Tausende Patienten ohne Hausarzt - Wie Lübben auf den Ärztemangel reagiert

Fr 22.07.22 | 17:29 Uhr
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Ein Zettel an einer Tür mit der Aufschrift "Die Praxis bleibt geschlossen" (Symbolfoto: dpa/Pleul)
Audio: Antenne Brandenburg | 22.07.2022 | Daniel Friedrich | Bild: dpa-Zentralbild

Der Ärztemangel ist nicht nur in der Lausitz ein Problem. Aber in und um Lübben ist er gerade besonders groß. Seit Jahresbeginn fehlen sechs Hausärzte, tausende Patienten stehen ohne Arzt da. Jetzt ist Besserung in Sicht - vielleicht sogar doppelt. Von Daniel Friedrich

Der Landkreis Dahme-Spreewald hat die Initiative ergriffen, um etwas gegen den Ärztemangel in Lübben und Umgebung zu unternehmen. Zusammen mit dem Klinikum Dahme-Spreewald will der Kreis zum 1. Oktober ein Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) in Lübben eröffnen. Das Haus steht fast direkt neben dem Krankenhaus. Es handelt sich dabei um die frühere Poliklinik. Um sie auf Vordermann zu bringen, hat der Kreistag in seiner jüngsten Sitzung 100.000 Euro bewilligt.

Seit Beginn des Jahres 2022 fehlen im Raum Lübben sechs Hausärzte, die unter anderem in den Ruhestand gegangen sind. Nachfolger gibt es nicht. Davon betroffen sind tausende Patienten.

Gleich zwei MVZ geplant

Zum Start im Oktober soll eine erste Hausarztpraxis im MVZ einziehen - sowie eine Ärztin, die schon im Ruhestand ist, aber auch noch "zwei Tage, vielleicht drei Tage" pro Woche Patienten behandeln will, sagte Landrat Stephan Loge (SPD) dem rbb. Ziel ist es, im kommenden Jahr zwei weitere Ärzte anzuwerben. Zudem soll es ab 1. Januar 2023 einen neuen niedergelassenen Hausarzt in Lübben geben. Den konnte die Kassenärztliche Vereinigung gewinnen.

Drüber hinaus plant auch die Stadt Lübben ein eigenes MVZ, zusammen mit der Lübbener Wohnungsgesellschaft. Diese soll auch das Gebäude stellen. Konkrete Ideen soll es bereits für einem Wohngebiet im Lübbener Norden geben. Alles weitere zu diesem Vorhaben soll bei der nächsten Stadtverordnetenversammlung im August besprochen und beschlossen werden.

Keine sinnlose Doppelstruktur

Bei Plänen für gleich zwei Medizinische Versorgungszentren will Lübbens Bürgermeister Jens Richter (CDU) aber noch nicht von Konkurrenz sprechen. Die Konzepte könnten sich auch ergänzen. "Wir müssen einfach schauen, wo sich der eine hin entwickelt, was der andere machen will", sagte er dem rbb. "Vielleicht machen wir auch alle das Gleiche, dann gehört zur Ehrlichkeit dazu, dass man sich zusammensetzt und eine vernünftige Lösung schaffen kann." Eine sinnlose Doppelstruktur soll es nicht geben, so Richter - "da werden sicherlich die Abgeordneten ganz genau hinschauen."

Laut Experten braucht es acht bis zehn Praxen, damit sich ein Medizinisches Versorgungszentrum trägt. Ob sich auf einen Schlag so viele Ärzte finden, dass gleich zwei solche Einrichtungen in Lübben nebeneinander existieren können, ist unklar.

Sendung: Antenne Brandenburg, 22.07.2022, 16:10 Uhr

25 Kommentare

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  1. 25.

