Arbeitsgruppe des Bezirks - Friedrichshain-Kreuzberg will A100-Ausbau hinauszögern

Mi 27.07.22 | 17:13 Uhr
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Archivbild: Bauarbeiten an der Baustelle zum Weiterbau Autobahn A100 in Neukölln am 21.04.2022. (Quelle: dpa/Carsten Koall)
Audio: rbb24 Inforadio | 27.07.2022 | Franziska Hoppen | Bild: dpa/Carsten Koall

Während der Bund den Ausbau der A100 plant, sucht der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg nach Möglichkeiten, den 17. Bauabschnitt der Stadtautobahn zu verzögern. Die Rechtsabteilung hat bereits Ideen, wie das gehen soll.

Dass die Stadtautobahn A100 vom Treptower Park bis zur Storkower Straße weitergebaut wird, steht aus Sicht des Bundes fest. Die bundeseigene Autobahngesellschaft hatte im März die Planung für den 17. Abschnitt ausgeschrieben – zur Überraschung des rot-grün-roten Senats.

Grüne und Linke sind strikt gegen einen Weiterbau. Nun bereitet sich die Verwaltung in Friedrichshain-Kreuzberg darauf vor, den Ausbau mitten durch ihren Bezirk hinauszuzögern.

Klage gegen den Bund?

Stand jetzt ist noch unklar, wann, wie und wo entlang genau der 17. Abschnitt der A100 kommen soll. Genau diesen Spielraum will der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg nutzen, sagte Rolfdieter Bohm, Leiter des Rechtsamtes des Bezirks bei einer Pressekonferenz am Mittwoch. Zwar sei es schwierig, rechtlich gegen den Ausbau vorzugehen. Weil aber ein Großteil der Autobahn-Verlängerung auf bezirkseigenen Flächen stattfinden würde, könne der Bezirk auch seine Bedürfnisse mit in die Planung einbringen – also die eigene Stadtentwicklungsplanung, Hinweise zu Biotopen oder der Verkehrsplanung. Diese müsste das Bundesfernstraßenamt bei seiner Planungsentscheidung ordnungsgemäß berücksichtigen.

"Diese Gesichtspunkte können überwunden werden", so Bohm. "Aber sie sind zu berücksichtigen. Und je besser vorbereitet und gründlicher ausgearbeitet unsere Argumente sind, umso schwieriger wird das Überwinden. Die Ultima Ratio wäre, dass das Bundesfernstraßenamt die Autobahn nicht genehmigt." Das sei zwar nicht sehr wahrscheinlich, aber immerhin denkbar.

Auch wäre denkbar, dass Berlin gegen den Bund als Träger des Bundesfernstraßenamtes klagt. "Wir hätten eine gewisse Chance, dass das Gericht eine inhaltliche Prüfung der Klage vornimmt", so Bohm. Allerdings hätten die Anwohner und Gewerbe-Treibende weitgehendere rechtliche Möglichkeiten, insbesondere wenn sie im Rahmen des Ausbaus enteignet werden müssten.

Arbeitsgruppe sucht nach weiteren Möglichkeiten

Um die Beteiligung des Bezirks vorzubereiten, soll demnächst eine neue Arbeitsgruppe tagen, bei der sich die Fachämter austauschen. Dabei könne etwa auch die Kartierung des Bezirks noch einmal genau unter die Lupe genommen werden, so Bohm: "Wenn sich zum Beispiel ein Fauna-Flora-Habitat entdecken ließe, wäre das ein sehr wichtiger Gesichtspunkt."

So musste zum Beispiel der Ausbau der A143, die Westumfahrung der Stadt Halle, nach Entdeckung eines solches Habitats wegen europäischer Schutz-Richtlinien noch einmal neu geplant werden. Ziel der Arbeitsgruppe sei es, so Bohm, möglichst überzeugende Einwendungen für das Verfahren formulieren zu können.

Noch viel Zeit bis zum Bau

Der Spielraum dafür sei großzügig, sagte Bohm. Erst 2025 soll die genaue Streckenführung des 17. Abschnitts feststehen. Darauf folgt eine Umweltverträglichkeitsprüfung, bei der sich die Anwohner und der Bezirk mit ihren Einwendungen zu Wort melden können, die wiederum geprüft werden müssen. Das Planfeststellungsverfahren soll 2027 beginnen.

