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Quelle: Riccardo Wittig

Wiederaufbau der St. Marienkirche

Die Stimme von Prenzlau ist wieder da

Im Mai wird das Gewölbe der Prenzlauer St. Marienkirche eingeweiht. Noch sind die Handwerker beschäftigt. Doch schon jetzt hat das Kirchenschiff seinen Klang wieder. Den Aufbau des neuen Gewölbes haben die Handwerker in Rekordzeit geschafft. Von Riccardo Wittig

Noch vor wenigen Monaten klang der Baulärm in der St. Marienkirche in Prenzlau (Uckermark) dumpf und kalt. Jetzt, wo die letzte Gewölbekappe geschlossen ist, verwandelt sich das tüchtige Schaffen der Handwerker in eine sanfte Melodie. "Wir könnten ja hier als Handwerkerchor auftreten", witzelt einer der Maurer. Eine lange Tafel haben sie aus Baurüstungen für die Abschlussfeier aufgebaut. Dort wollen die Handwerker auf das Geleistete zurückblicken. Schon jetzt sind sie mit Recht darauf stolz.

Das Gewölbe wurde schneller fertig als geplant | Quelle: Riccardo Wittig

In Rekordzeit das Gewölbe aus dem Boden gestampft

Rund 20 Monate haben die Bauleute der Firma Denkmalpflege Prenzlau eines der deutschlandweit aktuell größten Kirchengewölbe in Rekordzeit aus dem Boden gestampft. Zehn Monate früher als geplant. Jetzt muss die letzte von 21 Gewölbekappen noch verputzt und gestrichen werden. "Wir haben selber nicht daran gedacht", erzählt Michael Schulz. "Anfangs hatten wir  so unsere Schwierigkeiten mit der Größe", fügt sein Maurerkollege Andreas Kuschel  hinzu. "Aber dann hatten wir uns schon recht schnell eingefuchst." Und die neuen Steine passen sich in die historische Bausubstanz in Form und Farbe hervorragend ein.

Mehrere Hundert Tonnen wiegt jetzt das neue Gewölbe und bildet das Dach des dreiflügeligen Kirchenschiffes. 12.000 Formsteine für die im Inneren sichtbaren Rippen und 96.000 Ziegelsteine wurden für die Seitenwände, auch als Busung bezeichnet, der Kappen verarbeitet. Eine besondere Herausforderung ist das Mauern der Ziegellagen über Kopf.

Die Maurer mussten ohne Lot und Wasserwaage zurechtkommen. Die Errichtung solcher riesigen Kirchengewölbe erfordert viel Erfahrung mit dem Umgang alter Handwerkstechniken. "Einige Maurer haben diese Erfahrungen, sonst hätte das Unternehmen den Auftrag nicht erhalten können", sagt Bauherr und Superintendent Reinhard Müller-Zetzsche. "Und andere profitieren von den Erfahrungen der älteren Kollegen und tragen dieses  wertvolle Handwerk weiter."

Kirche im Zweiten Weltkrieg zerstört

Das Wahrzeichen von Prenzlau, die St. Marienkirche, gehört zu den bedeutendsten Backsteingotik-Kirchen Norddeutschland. Sie ist in den Apriltagen 1945 zerstört worden. Die Stadt lag zu 85 Prozent in Schutt und Asche. "Ob die Wunden der Stadt Prenzlau mit dem Gewölbe geheilt sind, würde ich sagen nein", sagt Architekt Klaus Schmidt auf die Nachfrage, ob alle Kriegswunden in Prenzlau nun beseitigt sind. "Zwar ist es schön, das Gewölbe wieder zu haben, aber es stimmt immer wieder traurig, wenn man die früheren Bilder der Stadt kennt."

Dass die Kirche in der Stadt für die Einwohner ein wichtiges Gebäude ist, konnten alle Baubeteiligten immer wieder beobachten. Auch Thomas Sommer von der Unteren Denkmalpflege des Landreises Uckermark weiß von der Wichtigkeit solcher Denkmäler. "Kirchen sind ein riesiger Identifikationsfaktor für die Menschen. Da kann man reden was man will, auch wenn man nicht gläubig ist", so Sommer. Auch die Postkarte mit dem Gebäude werde gerne verschickt.

3.054.000 Euro sind in den Gewölbebau geflossen. Noch sind nicht alle Kriegsschäden beseitigt. Eine Empore mit einer Orgel soll die Kirche in den nächsten Jahren erhalten. Doch am 17. Mai 2020 wird in Prenzlau erst einmal das Gewölbe mit einem Festgottesdienst eingeweiht.

Sendung: Brandenburg aktuell, 23.01.2020, 19:30 Uhr

Beitrag von Riccardo Wittig

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