Von der Senioren-Wohnanlage zur AirBnB-Unterkunft - Linke erstattet Anzeige wegen Zweckentfremdung von Josephinen-Anlage

Mi 24.08.22 | 16:17 Uhr | Von Efthymis Angeloudis
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Airbnb-Anzeige der Josephinen-Wohnanalage auf Airbnb.(Quelle:Screenshot "Airbnb")
Audio: rbb24 Inforadio | Mi 24.08.22 | Steger, L. | Bild: Screenshot "Airbnb

Die Umwandlung der Josephinen-Anlage in Ferienunterkünfte auf AirBnB sorgt für Empörung. Die Linke vermutet einen Verstoß gegen die Zweckentfremdungssatzung der Stadt. Doch Potsdam hat nur eine Mitarbeiterin, die das kontrollieren könnte. Von Efthymis Angeloudis

Nach der Umwandlung mehrerer Wohnungen der Josephinen-Wohnanlage für Senioren in Ferienunterkünfte über AirBnB, hat Linke-Kreischefin Marlen Block Anzeige gegen die MK-Kliniken AG, das Mutterunternehmen des Betreibers SGG, erstattet. Block vermutet einen Verstoß gegen die Zweckentfremdungssatzung der Stadt: "Nach unserer Rechtsauffassung müsste die Stadt eine Umnutzung zu AirBnB-Wohnungen vorher genehmigen", teilte Block am Mittwoch mit. Habe sie das nicht, liege hier eine Ordnungswidrigkeit vor, so Block weiter.

Die Stadt Potsdam hatte gegenüber rbb|24 am Dienstag erklärt, dass das ehemalige Heim für betreutes Wohnen als Mietwohngebäude der Potsdamer Zweckentfremdungssatzung unterliege. "Hierfür gilt jeweils grundsätzlich ein Genehmigungsvorbehalt", teilte eine Sprecherin der Stadtverwaltung rbb|24 auf Anfrage mit. Für eine Zweckentfremdung des Wohnhauses als Feriendomizil hätte der Eigentümer demnach eine Genehmigung beantragen müssen.

Stadtverwaltung: Keine Angaben zu konkreten Einzelfällen

Ob der Betreiber der Anlage, die SGG Soziale Grundbesitzgesellschaft Potsdam einen Antrag gestellt oder die Stadt Potsdam eine Genehmigung erteilt habe, wollte die Sprecherin allerdings nicht bestätigen. "Zu konkreten Einzelfällen sowie möglichen laufenden oder auch abgeschlossenen Verfahren kann sich die Landeshauptstadt Potsdam aufgrund des Datenschutzes nicht äußern", hieß es in der Antwort an rbb|24.

Stefan Wollenberg, Fraktionsvorsitzender der Linken in der Potsdamer Stadtverordnetenversammlung geht nicht davon aus, dass die Stadt eine solche Genehmigung erteilt hat. "Damit ist die Vermietung über AirBnB nach meiner derzeitigen Einschätzung illegal." Wollenberg erwarte nun, dass die Verwaltung unverzüglich die Rückführung des Wohnraums anordnet, nachdem die "rechtswidrige, weil ungenehmigte Nutzung offensichtlich" sei.

Vermietung bereits im Juli?

Die Hamburger MK-Kliniken AG, das Mutterunternehmen des Betreibers SGG, hatte dem rbb am Freitag bestätigt, dass die leergeräumten Wohnungen im ehemaligen Heim ab September als Ferienunterkünfte über die Plattform AirBnB vermietet werden sollen. Wie die Stadtverwaltung in ihrer Antwort an rbb|24 deutlich macht, ist eine Vermietung zur Fremdbeherbergung, unabhängig vom vorliegenden Fall, für einen Zeitraum von bis zu acht Wochen im Kalenderjahr genehmigungsfrei und somit kein Verstoß gegen die Satzung.

Wie aber ersten Bewertungen von Nutzerinnen und Nutzern von AirBnB zu entnehmen ist, scheinen die Unterkünfte bereits vermietet worden zu sein. So schrieb ein Nutzer im Juli: "Tolle Lage, gutes Preis-Leistungs-Verhältnis. Danke, dass du Gastgeber bist." Somit wäre beim vermeintlichen Start der Vermietung auf AirBnB im September, die Fremdbeherbergung für einen Zeitraum von bis zu acht Wochen im Kalenderjahr überschritten.

Benutzer:innen-Bewertungen auf Airbnb.(Quelle:Screenshot "AirBnb")

Mehr als 300 Ferienwohnungen in Potsdam auf AirBnB

Mehr als 300 Ferienwohnungen werden allein auf Airbnb unter dem Suchbegriff Potsdam angeboten. Häufig sind es einzelne Zimmer, aber auch ganze Wohnungen.

