Nach der Umwelt-Katastrophe - Weitere Gewässer-Untersuchung zeigt Erholung bei Fischen in der Oder

Di 30.08.22 | 16:52 Uhr
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ExpertenLeibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei und des Landesfischereiverbands Brandenburg-Berlin untersuchen Fische im Grenzfluss Oder
Audio: Antenne Brandenburg | 30.08.2022 | Nico van Capelle | Bild: rbb

Nach wie vor herrscht große Vorsicht mit Wasser aus der Oder. Alle zehn Tage untersuchen Wissenschaftler, ob wieder Fische im Grenzfluss unterwegs sind und in welchen Zustand sie sind. Die Entwicklung ist positiv, doch die Skepsis bleibt.

Nach dem massenhaften Fischsterben in der Oder erholt sich der Bestand nach Angaben der Berufsfischer zusehends. Das Ergebnis von zwei Untersuchungen in der Oder sei, dass es den Fischen überraschend gut gehe, hieß es am Dienstag vom Landesfischereiverband Brandenburg-Berlin gegenüber dem rbb. Gemeinsam mit dem Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) waren die Experten auf einem Flussabschnitt bei Brieskow-Finkenheerd nahe Frankfurt (Oder) unterwegs, um den Fischbestand bei einer zweiten Beprobung zu beobachten.

Fische machen vitalen Eindruck

Als Lars Dettmann am Dienstagmorgen an die Oder kam, sei er erleichtert gewesen. Der Geschäftsführer des Landesfischereiverbandes war in der vergangenen Woche ebenfalls zur Fischbeprobung unterwegs. "Als wir vor gut einer Woche hier waren, war das eine braune Suppe. Wir haben jetzt wieder die normale Wasserfärbung, die Oder riecht anders und die Oder sieht anders aus. Also für mich erholt sich die Oder jetzt sichtbar und spürbar."

Um jedoch auch die harten Fakten zu sichern, sitzt Fischerei-Biologe Daniel Hühn mit im Boot. Er und sein Team vom Institut für Binnenfischerei Potsdam-Sacrow entnehmen Fische, um diese zu zählen und zu untersuchen. Dadurch soll ein genaueres Bild vom Leben im Wasser entworfen werden. Bei einer ersten Untersuchung vor elf Tagen waren unter 550 gesunden Fischen 14 Arten entdeckt worden, darunter Barsche, kleine Zander, Hechte, Steinbeißer. Letzterer sei eine sehr empfindliche Fischart.

Auch eine zweite Beprobung an diesem Dienstag habe ein vorläufig positives Bild gebracht. Es seien noch mehr gesunde Fischarten hinzugekommen. "Den Fischen ist von außen erstmal nichts anzusehen", sagt Hühn. "Sie machen einen sehr vitalen Eindruck. Somit sind wir eigentlich ganz zuversichtlich, dass sich der Bestand auch wieder erholt." Auch haben die Experten lebende Muscheln und Schnecken ausfindig machen können. Eine endgültige Auswertung solle noch folgen, so Dettmann. Offenbar habe das Algentoxin nicht alle erreicht.

Genaue Ursache weiterhin unklar

Mittlerweile ist das Wasser der Oder nach Angaben des Geschäftsführers des Landesfischereiverbands um etwa einen Meter gestiegen. "Die Oder erholt sich, aber bis das ausgeheilt ist, was kaputt gegangen ist, das wird Jahre dauern", schätzte Dettmann ein.

Seit Anfang August war aus dem deutsch-polnischen Grenzfluss tonnenweise toter Fisch geborgen worden. Mehrere Hundert chemische Substanzen könnten als Mitverursacher der Umweltkatastrophe in Frage kommen, hatte Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) am Montag beim Treffen des Deutsch-Polnischen Umweltrates in Bad Saarow (Oder-Spree) mitgeteilt. Die genaue Ursache für die Umweltkatastrophe ist noch unklar. Experten gehen davon aus, dass ein hoher Salzgehalt im Fluss ein wesentlicher Grund ist, verbunden mit Niedrigwasser, hohen Temperaturen und einer giftigen Algenart.

Dettmann fordert strengere Richtwerte

Konkrete Ergebnisse hat es beim Treffen jedoch nicht gegeben. Nun soll eine Kommission bis Ende September einen Bericht vorlegen. Für Fischer Lars Dettmann nicht genug. Er zeigte sich enttäuscht: "Das, was gestern kam, war – wenn man es nüchtern betrachtet – nichts. Woher die Salz-Frachten kamen, die der Alge erst das Massenwachstum ermöglicht haben, interessiert auf polnischer Seite nicht so sehr. Damit kann ich ganz schwer umgehen."

Er fordert strengere Richtwerte für Einleitungen in die Oder – und dass illegale Einleitungen härter sanktioniert werden. Doch aktuell scheint die Belastung in der Oder zurückzugehen. "Ja, alle Messwerte im grünen Bereich. Den Rest muss die Natur machen." Um die Entwicklung auch weiterhin im Blick zu behalten, werden Lars Dettmann und Daniel Höhn auch in den kommenden Wochen regelmäßig weitere Untersuchungen vornehmen.

Sendung: Antenne Brandenburg, 30.08.2022, 16:10 Uhr

1 Kommentar

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  1. 1.

    Steinbeißer???
    Sind sie sicher? Das wäre echt überraschend. Würde aber vielleicht auch einiges erklären.
    Bitte um Aufklärung.
    MfG Rolf Kranz

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