Galeria Karstadt, Ikea, Thalia - Warnstreik von Kaufhaus-Beschäftigten führt nur zu kleineren Einschränkungen

Mi 12.04.23 | 15:06 Uhr
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Verdi ruft Kaufhaus-Beschäftigte zu ganztägigem Warnstreik auf, Bilder von der Verdi Veranstaltung vor der Karstadt Filiale in der Wilmersdorfer Straße in Berlin-Charlottenburg. (Quelle: imago images/A. Friedrichs)
Video: rbb24 | 12.04.2023 | Nachrichten | Bild: imago images/A. Friedrichs

Die Gewerkschaft Verdi hat die Beschäftigten aller Berliner Galeria-, Ikea- und Thalia-Standorte am Mittwoch zu einem ganztägigen Warnstreik aufgerufen. Die Sorgen und Enttäuschung der Beschäftigten seien groß, so Verdi.

Aus Protest gegen den harten Sanierungskurs beim insolventen Warenhaus-Konzern Galeria Karstadt Kaufhof haben erneut Beschäftigte in zahlreichen Filialen die Arbeit niedergelegt. Die Gewerkschaft habe Galeria-Mitarbeiter in knapp 30 Filialen in Berlin, Bayern, Hessen, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz zu Warnstreiks aufgerufen, sagte Verdi-Verhandlungsführer Marcel Schäuble der Deutschen Presse-Agentur.

Ein Unternehmenssprecher berichtete am Mittwoch von Arbeitsniederlegungen in 22 Filialen. Er betonte aber auch: "Alle Warenhäuser sind offen, und so wird es auch bleiben."

In Berlin mit derzeit zehn Galeria-Warenhäusern bestreikte Verdi zudem Standorte von Ikea und Thalia. "Die Beschäftigten engagieren sich bei Galeria für die Standort- und Arbeitsplatzsicherung, den seit 2020 im Raum stehenden Digitalisierungstarifvertrag bei Ikea sowie die Rückkehr der Thalia-Buchhandlungen in den Tarifvertrag", teilte die Gewerkschaft dazu mit.

Nur kleinere Einschränkungen bei Thalia und Ikea

Auch Thalia teilte auf Nachfrage mit, dass trotz Warnstreiks alle Filialen am Mittwoch geöffnet gewesen seien. Bei Ikea hieß es, der Warnstreik führe zu "kleineren Einschränkungen" am Standort Berlin-Spandau, alle vier Einrichtungshäuser in der Hauptstadt seien aber geöffnet.

Bereits am Karsamstag hatten nach Gewerkschaftsangaben knapp 1000 Galeria-Beschäftigte in Hamburg, Baden-Württemberg und Hessen die Arbeit niedergelegt. Hintergrund der Protestaktionen ist der von den Gläubigern gebilligte Sanierungsplan für das Unternehmen. Er sieht bundesweit die Schließung von 47 der 129 Filialen vor, was den Verlust von etwa 4.000 Arbeitsplätzen bedeuten würde. In Berlin sollen die Filialen im Wedding (Müllerstraße) und in Charlottenburg (Wilmersdorfer Straße) geschlossen werden.

Verdi begründete die Warnstreiks aber nicht mit dem Sanierungsplan, sondern mit festgefahrenen Tarifverhandlungen für die derzeit noch rund 17.000 Beschäftigten. Die Gewerkschaft verlangt unter anderem die Anerkennung der regionalen Flächentarifverträge des Einzelhandels sowie den Insolvenzschutz für Zeitgutschriften und Zahlungsansprüche, die nicht mit der monatlichen Vergütung fällig sind.

Galeria nennt Streik "offensichtlich rechtswidrig" und droht mit Haftung

"Die Belegschaften stecken seit vielen Jahren Geld in die Sanierung des Unternehmens und verzichten auf bis zu 5.500 Euro jedes Jahr", sagte Schäuble. Dass die Arbeitgeber jetzt erneut Lohnverzicht forderten, bringe Menschen bei Galeria auf die Straße.

Der Galeria-Vorstand hatte Pläne für Warnstreiks kritisiert. "Die geplanten Streikmaßnahmen sind offensichtlich rechtswidrig und drohen ruinöse Schäden zu verursachen, für die Sie haftbar zu machen wären", schrieben Konzernchef Miguel Müllenbach und der Galeria-Generalbevollmächtigte Arndt Geiwitz an die Verdi-Spitze. Der Brief lag dem "Business Insider" vor. Beide Chefs erinnerten daran, dass sich Galeria nach wie vor in einem Insolvenzverfahren und einer "existenziellen Krisensituation" befinde.