"So komplexe Verfahren in einer so dicht besiedelten Stadt dürften zwei bis fünf Jahre dauern. Dazu dann noch ein gerichtliches Verfahren beim Bundesverwaltungsgericht, die dauern zwischen ein bis drei Jahren." Der Bau könnte damit aus Bohms Sicht erst Mitte der 2030er beginnen.

Bezirksbürgermeisterin gegen, Mehrheit der Berliner für den Bau

Clara Herrmann, die grüne Bezirksbürgermeisterin, hatte sich bereits mehrfach klar gegen den A100-Ausbau ausgesprochen. Am Mittwoch unterstrich sie diese Haltung: "Der Weiterbau der Autobahn ist aus mehrerer Hinsicht für den Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg ein absoluter Wahnsinn", sagte Herrmann. Es sei absurd, eine Autobahn, eine Schneise durch eine der dicht besiedeltsten Regionen Deutschlands zu schlagen und ganze Kieze kaputt zu machen. Man brauche den Platz für die Clubkultur und Gewerbetreibende.

Auch aus klimapolitischer Sicht sei der geplante Bauabschnitt verkehrspolitischer Unsinn, sagte sie. "Wenn wir die Pariser Klimaschutzziele einhalten wollen, ist der Verkehrssektor eine entscheidende Frage, um CO2 einzusparen, und da gehören Autobahnen nicht dazu."

Eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey im Auftrag des "Tagesspiegel" hatte zuletzt ergeben, dass mehr als die Hälfte der Berliner einen Weiterbau der A100 positiv sieht.

Sendung: rbb24 Inforadio, 27.07.2022, 18:25 Uhr

131 Kommentare

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  1. 130.

    Deshalb muss ja auch der ÖPNV ausgebaut werden und nicht großkotzig irgendetwas angekündigt werden, was dann, wenn es Ernst wird, doch wieder nur verschleppt wird.

    Man schau sich nur die Team nach Spandau. Die sollte 2029 nach den Plänen der SenUVK rollen. Im Sommer 2020 gestand die aber ein, die letzten Jahre null komma nix dafür gemacht zu haben, dass aber trotzdem der Zeitplan nicht in Gefahr sei. Mittlerweile wird über 2032 fabuliert. Die Tram-Verlängrung zum Herrmannplatz wie auch die zur Jungfernheide habe ich hier ja schon erwähnt, ebenso die linksgrünen Bedenken, die zu bauen während gleichzeitig Ex-Bürger:innenbezirksbürgermeisterin Monika Hermann Bilder aus einer anderen Stadt mit einer Tram im Park twittert und das auch haben will.

    Radinfra ist das nächste Armutszeugnis. Da poppen populistisch Radwege auf, die mangels Begründung beinahe vor Gericht gescheitert wären und mittelfristig doch teils zur Busspur mutieren sollen, die andernorts kaum neu ausgewiesen werden.

  2. 129.

    Nochmals: Es gilt, die Kurzatmigkeit zu überwinden. Alles schon mal in ähnlicher Form dagewesen. Der zweifelhalfte Versuch, mittels Stadtautobahn den Autoverkehr auf neue Bahnen zu lenken, andere Straße behauptet zu entlasten:
    Das geplante Autobahnkreuz zwischen der projektierten A 102 und A 106 auf dem Kreuzberger Oranienplatz. Der Versuch, die A 103, die so bezeichnete Steglitzer Ortsumgehung, nach Süden bei wesentlicher Inanspruchnahme des Botanischen Gartens, nach Zehlendorf hin zu verlängern, nach Norden entlang des Gleisdreiecks und der Amrumer Straße bis zum Kurt-Schumacher-Damm zu führen, wo ein Stummel der A 111 endet.

    Nichts ist geworden aus all dem und nicht wird werden aus all dem. Allenfalls wird der Kopf geschüttelt über solche Planungen. Hans Koschnik aus Bremen besaß als Einziger den Mut, sich zu solchen Fehlentscheidungen* zu bekennen und sie als Irrtum einzugestehen. Berliner Regierende Bürgermeister bislang nicht.

