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Audio: Antenne Brandenburg | 22.03.2023 | Florian Ludwig | Quelle: rbb/Martin Schneider

Nach Standort-Aus für Kaufhaus

Modekette Aachener will Hälfte der Galeria-Fläche in Cottbus übernehmen

Bekommt Cottbus die nächste Innenstadtbrache? Diese Angst war da, als bekannt wurde, dass die Warenhauskette Galeria den Lausitzer Standort schließt. Jetzt gibt es mit der Modekette Aachener eine Perspektive - zumindest für gut die Hälfte der Ladenfläche.

Die Modekette Aachener will vier Galeria-Warenhäuser übernehmen, darunter das in Cottbus. Das Unternehmen hat nach eigenen Angaben die Vorbereitungen dafür und damit für die Fortführung der Standorte getroffen. Neben Cottbus betrifft das auch Coburg, Frankfurt (Main) und Nürnberg-Langwasser, teilte Geschäftsführer Friedrich Göbel am Mittwoch mit.

Sein Unternehmen habe die Mietverträge für die Immobilien schon unterschrieben. Sie werden laut Göbel rechtswirksam, sobald der bisherige Mieter gekündigt hat. Außerdem gebe es für eine Reihe weiterer Galeria-Standorte "weit fortgeschrittene Verhandlungen" über Mietverträge. Aachener gehe davon aus, dass bis Februar 2024 zwischen zehn und 25 bisherige Galeria-Standorte angemietet und fortgeführt werden können.

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Mietvertrag für zehn Jahre - Verlängerung möglich

Am Donnerstag gab der Vermieter des Gebäudes, die Verifort Capital Gruppe, in einer Mail an den rbb weitere Details bekannt. Demnach werde die Modekette nicht das komplette Kaufhaus in Cottbus übernehmen, sondern etwas mehr als die Hälfte der insgesamt 20.000 Quadratmeter. "Über die rund 9.000 Quadratmeter Verkaufsfläche sowie rund 3.000 Quadratmeter Lager-, Personal-, Sozial- und Nebenflächen wurde ein Mietvertrag über zehn Jahre mit Verlängerungsoption geschlossen", heißt es.

Der Einzug sei für die erste Jahreshälfte 2024 geplant, weil davor noch Umbaumaßnahmen stattfinden sollen. Darüber hinaus laufen laut Vermieter für die restlichen Verkaufsflächen gerade Verhandlungen mit Anbietern aus dem Drogerie- und Lebensmittelhandel. "Der Plan beinhaltet, dass wir am Ende vier bis fünf Mieter haben", sagte Thomas Heidelberger von Verifort Capital dem rbb.

Mitarbeiter sollen übernommen werden

Auf den Kaufhausflächen sollen nach Angaben der Modekette sogenannte Aachener Department Stores entstehen. Das Konzept hierfür will Geschäftsführer Göbel Anfang April 2023 bekanntgeben. Alle bisherigen Galeria-Beschäftigten sollen übernommen werden, wenn sie das wollen, heißt es. In Cottbus arbeiten zurzeit rund 80 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Die Modekette Aachener betreibt bisher bundesweit sieben Filialen, alle im Westen Deutschlands. Cottbus wäre der erste Standort im Osten. Aachener verkauft Schuhe, Bekleidung und Schmuck verschiedener Marken.

Kritik von Verdi: Stellenanzeigen ohne Hinweise auf Bezahlung nach Tarif

Die Gewerkschaft Verdi zeigte sich zu dieser Entwicklung skeptisch. Es sei immer gut, wenn Leerstand abgewendet werden könne. In den Stellenanzeigen der Modekette gebe es aber keine Hinweise auf eine tarifliche Bezahlung der Angestellten, sagte Verdi-Sprecherin Conny Weissbach am Mittwochnachmittag im rbb. "Insofern kann man davon ausgehen, dass es die nicht gibt", so Weissbach. Fraglich sei auch, zu welchen Konditionen wie viele der Beschäftigten übernommen würden.

Das Ende von Galeria Kaufhof in Cottbus kritisierte Weissbach weiterhin. Es sei ein Unterschied für eine Innenstadtlage, ob ein Warenhaus oder eine Modekette der Ankermieter sei. Es gebe kaum Einkaufsalternativen "weit und breit". Sie bedauere die Entwicklung - gerade für ältere Menschen, die nicht ständig im Internet einkaufen würden. Ob in dieser Frage "die letzte Messe gelesen" sei, würde sie aber noch abwarten, sagte Weissbach.

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Oberbürgermeister: "Wichtiges Zeichen"

Als ein wichtiges Zeichen für die Lausitz, Cottbus, die Innenstadt und für die Beschäftigten bezeichnete der Cottbuser Oberbürgermeister Tobias Schick (SPD) die geplante Übernahme durch die Modekette. "Wir brauchen eine Belebung, nicht nur der Innenstadt, sondern auch des Standortes, so dass Handel und vieles mehr erlebbar ist."

Auch der Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer (IHK) Cottbus, Wolfgang Krüger, spricht von einem guten Signal für die Lausitz. Es sei vor allem ein Signal, dass die Investoren an die Zukunft der Stadt glauben. Auch für die Mitarbeiter sei es eine gute Nachricht. "Uns freut besonders, dass auch die Auszubildenen eine Chance haben, in diesem Segment ihre Ausbildung zu Ende zu führen."

Jetzt müssten schnell offene Fragen geklärt werden. "Das heißt: Es gibt schon noch eine Phase der Unsicherheit - auch mit Blick darauf, wie die jeweiligen Vertragsangebote seitens Aachener aussehen wird." Dabei gehe es um die Frage, ob für die Mitarbeiter die gleichen Tarifkonditionen gelten werden, wie zuletzt bei Galeria Karstadt Kaufhof.

Insolvente Warenhauskette Galeria

Mitte März war bekannt geworden, dass von den 129 Galeria-Warenhäusern in Deutschland 52 geschlossen werden sollen. Der Standort in Cottbus soll zum 30. Juni 2023 die Türen schließen. Nach der Bekanntgabe wurden noch einmal fünf Häuser von der Liste gestrichen, Cottbus gehörte aber nicht dazu.

Galeria ist Deutschlands letzte große Warenhauskette. Sie begründet die geplanten Schließungen damit, dass die Kaufkraft der Bevölkerung sinkt und die Energiekosten gestiegen sind.

Sendung: Antenne Brandenburg, 22.03.2023, 15:30 Uhr

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