    "Jeder Patient will Hightechmedizin, nur zahlen will er dafür nicht mehr."
    Dieser Satz ist eine unbewiesene provokative Tatsachenbehauptung, die schon beim lesen weh tut.
    Bitte scheren Sie nicht alle und alles über einen Kopf.
    In Gegenden - wie hier - ohne Hausarzt sind die Leute schon froh, wenn ihnen jemand nur ein Rezept für ihre Dauermedikamente ausschreibt.

  2. 24.

    "Auch werden sich Patienten auf dem Land daran gewöhnen müssen, weiter zu fahren. "
    Warum sollen sich die Weißkittel nicht daran gewöhnen müssen, Ihre Patienten etwas weiter weg von der eigenen Haustür zu behandeln?
    Sie wollen ein Privileg für Einzelne? Aus welchem Grund?

  3. 23.

    "Aber auch das Problem kann man ja einfach durch Zwang lösen!"
    Sie haben den letzten Satz meines Beitrages nicht gelesen oder nicht verstanden.
    Ich brauche in einer Kleinstadt nicht 5 Augenärzte - zumal die ja mittlerweile bekanntermaßen nicht mal mehr eine eigene Praxis haben sondern nur von Spekulanten getrieben werden.
    Erkenntnisse z.B. https://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/panorama3/Spekulanten-greifen-nach-Arztpraxen,arztpraxen110.html
    Es werden nur 3 zugelassen.
    Die anderen zwei sind dann entweder bereit sich woanders niederzulassen oder suchen sich einen anderen Job! Das machen andere auch.

  4. 22.

    "Ein zentrales Steuerungssystem wie in Norwegen wäre gut."
    Haben Sie in ein Wespennest gestochen?
    Au fein! Endlich realistische KV-Beiträge! Eine staatliche Krankenkasse für alle und kein KleinKleckerlein. Endlich keine Privatpatienten und keine Beamtenbevorzugung mehr. Medikamentenzuzahlung maximal 200Euro im Jahr, und die Zulassung zum Facharzt allgemein ist jedem ausgebildetem Arzt, der das praktische geschafft hat, eröffnet.

    Es wird schon seinen Grund haben, warum es soviele deutsche in die skandinavischen Länder zieht.

  5. 21.

    Ein Arzt, der nur 2-3 Tage pro Woche arbeiten möchte, blockiert aber auch gleichzeitig einen Kassensitz für neue Kollegen.

    Wenn man die Einnahmen und das Kostenrisiko für Landärzte verträglicher gestalten würde, gäbe es auch mehr Nachwuchs.

    Dazu kommt noch die Angst vor dem Regress, der einen niedergelassenen Arzt ruinieren kann. Eigentlich ist es unwirtschaftlich, teure Medikamente zu verordnen.

    Auch werden sich Patienten auf dem Land daran gewöhnen müssen, weiter zu fahren.

  6. 20.

    Und genau darum sind angestellte Ärzte in den Praxen ein Problem. Die Praxisinhaber schuften 70 Stunden und mehr pro Woche und die angestellten Ärzte gehen nach 40 Stunden nach Hause? Das funktioniert nur, wenn angestellte Ärzte wesentlich weniger verdienen. Wie sollen sie denn sonst ihr Gehalt erwirtschaften?

    Das Gejammer der Patienten höre ich jetzt schon.

    Auch in einem MVZ arbeiten viele Ärzte nicht im Angestelltenverhältnis.

    Letztlich geht's nur mit besserer finanzieller Ausstattung.

  7. 19.

    Und da gibt es keine Möglichkeiten?
    Wie z.B. ältere Ärzte, die nur noch 2-3 Tage arbeiten möchten und ihre Praxis noch nicht ganz - im Interesse ihrer Patienten - aufgeben möchten und keinen Nachfolger finden.
    Oder auch die widerentstehenden Polikliniken, jetzt Medizinische Versorgungszentren genannt.

    "Ein Angestellter Arzt in einer Praxis lässt nach 40 Stunden den Stift fallen. Daher eher Hindernis als Lösung."
    In anderen Branchen verlassen die Angestellten nach ihrer Arbeitszeit auch den Arbeitsplatz.
    ist doch normal, oder?