Die Tarifverhandlungen sollen Ende April fortgesetzt werden.

Thalia kündigte 2020 Flächentarifvertrag

Bei Thalia seien die Beschäftigten viele Jahre lang auf der Grundlage des Flächentarifvertrages bezahlt worden, teilte der Verdi-Landesbezirk Berlin-Brandenburg zum Warnstreik in den Buchhandlungen mit. "Den hatte das Management jedoch 2020 einseitig gekündigt. Die Beschäftigten fordern nun die Rückkehr in den Flächentarifvertrag", hieß es

Thalia betonte derweil, dass das Unternehmen vom eigenen Modell überzeugt sei, "denn dieses ermöglicht uns, unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern deutschlandweit vergleichbare und marktgerechte Gehälter zu zahlen". Neben erfolgsabhängigen Bonuszahlungen seien auch Gehaltssteigerungen berücksichtigt. "Viele Mitarbeitende stellen sich zudem besser, Leistungsanreize werden transparent und klar definiert", teilte eine Sprecherin des Unternehmens mit.

Zahlreiche Teilnehmer am Warnstreik versammelten sich am Mittwochvormittag zu einer Kundgebung vor dem Galeria-Kaufhaus in der Wilmersdorfer Straße.

Sendung: rbb24, 12.04.2023, 13:00 Uhr

30 Kommentare

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  1. 30.

    Das Problem ist ja gerade das Internet und der Onlineshop
    Dadurch sterben die Innenstädte aus, es gehen Arbeitsplätze verloren
    Auch wenn ich die Kaufhäuser alleine nicht retten kann gehe ich solange es geht noch dorthin meine Jeans kaufen
    Bisherr habe ich noch nie was bestellt und zusätzlichen Verpackungsmüll produziert
    Übrigens
    Wo sollen die Angestellten von Karstadt usw. Neue Jobs finden wenn der Onlineshob alles kaputt macht

  2. 29.

    Es geht sowohl um Beschäftigungssicherung als auch um zunehmend schlechte Arbeitsbedingungen, Personalmangel und in DE geltende Mitbestimmungsgesetze, die von der Unternehmensleitung unterlaufen werden. Informations- und Beteiligungsrechte der Betriebsräte und des Gesamtbetriebsrats werden angezweifelt. Unterdessen wird fleißig alles mögliche digitalisiert, viele Arbeiten dauern länger als vorher bei hoher Fluktuation (20% weniger). Wer braucht das?

  3. 28.

    Kann mich Ihnen nur anschließen!
    Ob bald die Energiepreise, die Steuererhöhungen oder die Kürzungen in den sozialen Bereichen ect. oder alles zusammen unser größtes Problem werden ... wir werden es bald wissen ;-(

  4. 27.

    Dann suchen sich die Mitarbeiter was neues. Wo ist das Problem? Kein Job im Einzelhandel war und ist sicher.

    Das Modell Kaufhaus ist Out und geht halt unter. Immer mehr Menschen shoppen online. So ist das halt, die Entwicklung geht weiter.

    Wieso sollte ich eine Jeans überteuert bei Karstadt kaufen, wenn ich das gleiche Modell im Internet deutlich preiswerter bekomme? Und dazu gelten noch die Schutzrechte des Fernabsatzgesetzes..

  5. 26.

    In Berlin-Steglitz hat das nicht geklappt.

  6. 25.

    Und bei immer höheren Lohnkosten sinkt die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen auf dem Weltmarkt. Haben dann die Arbeitnehmer was gewonnen? Deutschland ist schon jetzt ein Hochlohnland und rutscht damit in eine gefährliche Entwicklung. Denn weltweit sinken die Produktionskosten, nur in Deutschland steigen sie. Made in Germany reißt heute niemanden mehr vom Hocker.

    Letztlich werden in den kommenden Jahren immer mehr Unternehmen ins Ausland abwandern. Genau das provozieren Gewerkschaften

  7. 24.

