Rechtsextremismus-Verdacht - Bildungsminister Freiberg verteidigt Umgang mit Lehramtskandidatin in Märkisch-Oderland

Mi 20.09.23 | 16:49 Uhr | Von Georg-Stefan Russew
Bildungsminister Steffen Freiberg (SPD) (Foto: dpa)
Video: rbb24 Brandenburg Aktuell | 20.09.2023 | S. Teistler/C. Krippahl | Bild: dpa

Dass eine Referendarin in Märkisch-Oderland Verbindungen ins rechtsextreme Milieu haben könnte, darüber war das Bildungsministerium bereits Ende Juli informiert. Es reagierte jedoch öffentlich erst nach einem Medienbericht. Der zuständige Minister versucht sich nun in Erklärungen. Von Georg-Stefan Russew

  • Bildungsminister Freiberg äußert sich im Landtag zu Vorwürfen, seine Behörde habe zu spät reagiert
  • Es geht um eine Lehramtsanwärterin aus Märkisch-Oderland, die beim rechtsextremen "Compact TV" moderierte
  • Vorwürfe gegen die Referendarin waren seit Ende Juli bekannt, erst im September wurde sie freigestellt

Das Brandenburger Bildungsministerium war schon in den Sommerferien über mögliche rechtsextreme Verbindungen einer Lehramtsanwärterin, die an einer Grundschule in Neuenhagen (Märkisch-Oderland) unterrichtet, informiert. Das bestätigte Bildungsminister Steffen Freiberg (SPD) am Mittwoch in einer aktuellen Fragerunde des Landtags.

Eine entsprechende Mitteilung des Brandenburger Verfassungsschutzes sei demnach bereits am 27. Juli – also in den Sommerferien – in der Poststelle des Bildungsministeriums eingetroffen. Dennoch blieb die angehende Grundschul-Lehrerin zunächst an der Schule.

Die oppositionelle Linke hatte Freiberg vorgeworfen, erst nach einem Bericht des "Tagesspiegels" [tagesspiegel.de] in der vergangenen Woche reagiert zu haben. Da seien seit Eintreffen des Verfassungsschutzberichts schon sieben Wochen ins Land gezogen. Daher hatte die Linke-Abgeordnete Kathrin Dannenberg das Thema per dringlicher Anfrage für Mittwoch auf die Liste der Fragestunde des Landtags setzen lassen.

Ministerium weiß seit Ende Juli Bescheid

Das Bildungsministerium gehe seit den Sommerferien "dem Vorwurf einer rechtsextremistischen Einstellung einer Beamtin auf Widerruf nach", erklärte Freiberg im Landtag. In dem Schreiben des Verfassungsschutzes hieß es, "dass die Frau berufliche und persönliche Kontakte zum Compact-Magazin unterhalten soll, das vom Verfassungsschutz als erwiesen rechtsextremistisch eingestuft wird", so Freiberg weiter. Unter anderem wird der Frau vorgeworfen, für Compact TV moderiert haben.

"In den Sendungen von Compact TV werden nach Behördenerkenntnissen antisemitische, Verschwörungsmythen und islamfeindliche Motive platziert", so der Minister im Landtag. Es würden eindeutig völkisch-nationalistische und Minderheiten-feindliche Positionen nach außen getragen. Das sei laut Freiberg nicht mit der freiheitlich-demokratischen Grundordnung zu vereinbaren.

Freiberg erklärt Handeln von Fachreferat

Das zuständige Fachreferat habe deswegen noch in den Sommerferien ein Prüfverfahren eingeleitet, versuchte Freiberg im Landtag das Handeln seines Ministeriums zu verteidigen. "Die Rechtslage in der Fachabteilung wurde so eingeschätzt, dass aufgrund des besonderen Status als Lehramtskandidatin der Frau keine unmittelbaren dienstrechtlichen Konsequenzen abzuleiten seien", so Freiberg. Er fügte hinzu, dass das Disziplinarecht für Anwärter nur einen eingeschränkten Maßnahmenkatalog vorsehe. Eine Entlassung aus dem Dienst sei disziplinar-rechtlich für Lehramtskandidaten nicht vorgesehen, so Freiberg.

Der Minister räumte jedoch ein, dass das vorläufige Ergebnis der Prüfung erst im Zuge der Veröffentlichung des "Tagesspiegels" der Hausleitung, sprich Freiberg, vorgelegt wurde. "Daraufhin wurden von der Staatssekretärin sofort Konsequenzen gezogen." Schriftlich sei die Lehramtskandidatin am 14. September zu einem Gespräch eingeladen worden und einen Tag später über ihre unverzügliche Freistellung informiert worden. Nach Freibergs Angaben sei die Frau bis zum 17. Dezember unter Lohnfortzahlung freigestellt.

Wegen der Schwere der Vorwürfe hätten Freiberg und die Staatssekretärin auf Regelungen aus dem Beamtenstatusgesetz zurückgegriffen. "Das ist eine andere Rechtsquelle und nach dieser kommen wir zu einem anderen Ergebnis." Es sei mithin bekannt, dass in einer Behörde unterschiedliche Ebenen zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen können. "Sie wissen", so Freiberg an die Landtagsabgeordneten gerichtet, "wenn es Dinge gibt, die ich finde, die man korrigieren muss, dann korrigiere ich die und schrecke nicht davor zurück", so Freiberg.

Lehramtskandidatin in Schule und Ausbildungsplatz unauffällig gewesen

"Das will ich aber klar sagen", so Freiberg weiter, "sie ist nicht auffällig in Schule und Ausbildungsplatz gewesen." Aber generell - und das wollte Freiberg betont wissen, gelte für Beamte eine "Nulltoleranz-Politik", wenn sie nicht für die freiheitlich-demokratische Grundordnung eintreten. "Ein klar rechtsextremistisches Verhalten, ob in der Freizeit oder im Dienst, hat bei Beamten nichts zu suchen", sagte der Minister am Mittwoch im Landtag.

Freiberg will Berichte sofort auf den Tisch

Zum Abschluss wollte die Linke-Abgeordnete Andrea Johlige von Freiberg wissen, ob er alles richtig gemacht habe. "Das ist eine Fangfrage", antwortete er zunächst. "Ich würde in Zukunft sicherstellen, dass Verfahren, die aufgrund von Hinweisen des Verfassungsschutzes eingeleitet werden im Haus, der Hausleitung unmittelbar vorzulegen sind."

Zuletzt musste sich das Bildungsministerium in Brandenburg dafür kritisieren lassen, dass sich zwei Lehrer versetzen ließen. Sie legten in einer Schule in Burg (Spree-Neiße) rechtsextreme Umtriebe offen. Danach klagten sie über fehlende Rückendeckung durch das Bildungsministeriums und massive Bedrohungen. Inzwischen hat die Einrichtung einen neuen Schulleiter. Die bisherige Schulleiterin hatte darum gebeten, an einem anderen Ort neue Aufgaben übernehmen zu können.

Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 20.09.2023, 19:30 Uhr

Beitrag von Georg-Stefan Russew

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