  8. 18.

    Es gibt in Kliniken und ganz wenigen Praxen angestellte Ärzte.

    Ein Angestellter Arzt in einer Praxis lässt nach 40 Stunden den Stift fallen. Daher eher Hindernis als Lösung.

    Letztlich muss unser Gesundheitssystem umgestellt werden. Mehr Steuerung, mehr Eigenbeteiligung und Leistungseinschränkungen

  9. 17.

    Das erklärt sich ja von selbst.
    Werde ich verpflichtend eingesetzt, eröffne ich keine Praxis und verschulde mich.
    Gibt es heute keine angestellten Ärzte mehr?

  10. 16.

    Zu DDR Zeiten musste sich auch kein Arzt für die eigene Praxis haushoch verschulden müssen.

    Als ich meine Hausarztpraxis übernahm, musste ich Kredite über 350.000 Eur für Umbau, neue Geräte ect aufnehmen.

    Ich arbeite etwa 70 Stunden pro Woche und verdiene als Facharzt weniger als ein Assistenzarzt in einer Klinik.

    Hätte ich nicht 20% Privatpatienten, wäre ich schon lange pleite.

    Jeder Patient will Hightechmedizin, nur zahlen will er dafür nicht mehr. Letztlich muss mehr Geld ins System.

  11. 15.

    Der Eid beinhaltet nicht, dass ein Patient behandelt werden muss und auch ein Recht auf einen bestimmten Arzt gibt's nicht.

    Wenn ein Patient keine Erkrankung hat, muss auch nicht behandelt werden.

    Ein zentrales Steuerungssystem wie in Norwegen wäre gut. Der Patient bekommt einen Hausarzt zugewiesen. Dieser veranlasst bei Bedarf eine Überweisung an einen Facharzt. Der Patient bekommt dann den Arzt und den Termin schriftlich genannt.

    Dann muss jeder auch den Zahnarzt selbst zahlen

  12. 14.

    Kein Landarzt kann gemeinnützig tätig sein.

    Die Kassen müssen wesentlich höhere Pauschalen für Landärzte zahlen. Zudem muss ein Hausbesuch vernünftig entlohnt werden. Zu den aktuellen Konditionen kann niemand mehr Hausbesuche machen

    Ich habe ne Praxis in Berlin und kann aus wirtschaftlichen Gründen keine Hausbesuche mehr machen. Die aktuellen Vergütungen der Kassen pro Hausbesuch sind bei weitem nicht mal kostendeckend. Der Pat muß dann ggf den Notarzt oder den Bereitschaftsdienst rufen.

  13. 13.

    Zu DDR-Zeiten wurden die angehenden Ärzte nach dem Studium verpflichtend in verschiedene Regionen des Landes eingesetzt, um dem Ärztemangel entgegenzuwirken.
    Manches Mal sind diese dann auch vor Ort geblieben.
    Sollte heute nicht so etwas auch möglich sein?
    Der Staat finanziert doch das Studium. Wäre dann m.E. ein sinnvoller "Ausgleich".

  14. 12.

    Finanzielle Besserstellung auch steuerlich (ähnlich der Gemeinnützigkeit)würde schon mal helfen Mediziner aus Städten ins Umland zu "locken" (besonders nachdem das Gesundheitswesen immens weggespart wurde)! Weitere Abwanderungen von Fachpersonal kann "D" sich nicht leisten; man nehme sich nur an den Arbeitsverhältnissen in skandinavischen Praxen und Kliniken ein Beispiel !!

  15. 11.

    Schönes rechtes Feindbild was Sie da aufbauen. Können Sie auch erläutern, was das damit zu tun hat, dass niemand mehr Landarzt werden will?

  16. 10.