    Nur ist es leider so. dass die Jobs dieser Mitarbeiter weg sind. Keine Gewerkschaft und kein Arbeitnehmer kann einem Unternehmer vorschreiben, was er mit seinem Unternehmen macht.

    Das hat nichts mit sozial oder unsozial zutun, sondern mit freier Marktwirtschaft und Realität.

  8. 23.

    Mich verprellen die Angestellten nicht
    Ich habe für diese Menschen vollstes Verständnis
    Wie würden Sie reagieren wenn ihr sicher geglaubter Job plötzlich wegfällt und ihnen die Arbeitslosigkeit droht ?

  9. 21.

    Streiken, um die allerletzten treuen Kunden zu verprellen. Prima Idee. Typisch Verdi.

  10. 20.

    Gewerkschaftler der 80iger: Suffgeschwängerte Kuperose-nasen, Heisskisten. Das hat sich gewandelt ! bWL-Intellekt, Realitätssinn, vor allem aber: Diplomatie !

    Gewerkschaften sagen das eine, meinen aber das andere: Eine deutliche Aqbgrenzung gegenüber Nichtstuern ! (also Hartz IV) !

    LEISTUNG muss sich lohnen ! nen hunderter mehr bei Vollzeit als nen Hartzie/Bürgergeldnehmer ? No Go ! da sollten die Gewerkschaften eher 20% mehr einfordern und ne Anhebung von 50 % für Azubis einfordern ! (statt nichtstuende, junge Straftäter zu alimentieren)

  11. 19.

    Genau so reden unsozial eingestellte Arbeitgeber, für die die Leute mit denen SIE ihr Geld verdienen , lediglich eine kleine Nummer 21 sind

  12. 18.

    Naja ich finde und fand historisch die Gewerkschaften eine wundervolle Leistung der Gesellschaft. Es wurde wirklich viel erreicht.
    Nur weiß ich (und offenbar die Gewerkschaften auch nicht) nicht weiter ob ein "immer mehr" die Dauerlösung für alle Zeiten bleibt; mehr Geld hat schon immer zu mehr Inflation geführt.
    Sowas geht einige Zeit auch gut.
    Doch nun ist es doch sehr viel wichtiger die Preise und (über)Forderungen zu beschränken.
    Aber das wäre wohl wieder "Sozialismus"?!

  13. 17.

    Einige scheinen wirklich zu meinen, wenn man die Bendkos und Schleckers dieser Welt ungestört machen lässt, dann wird alles gut.

  14. 16.

    Worum gehts bei dem DigitalisierungsTV? Um Arbeitsbedingungen oder um Beschäftigungssicherung? Etwas mehr Infos bitte

  15. 15.

    Deutsche Sprache - schwere Sprache - so viel Zeit sollte man sich nehmen *grins*

  16. 14.

    alles ü50 sollte am job kleben (warmer handschlag), alles drunter lieber bei Mac Geiz anheuern um jemals das Gefühl von Zufriedenheit zu empfinden (bei schlechter, aber sicherer bezahlung)! Bereits 2012 war klar: Es wandelt sich vom Kaufhaus zu einem Immobilenkonzern !

    Warum der Senat da noch hunderte mios reingebuttert hat erschliesst sich mir auch nicht, haftbar sind die damaligen Entscheidungsträger leider nicht (rotrotgrün?)... habe selber bereits im KaDeWe gearbeitet: Die Leute die von dort abgehen sind (nahezu) alle zu gebrauchen !

  17. 13.

    Die Filiale liegt in Brandenburg und sollte nicht vom Streik betroffen sein.

  18. 12.

    Hallo, Weiß jemand ob das ikea Einrichtungshaus in Waltersdorf mit dazu zählt zu den Berliner Filialen?

    Danke vorab!

  19. 11.

    Stimmt.

    Die Gewerkschaften tragen zum Stellenabbau und zur Abwanderung bin Unternehmem fleißig bei.

    Egal ob die Mitarbeiter der betroffenen Filialen streiken oder nicht - ihren Job sind sie eh los und Überstunden werden auch nicht vergütet.

    Es wird Zeit, dass die Rechte der Gewerkschaften beschnitten werden.

    Ob ein Unternehmer Filialen schließt oder nicht, ist alleinige Entscheidung des Unternehmens. Arbeitnehmer oder Gewerkschaften haben bei der Entscheidung kein Mitspracherecht.

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