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Audio: Antenne Brandenburg | 06.10.2023 | Eva Kirchner-Rätsch | Quelle: rbb

Fürstenwalde (Oder-Spree)

Wie ein Gartenbaubetrieb von der Förderung inklusiver Arbeitsplätze profitiert

Ein Gartenbaubetrieb in Fürstenwalde zeigt, wie Arbeitnehmer und -geber von Föderungen für inklusive Arbeitsplätze profitieren. Dort sind 15.000 Euro für einen Rasentraktor geflossen. Gegen die undurchsichtige Bürokratie helfen Beratungsstellen.

Wenn Andreas Bendig seinen Rasentraktor startet, ist er voll in seinem Element. Der Spaß am Job ist dem 25-Jährigen anzusehen. Aktuell stehen Mäharbeiten auf einem Grundstück in Neubrück (Oder-Spree) an. Seit vorigem Jahr arbeitet Bendig in einem Garten- und Landschaftsbau-Unternehmen aus Fürstenwalde. Für ihn ein abwechslungsreicher Job. Rasenmähen, Zaun- und Rückbau. "Eigentlich alles, was Grünpflege angeht, macht mir am meisten Spaß", sagt er.

Jugendliche in Märkisch-Oderland

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Busse fahren nur selten, der nächste Supermarkt ist weit entfernt und zum Telefonieren geht es aufs Dach. Dafür gibt es Ruhe, Gemeinschaft und kulante Polizisten. Der Alltag von Jugendlichen im Oderland ist zugleich Herausforderung und Erfüllung.

Unter insgesamt zwölf Mitarbeitern ist Andreas Bendig einer von zwei Menschen mit Beeinträchtigungen im Betrieb von Steven Förster. Bendig hat das fetale Alkoholsyndrom und einen Behinderungsgrad von 70 Prozent. Die meisten Arbeiten führt er dennoch selbstständig durch. Sein Arbeitsplatz ist der Rasentraktor. Und der wurde extra für Andreas angeschafft, sagt Förster. "Somit geht Andi komplett in die Grünpflege. Das ist das, was er immer wollte und so kann er jeden Tag zur Arbeit kommen."

Beratungen bei unübersichtlicher Bürokratie

Die Arbeitslosenquote in Brandenburg liegt aktuell bei niedrigen 5,9 Prozent. Dennoch werden in vielen Branchen händeringend Fachkräfte gesucht und nicht gefunden. Doch trotz dieser eigentlich guten Voraussetzungen haben es Menschen mit Handicap immer noch schwer, den passenden Arbeitsplatz zu finden. Der Grund sind oft Vorurteile und fehlende Voraussetzungen beim Arbeitsplatz. Dabei hilft seit etwa einem Jahr die einheitliche Ansprechstelle für Arbeitgeber.

Die half beispielsweise auch dem Fürstenwalder Gartenbaubetrieb. So wurde der Traktor von Andreas Bendig mit 15.000 Euro gefördert. Geld, das Arbeitgebern zusteht, um den Arbeitsplatz an die Bedürfnisse von Menschen mit Beeinträchtigungen anzupassen. Doch im Dschungel von Förderanträgen verlieren Unternehmen schnell den Überblick, weiß Johannes Kasper-Morelly von der einheitlichen Ansprechstelle für Arbeitgeber in Frankfurt (Oder).

Die berät Arbeitgeber kostenfrei und hilft bei Anträgen. "Wenn der Arbeitgeber fragt, welche Fördermöglichkeiten er denn bekommen kann, ist die größte Hürde, wo er diese herbekommt und von welcher Behörde oder Leistungsträger sie beantragt werden kann", sagt Kasper-Morelly. "Da können wir den Arbeitgeber dahingehend lotsen, welche Anträge Sinn machen."

100 Tage nach den World Games

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Die Special Olympics World Games in Berlin sollten Inklusion im Sport und in der Gesellschaft vorantreiben. 100 Tage nach dem Event stellt sich die Frage: Was ist seitdem wirklich passiert? Special-Olympics-Athlet und ARD-Reporter Sebastian Stuart mit seiner Antwort.

Win-Win für Unternehmer und Arbeitnehmer

Insgesamt acht solcher Berater gibt es in Brandenburg. Mit ihrer Hilfe konnten in diesem Jahr 50 neue inklusive Ausbildungs- und Arbeitsplätze geschaffen werden. Davon profitieren auch Unternehmen, wie der Gartenbau von Steven Förster. Er wolle seinen Mitarbeiter jedenfalls nicht mehr missen. "Andi ist ein super Kollege. Dass Menschen mit Beeinträchtigungen eine Firma wirtschaftlich nicht mitgestalten können, ist ein absolutes Vorurteil. Wenn sie wirklich wollen, kann ich mit vielen Menschen etwas anfangen." Und auch Andreas Bendig ist sichtlich im Betrieb angekommen. "Man muss sich überall reinfuchsen", sagt er, "egal was man macht." Damit ist Inklusion am Arbeitsplatz für Steven Förster und Andreas Bendig eine absolute Win-Win-Situation.

Druck auf Arbeitgeber steigt ab 2024

Um höhere Anreize zu schaffen, soll die sogenannte Ausgleichsabgabe ab dem kommenden Jahr deutlich erhöht werden. So müssen Unternehmen, die keine Menschen mit Behinderung beschäftigen, dann auf Beschluss des Bundestages vom April deutlich tiefer in die Tasche greifen [tagesschau.de]. Für Arbeitgeber mit mindestens 60 Arbeitsplätzen gilt künftig etwa, dass sie pro nicht besetztem Pflichtarbeitsplatz 720 Euro monatlich zahlen müssen. Bislang ist es die Hälfte.

Die Ausgleichsabgabe ist umso höher, je weniger die Betriebe ihren Verpflichtungen nachkommen. Betriebe mit 40 bis 59 Beschäftigten müssen zwei Arbeitsplätze für behinderte Menschen vorsehen, Betriebe mit weniger als 40 Angestellten einen. Weitere Informationen zu Ansprechstellen für Arbeitgeber stellt das Brandenburger Sozialministerium auf dessen Internetseite [msgiv.brandenburg.de] bereit.

Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 06.10.2023, 19:30 Uhr

Mit Material von Robert Schwaß und Eva Kirchner-Rätsch

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