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Audio: Antenne Brandenburg | 11.09.19 | Holger Kessler | Quelle: rbb/Phillipp Manske

Streit um Rückübertragung jüdischer Grundstücke

Im Häuserstreit von Groß Gaglow beginnt die Schlichtung

Im Streit um die Rückübertragung von Grundstücken ehemaliger jüdischer Siedler in Groß Gaglow hat die Schlichtung begonnen. Die Bewohner signalisierten Kompromissbereitschaft. Nun kommt es auf die Jewish Claims Conference an. Von Anja Kabisch

In den Streit um die Rückübertragung von Grundstücken ehemaliger jüdischer Siedler an die Jewish Claims Conference (JCC) im Cottbuser Ortsteil Groß Gaglow könnte Bewegung kommen. Am Mittwoch ist ein von der brandenburgischen Staatskanzlei berufener Schlichter nach Groß Gaglow gekommen, um mit den vier betroffenen Familien zu sprechen.

Der Schlichter, Jürgen Kipp, war Präsident des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg. Er machte zunächst einen Rundgang entlang der betroffenen Grundstücke. Anschließend kam er mit den Familien ins Gespräch. Schließlich soll an einer Einigung mit der JCC gearbeitet werden. Ob sich die Familien darauf einlassen, ist allerdings fraglich.

"Natürlich würde ich jetzt die einzelnen Betroffenen fragen, wie ihre eigene Haltung ist, ob sie irgendeine Art von Kompromiss am Horizont sehen", so Kipp am Mittwoch. Sollte das nicht der Fall sein, will Kipp versuchen, die Haltung "aufzuweichen". Andernfalls sei die Schlichtung bereits gescheitert. Am Mittwoch zeigten sich die Betroffenen aber kompromissbereit.

Nun nimmt Kipp Kontakt zur JCC auf, um auch dort die Kompromissbereitschaft auszuloten. Auch mit dem Bundesamt für offene Vermögensfragen und dem Cottbuser Liegenschaftsamt will Kipp sprechen.

Die jüdischen Siedler, die in Groß Gaglow lebten, mussten ihre Häuser 1935 zwangsverkaufen. Die Eltern der jetzt von der Rückübertragung betroffenen Familien hatten sie gekauft. Einer von ihnen lebt bereits seit 80 Jahren in seinem Haus.

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Zwischenergebnis in drei Monaten

Seit knapp eineinhalb Jahren versuchen sich die Familien zusammen mit Ortsvorsteher Dieter Schulz gegen das Vorgehen der JCC zu wehren. Schulz wendete sich an verschiedene Ministerien und sprach unter anderem mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, Ministerpräsident Dietmar Woidke und Staatskanzleichef Martin Gorholt. Dieser nahm schließlich Kontakt zur JCC auf und setzt mittlerweile auf eine Einigung. Vom Bund gab es derweil keine Hilfe.

Der Fall Groß Gaglow erzeugte deutschlandweit und sogar international Aufmerksamkeit. So hatte beispielsweise ein israelischer Journalist die Familien Anfang des Jahres besucht. Sein Artikel in einer israelischen Zeitung hatte auch in seinem Heimatland Kritik ausgelöst. Auch Holocaustüberlebende und deren Kinder kritisierten JCC für ihr Vorgehen in einem offenen Brief.

Die betroffenen Anwohner konnten am Mittwoch ein wenig Hoffnung schöpfen. Innerhalb von drei Monaten will Jürgen Kipp ein Zwischenergebnis präsentieren.

Beitrag von Anja Kabisch

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