    * Die geplante und verworfene "Mozarttrasse".

  3. 128.

    Innerhalb des S-BAHN Rings funktioniert der ÖPNV trotz der täglichen Probleme noch ganz gut. Wenn man aber im Berufsleben regelmäßig von Hellersdorf nach Potsdam muss, dann ist man momentan frustriert. Die U5 ist wegen Bauarbeiten unterbrochen, die S5 ebenfalls und die M6 auch. Die Ersatzbusse stehen im Stau auch wegen der Bauarbeiten. Die Politik hat die gesamte Infrastruktur seit Jahren vernachlässigt. Das betrifft den Autofahrer genauso. Das es besser gehen kann zeigen Städte wie London oder Paris. Die haben Flächendeckende U-BAHN Systeme. Das fehlt vor allem im Osteil der Stadt. Ist dem Senat aber immer zu teuer

  4. 127.

    Was ist daran frech? Eine Tatsachenbeschreibung empfinden Sie als frech? Was ist mit den MIV Nutzer? Meinen Sie ernsthaft, wir müssen nicht zurückstecken? Lassen Sie die leidige Diskussion um die A100 weg und gucken Sie sich den Stadtverkehr an. Wir stehen nicht freiwillig im Stau. Wir müssen es tun, weil der ÖPNV nicht den Komfort bietet wie er innerhalb des S-Bahn Ringes ist. So wälzen sich zehntausende LKWs, die die Stadt tagtäglich am Laufen halten, dass die Innenstadt per Fuß und Rad einkaufen kann, durch die Stadtstraßen der Außenstadt und verpesten die Luft. Genauso die Stadtpendler zwischen Innen- und Außenstadt oder die Regiopendler aus dem Speckgürtel.

  5. 126.

    Nach den „Pöbeleien“ hier, darf man mal die Aufmerksamkeit auf die Entscheidungsprozesse lenken? Also wer entscheidet mit was für Argumenten? Ob A100, Avuskreuz u.a. sind so gravierend, dass ein Politiker mit „ich finde“ so nicht „durchkommen“ darf. Sonst ist am Ende noch die Bekämpfung der Erderwärmung mit allem zu begründen, wenn man dies nicht untermauern kann. Kinder gehen so vor, aber Erwachsene?

  6. 124.

    Den größten "Lebensverschleiß" den ich kenne, wird durch den Sche.... Autoverkehr verursacht. Lärm, Gestank, Abgase, Klimakatastrophe - alles Dank den Automassen.
    Und das man als älterer und gehbehinderten Mensch kaum noch sicher über Straße kommt.

  7. 123.

    Es gibt zahlreiche Durchgangsverkehre innerhalb des inneren Rings: S1, S 2, S 25, S 26, S 3, S 5, S 7, S 9, RE 1, RE 2, RE 4, RE 5, RE 7, RB 14, U 1, U 2, U 3, U 6, U 7, U 8, U 9. Tram M 10, halbe Durchgangsverkehre: Tram M 1, M 2, M 4, M 6 und M 8. Ein Rad-Durchgangsverkehr ist hingegen nur etwas für sportlich sehr Fitte, wovon allgemein nicht ausgegangen werden kann und auch nicht soll. Das gilt natürlich auch für den Fußverkehr.

    Was Sie meinen, das ist der automobile Durchgangsverkehr. Es ist ein Teil des Gesamtverkehrs und weil das nun mal dichtbesiedelte Innenstadt ist, gilt es genau diesen spezifischen Verkehr zu verringern. Verringern heißt nicht abstellen.

  8. 122.

    Die ÖPNV-Komfortzone Berlin lässt mich aktiv auf ein Auto verzichten. Und selbst ich fahre bei wichtigen Terminen mit Puffer, wie es vermutlich jeder individual-motorisierte Mensch ebenso tut, so what ?

    Womöglich ist aber auch nur die Komfortzone vieler meiner individual-motorisierten Mitbürger derart ausgeufert, dass Bewegung ohne Auto selbst über kurze Strecken gedanklich nicht mehr möglich ist.

    Dafür als nicht-motorisierter Verkehrsteilnehmer ständig zurückstecken zu müssen empfinde ich als absolut frech und anmaßend.

