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Audio: Antenne Brandenburg | 15.11.2022 | Isabelle Schilka | Quelle: dpa Themendienst

Steigende Kosten

Tierhalter buchen verstärkt Termine vor Start neuer Gebührenordnung

Wenn Waldi oder Purzel zum Arzt müssen, wird es bald teurer: Für Tierärzte stehen neue Gebühren an - die erste umfangreiche Überarbeitung seit 1999. Bei einem Lausitzer Tierarzt führt das zu Last-Minute-Terminen. Von Isabelle Schilka

Der Terminkalender von Tierarzt Martin Pehle aus Guben (Spree-Neiße) ist gut gefüllt. "Nicht unbedingt voller als sonst, aber man merkt schon, dass manche Leute Termine vorziehen."

Denn ab 22. November gilt eine neue Gebührenordnung für Tierärzte (GOT) mit teilweise höheren Preisen - da würden einige Tierbesitzer noch schnell einen Termin zu den bisherigen Konditionen wollen, sagt der Arzt am Dienstag dem rbb.

Im August war die neu überarbeitete Gebührenordnung im Bundesgesetzblatt veröffentlicht worden. Die Erhöhung wird demnach zum Beispiel Katzenhalter stärker treffen als Hundebesitzer, weil die Preise angeglichen wurden. So kostet künftig eine "allgemeine Untersuchung mit Beratung" für Hunde 75 Prozent mehr, für Katzen 163 Prozent. In Euro heißt das für beide Tiere 23,62 Euro, statt bisher 13,47 Euro (Hunde) und 8,98 Euro (Katzen).

NEUE GEBÜHREN

"Notwendige Überarbeitung"

Von einer "Preiserhöhung" spricht Tierarzt Martin Pehle eher ungern, lieber von einer Preisanpassung und einer "notwendigen Überarbeitung" der Gebührenordnung. Die letzte umfangreiche Aktualisierung gab es 1999. "Die wissenschaftliche Halbwertzeit ist ungefähr vier Jahre, das heißt, dass sich innerhalb von vier Jahren das Wissen verdoppelt - und entsprechend auch Techniken und Anwendungen", so der Mediziner. Diese seien jedoch in der Gebührenordnung vor 23 Jahren nicht abgebildet gewesen. "Da waren zum Teil Gebühren vorgesehen, die gelten heute als Kunstfehler, wenn man diese Behandlung durchführen würde."

Seitdem gab es immer wieder kleinere Gebührenpassungen. Viele Tierärzte berechnen rund 50 Prozent mehr als 1999 festgeschrieben. Doch mit 20 Prozent Lohnanpassung und technischen Innovationen reiche auch das nicht aus, so Pehle. Er betont auch, dass nicht alle Leistungen teurer werden - Röntgen werde beispielsweise günstiger. Die Erhöhungen würden vor allem die alltäglichen Dinge treffen.

Ohne Tierkrankenversicherung "schwierig"

Um das eigene Tier auch in Zukunft gut medizinisch versorgen zu können, empfiehlt der Tierarzt, monatlich um die 20 Euro zurückzulegen. Das sollte die jährlichen Tierarztkosten für zum Beispiel eine Impfung und eine Schnupfenbehandlung decken, so Pehle. Dennoch werde es seiner Ansicht nach ohne eine Tierkrankenversicherung "schwierig". Er blickt dabei auf die Kosten für Tieroperationen. "Bei den richtigen OPs ist inzwischen der tierärztliche Wissenstand, der medizinische Stand so weit - wir sind auch gesetzlich inzwischen zu so vielen Sachen verpflichtet - das geht gar nicht anders."

Martin Pehle in seiner Praxis | Quelle: rbb/Schilka

So eine Versicherung sei in anderen Ländern wie England oder Frankreich bereits ganz normal, so der Arzt. Dort seien die Preise schon seit langem auf einem deutlich höheren Niveau. Das berichtete auch die Berliner Tierärztin Sarah Watson bereits Ende August, kurz nach der Veröffentlichung der neuen Gebühren. Viele ihrer ausländischen Kunden hätten eine höhere Akzeptanz für die Gebühren, so die Ärztin. "Ich hatte schon mal eine New Yorkerin, deren Hund eine lockere Kniescheibe hatte. Als ich ihr den Preis für die OP nannte, sagte sie, es lohne sich finanziell, von New York hierher zu fliegen, den Hund operieren zu lassen und dann wieder zurückzufliegen".

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Halter und Halterinnen wie Olivia Zippel, die mit ihrem Dackel Frida am Dienstag in Guben unterwegs war, stört die Preiserhöhung weniger. "Wer sein Tier liebt, bezahlt das auch dafür", sagte sie dem rbb. Die Tiere müssten ja trotzdem mit Medikamenten versorgt werden, so Zippel.

Tierarzt Martin Pehle glaubt nicht, dass sich jetzt aufgrund der höheren Gebühren die Tierheime füllen, wie es manche vermuten. Diese seien zum Teil schon jetzt voll und das habe andere Ursachen. "Das liegt nicht daran, dass sich die Leute die Tiere nicht leisten können," meint der Mediziner. Ein Grund für die vielen Katzen in den Heimen sei beispielsweise, dass es keine Kastrationspflicht für freilaufende Katzen gibt.

Mit Informationen von Anna Bordel.

Sendung: Antenne Brandenburg, 15.11.2022, 14:40 Uhr

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