    Das Gesundheitssystem hat gegenwärtig auch eine Vielzahl von Personen zu versorgen, die nicht in das System eingezahlt haben. "
    Ich finde auch, das die organisierte Form der Schwarzarbeit und damit die Hinterziehung von Sozialversicherungsbeiträgen weitaus härter bestraft werden muß.

  17. 9.

    Klar, wir haben einfach ein paar Freiheiten für Ärzte auf, zwingen sie irgendwo aufm Dorf zu arbeiten, und das nichtmal in der Spezialisierung, die sie interessiert. Ein paar Jahre später wundern wir uns dann, warum niemand freiwillig Medizin studiert und in Deutschland bleibt. Aber auch das Problem kann man ja einfach durch Zwang lösen!

  18. 8.

    "Das Geld fehlt natürlich auch für Ärzteverguetungen"
    Das ist schlichtweg falsch.
    Für jede Person, die Leistungen nach den Sozialgesetzbüchern bezieht, wird den Krankenkassen der ihnen zustehende Betrag überwiesen.
    Zum Erkenntnisgewinn: https://www.bundesgesundheitsministerium.de/faq-medizinische-hilfe-ukraine.html

  19. 7.

    Das Gesundheitssystem hat gegenwärtig auch eine Vielzahl von Personen zu versorgen, die nicht in das System eingezahlt haben. Das Geld fehlt natürlich auch für Ärzteverguetungen

  20. 6.

    Ich kann das Gejammer nicht mehr hören.
    Weder von den Ärzten, die einen Eid geschworen haben, noch von der Politik, die die Belange der Bürger - also die ärztliche Versorgung - an eine Organisation abgegeben hat, die mit Taschenspielertricks ständig erklärt, das wir alle überversorgt sind.

    Das gesamte Gesundheitssystem gehört überarbeitet und endlich wieder zu dem gemacht, was es sein soll: ein Solidarsystem! Und dann muss eben der 5te Augenarzt in der Kleinstadt damit rechnen, das seine Bezüge gekürzt werden, genauso wie der 8te Internist in einem Stadtbezirk.
    Die Versorgung mangelt nicht an Personal sondern nur an der Verteilung.

  21. 5.

    " Niemand kann gezwungen werden, sich in ländlichen Regionen niederzulassen. "

    deshalb ja die MVZ in denen der Arzt meistens angestellt ist, keine Personal u. Abrechnungslprobleme hat usw.
    Die Konditionen können allerdings unterschiedlich sein

  22. 4.

    " Es muss eine verbesserte Entschädigung für Hausbesuche auf dem Land und für Praxen auf dem Land geben. "

    wohl wahr, hinzukommen aktuell die explodierenden Energiepreise für Heizung, Strom und Benzin , ein Ende nicht absehbar
    weiter : wo sollen die benötigten MFA denn herkommen ? schon in den Städten wird händeringend danach gesucht ;
    und über allem schwebt Corona mit Personalausfällen in Kliniken und Praxen

  23. 3.

    " sowie eine Ärztin, die schon im Ruhestand ist, "

    die hat sich halt erbarmt.......... " Gleich zwei MVZ geplant " sehr ambitioniert, fehlen nur noch die Ärzte, idealerweise Allg.Arzt , Internist , Kardiologe , Augenarzt u. Gynäkologe , Orthopäde wäre auch sinnvoll..... man wird sehen

  24. 2.

    Niemand kann gezwungen werden, sich in ländlichen Regionen niederzulassen.

    Es muss eine verbesserte Entschädigung für Hausbesuche auf dem Land und für Praxen auf dem Land geben.

    Letztlich sind wir Ärzte auch Unternehmer. Niemand kann eine Praxis auf dem Land und womöglich noch mit vielen Hausbesuchen wirtschaftlich führen, wenn für die Übernahme der Praxis und die Modernisierung teure Kredite aufgenommen werden müssen.

    Hightechmedizin zum Billigtarif funktioniert nicht.

  25. 1.

    Soviel zur Gesundheitversorgung in Deutschland ohne Worte.

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