  9. 121.

    Ja, die A113 hat gezeigt das viele Wohngebiete von LKW Verkehr entlastet wurden sind. Steigerung der Wohnqualität.

  10. 120.

    Und was Ihr Vorschlag um den Durchgangsverkehr aus dem inneren Ring zu bekommen, außer das Sie ihn reduzieren wollen?

  11. 119.

    Keine Ahnung wie alt Sie sind. Das ist auch Nebensache. Dennoch von Belang würden Sie sich außerhalb ihrer ÖPNV-Komfortzone, wo Sie leben, ein Bild von der Stadt insgesamt machen. Aufgrund des vernachlässigten ÖPNV, nutzen MiV-Nutzer bewusst nicht den ÖPNV, denn bei Taktzeiten von Minimum zehn Minuten, wo schon zwei Minuten Verspätung, die die Regel mehrheitlich sind, alle Anschlussplanungen zwischen S-Bahn Ring und Stadtgrenze über den Haufen werfen, artet es zu unnötigen Stressmomenten aus. Selbst betagte Menschen fahren bei Terminen in der Regel zwei Takte früher, um pünktlich zum Termin zu sein. Wobei während der 9€ Aktion derzeit, diese aufs Taxi umsteigen um sitzend ans Ziel zu kommen und die Rente drauf geht. Nur um noch etwas Lebensqualität und Teilhabe am Leben unter anderen Menschen zu haben. Rad fahren können die Wenigsten noch, auf Grund vieler Krankheiten, an Herz und Knochen. Der Lebensverschleiß macht sich bemerkbar. Leben die Kinder in der Stadt, helfen die per Auto.

  12. 118.

    "Wenn Ihrer Meinung nach diese Erweiterung ein "Segen" für den Bezirk und alles so einfach sein soll, weshalb wurde dann mit der abschließenden Planung und Bau nicht schon vor Jahren begonnen? Die Planung begann ja bereits Ende der 1990er Jahre."

    Weil SPD, Linke und Grüne dieses Projekt viele Jahre blockiert und den Beginn konkreter Planungen verhindert haben. Der 17. BA könnte bereits im Bau sein, und die Herren Dobrindt und Scheuer haben die Beschleunigung der Planungen leider auch verpennt. Die waren nur mit Maut und Bayern beschäftigt.
    Wie gut, dass nun die FDP den Bundesverkehrsminister stellt und verkehrspolitische Vernunft einzieht, sonst würde sich RGR in Berlin noch stärker in ihren ideologischen Biotopen austoben.

  13. 117.

    Ich fahre nicht nur Rad aber da oft Kurzstrecke viel mit dem Rad. Der MIV muß zwingend reduziert werden, die Straßen zurückgebaut und der Verkehrsraum gerecht aufgeteilt werden.

    Je mehr mit dem Rad und ÖPNV fahren, desto sicherer ist es. Die Fehlplanung der letzten 70 (!) Jahre muß korrigiert werden.

  14. 116.

    "So quer wie Sie denken ist jeder weitere Diskussion müßig." Der Fuchs und die Trauen. Sie haben einfach keine Gegenargumente. Da ist allerdings jede Diskussion überflüssig. Ich denke nicht "quer", ich habe für meine Argumente stichhaltige Beweise. Pech für sie.

  15. 115.

    So quer wie Sie denken ist jeder weitere Diskussion müßig. Es gibt für Sie nur zwei Arten Kommentare; Ihre und die von Lügnern oder Lobbyisten.

  16. 114.

    Kleine Gegenfrage: Sie als Radfahrer wünschen doch Sicherheit auf den Straßen. Wie wollen Sie diese erreichen, wenn Sie den Verkehr aus dem inneren Ring über Autostrasse führen? Wollen Sie den Stress den Radfahrer erleiden auf die Gehweg übertragen oder wünschen ein verträgliches Miteinander?

  17. 113.

    Braucht es denn für Liefer-, Service- und Rettungsdienste alleine eine BAB durch die Stadt ?

  18. 112.

    Und der Autoverkehr deckt nach Ihren seine Kosten dergestalt, das noch ein knappe Milliarde für BA 17 übrig ist ?

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