 6.

    Tolle Serie. Sie müssen sich unbedingt mit der Vereinsgeschichte vom 1.FC Neukölln 1895 befassen. 95 vom Hertzbergplatz an der Sonnenallee, sehr interessant! Gut Sport.

  2. 5.

    Tolle Serie! Gerne mehr davon!!!!!!!!

  3. 4.

    Forza Rapid... guter Club, gute Leute.
    Die Serie kann gerne weitergehen. Auch andere Sportarten... Eishockey...

  4. 3.

    Habe selbst dort das Fussballspielen gelernt.
    Schade was mit dem Verein passiert ist. Schließlich brachten sie auch einen Spieler Namens Karl Heinz Gründel lange vor den Kovacs in der Bundesliga unter.
    Leider hatte man sich damals nie davon erholt das der Schatzmeister das Vereinsgeld veruntreut hat und so ist der Verein in die finanzielle Schoeflage geraten...damals in der Ungarnstr......

  5. 2.

    Rapid Wien Lebenssinn!

  6. 1.

    Der Bericht war überaus interessant und informativ. Schön das an die alten Klubs erinnert wird. Danke

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