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Audio: rbb24 Inforadio | 24.11.2022 | Johannes Frewel | Quelle: dpa/Oliver Berg

"Black Friday" und "Cyber Monday"

Mit Kaufrausch gegen die Inflation

Shoppen, um der Teuerung ein Schnippchen zu schlagen - vor allem das treibt das Vorweihnachtsgeschäft in diesem Jahr an. Auf lange Sicht dürften solche Rabattaktionen die angespannte Wirtschaftslage kaum ändern. Von Johannes Frewel

Inflationsraten von über zehn Prozent sorgen für eine kräftige Entwertung der Löhne. In den Schnäppchenwochen rund um "Black Friday" und "Cyber Monday" kann es aber zu Verschiebungen kommen: Die Kaufkraft der Verbraucher steigt - vorübergehend und selektiv. Händler bieten einige Produkte temporär zu deutlich günstigeren Preisen an.

Überangebot macht Elektronik-Herstellern zu schaffen

Bei Elektronik tobt die heißeste Rabattschlacht des Jahres: externe 16-Terabyte-Festplatten für knapp 260 Tiefpreis-Euro statt wie bei Wettbewerbern für bis mehr als 400 Euro, schnelle SSD mit zwei Terabyte Speicher von einem führenden Markenhersteller für 150 statt für marktübliche gut 200 Euro. In Teilen des globalen Elektronikmarkts ist die einstige Chip- und Teile-Mangellage längst in ein Überangebot gedreht. Produzenten stehen vor Entlassungswellen.

Weltweit haben sich die Aussichten auf Wachstum verschlechtert, die Nachfrage sinkt - da kommen die Schnäppchenwochen vor Weihnachten wie gerufen. Wer sich als Händler rechtzeitig bevorratet hat, kann den Umsatz mit teils kräftigen Preisabschlägen ankurbeln.

Preise für Strom und Gas

Wie stark können die Energiepreisbremsen den Verbraucher entlasten?

Am 1. März tritt die Gas- und Strompreisbremse in Kraft. Sie soll rückwirkend zum 1. Januar die Haushalte entlasten. Doch wie genau soll das möglich sein? Was muss man dafür tun? Fragen und Antworten aus Verbrauchersicht.

Stimmungsaufheller für miserable Kauflaune

Die Kraft der Schnäppchenversprechen könnte nach Erwartungen von Marktforschern die - schlechtesten jemals gemessenen - Stimmungswerte erst einmal stoppen. Die vorweihnachtlichen Rabattwochen, die an diesem "Black Friday" sowie dem folgenden "Cyber Monday" ihren Höhepunkt und kurz danach auch ihr Ende erreichen, dürften das schlechte Konsumklima voraussichtlich sogar stärker heben und dem Handel Hoffnung machen.

Tiefsitzende Unsicherheit bei den Verbrauchern

Dennoch dürfte der Konsum verhalten bleiben. Nach Zählung des Handelsverbands Deutschland (HDE) sollen die Einzelhandelspreise insgesamt zwar nur um etwa zehn Prozent geklettert sein und damit weit hinter der Teuerung von Energie aus Öl und Gas zurückbleiben. Doch "der Ukraine-Krieg war wie eine Abrisskante beim Konsum", berichtet HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth. Die Rahmenbedingungen des Weihnachtsgeschäfts sind von großer Unsicherheit geprägt. Vor allem durch die erwarteten teuren Heizkostenabrechnungen beim Wohnen.

Mieter wie Eigentümer müssen bei Vorauszahlungen an die Stadtwerke und deren Wettbewerber so tief in die Tasche greifen wie noch nie. Das entzieht dem Handel spürbar Kaufkraft. Der HDE erwartet demnächst einen regelrechten Nachzahlungsschock, der die Konsummöglichkeiten von Verbrauchern spürbar einschränkt.

Bei Händlern ist daher die Hoffnung groß, dass es rund um "Black Friday" und "Cyber Monday" vermehrt zu Absatz kommt. Nach Umfragedaten des HDE will fast jeder zweite Verbraucher rund um den "Black Friday" Käufe tätigen. Christian Wulff, Leiter des Bereichs Handel und Konsumgüter bei der Unternehmensberatung Pricewaterhouse Coopers (PwC) Deutschland erwartet sogar 69 Prozent der Deutschen "trotz oder gerade wegen der aktuellen Preissteigerungen" in den Schnäppchentagen auf Einkaufstour - davon drei Viertel vor allem online. Sie wollen der Teuerung dort entgehen, wo für kurze Zeit die Preise sinken.

Händler erwarten nur geringe Zusatzeinnahmen

Dennoch erwartet der stationäre Handel unter dem Strich ein nur sehr begrenztes Weihnachtswunder in seinen Kassen. "Attraktive Preise lassen einen Umsatzzuwachs von rund einer Milliarde Euro auf 5,7 Milliarden Euro während 'Black Friday' und 'Cyber Monday' erwarten", heißt es vom HDE.

Insgesamt könnte das Weihnachtsgeschäft im November und Dezember nominal zwar um fünf Prozent wachsen - auf 120 Milliarden Euro. Allerdings bläht die Inflation diese Zahlen künstlich auf. Preisbereinigt sei das "ein Minus von vier Prozent im Vergleich zum Vorjahr", rechnet HDE-Hauptgeschäftsführer Genth für den überwiegend stationären Handel vor.

Abwärtstrend auch beim Onlinehandel erkennbar

Lange Gesichter gibt es vor allem dort, wo das Wachstum seit der Pandemie alle bisherigen Grenzen sprengte. Der Onlinehandel hat seinen Zenit vorerst durchlaufen. Die Trendwende ist da, es geht abwärts. "Wir haben im Januar und Februar noch neun bis zehn Prozent Wachstum gesehen, dann kam der 24. Februar", bedauert Martin Gross-Albenhausen, Vize-Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands E-Commerce und Versandhandel (BEVH). Seit dem Beginn des Kriegs in der Ukraine befindet sich der Onlinehandel erstmals überhaupt auf Talfahrt.

Allerdings liegt der Umsatz bei Online-Händlern - anders als bei vielen stationären Händlern - immer noch über dem des Vor-Corona-Jahres 2019. Und: Für Onlinehändler ist die Zeit der "Black-" und der "Cyber-Week" die umsatz- wie wettbewerbsintensivste Zeit des Jahres. "Für den Onlinehandel ist das die Hauptsaison", resümiert Gross-Albenhausen.

Tiefpreisrennen ist nicht zu gewinnen

Auf lange Sicht bleibt es jedoch schwer sowohl für Händler wie für Verbraucher: Nach einer Umfrage des Ifo-Instituts München haben deutsche Firmen ihre gestiegenen Einkaufspreise im November erst zu 34 Prozent durchgereicht. Der große Rest des Inflationsdrucks kommt also erst noch in den nächsten Monaten bei den Verbraucherpreisen an.

Sendung: rbb24 Inforadio, 24.11.2022, 15:10 Uhr

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Beitrag von Johannes Frewel

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