Bereits 2021 hat Potsdam, unmittelbar nach Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen auf Landesebene, eine Zweckentfremdungssatzung erlassen. Diese sieht vor, dass die Umwandlung von Wohnraum genehmigungspflichtig ist. Tätig werden kann die Stadt, wenn Genehmigungen beantragt werden oder Verstöße offensichtlich werden.

"Grundsätzlich geht die Landeshauptstadt Potsdam sämtlichen Hinweisen und Anhaltspunkten bzgl. möglicher Verstöße gegen die Zweckentfremdungssatzung nach", so Gregor Jekel, Fachbereichsleiter Wohnen, Arbeit und Integration in einer Antwort an den rbb. Liege ein Verdacht auf einen Verstoß gegen die Satzung vor, werde ein entsprechendes Prüfverfahren eingeleitet, so Jekel weiter.

Nur eine Mitarbeiterin der Stadt kontrolliert

An den Kontrollen zur Einhaltung der Zweckentfremdungssatzung arbeitet aber, nach Angaben der Stadtverwaltung, lediglich eine Mitarbeiterin. Eine zweite Fachkraft soll erst ab 1.9.2022 die Arbeit aufnehmen.

Seit Inkrafttreten der Zweckentfremdungssatzung und bis Ende März 2022 wurden, laut Stadtverwaltung, insgesamt 83 Anträge auf Zweckentfremdung von Wohnraum in Potsdam gestellt. Dabei wurde 42 Anträgen stattgegeben und 30 wurden abgelehnt. Bei neun Anträgen steht das Ergebnis aus.

Im gleichen Zeitraum ist die Stadt 72 Anzeigen und Hinweisen – auch aus eigenen Kontrollen – nachgegangen. Dabei wurden 13 Zweckentfremdungen genehmigt und 27 abgelehnt. In 32 Fällen steht das Ergebnis noch aus oder eine Prüfung war nicht möglich.

Neun Bewohner bleiben

Trotz der Vermietung über AirBnB sollen von den einst 111 Senioren neun immer noch im Josephinenstift wohnen. "Offenbar sind seitens des Eigentümers keine weiteren Schritte zur Räumung der Wohnungen unternommen worden", sagte Wollenberg rbb|24. "Ich wünsche den verbliebenen Senior:innen starke Nerven und Kraft für mögliche Auseinandersetzungen, für die sie sich auf die Solidarität der Stadtgesellschaft verlassen können."

Sendung: Brandenburg Aktuell, 24.08.2022, 19:30 Uhr

Beitrag von Efthymis Angeloudis

27 Kommentare

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  1. 27.

    Könnten wir mal wieder weg von dieser furchtbaren Emotionalisierung und Moralisierun nahezu jeden Diskussionsgegenstandes kommen? Es geht nicht darum, ob etwas "widerwärtig" ist, sondern ob es rechtswidrig ist.

  2. 25.

    "Linke erstattet Anzeige wegen Zweckentfremdung von Josephinen-Anlage" Die Linke hat in letzter Zeit viel Unsinn verzapft um von eigenen Querelen abzulenken, aber es läßt sich alles toppen, wie man sieht.
    Viermal eingereicht und nicht publiziert. Warum?

  3. 23.

    Gut gemacht Linke. Das widerwärtige Verhalten des Eigentümers muss gestoppt werden. Statt eine Erklärung herauszugeben was 2 Monate lang erlaubt ist, sollte die Stadtverwaltung lieber dafür sorgen, dass das besonders schwer gemacht wird.

  4. 22.

    Richtig so!

  5. 21.

    Ja- Herr Scholz hat dazu im letzten Jahr genauso wie der Oberbürgermeister der Stadt seine Meinung gesagt- es handelt sich um Mietverträge- von Nr 2.im Beitrag oder anderen „Prominenten“ der Stadt keinen Kommentar/kein Interesse- leben ja in ihrer eigenen Blase-
    Lieber rbb - bitte nicht zensieren- weil ist für mich als betroffene Angehörige sehr wichtig

  6. 20.

    >"Somit kann den Bewohnern sehr schnell geholfen werden."
    NEIN! Beide genannten Personen sind nicht Mitglieder der Stadtverordneten in Potsdam. Nur die Stadtverordnetenversammlung der Stadt Potsdam hat die Möglichkeit, ein Zweckentfremdungsverbot festzulegen. Die Verwaltung der Stadt muss dies dann durchsetzen. So sind die Spielregeln!
    Ehrlich... bla bla bla... Scholz, Baerbock, Regierung und so... erstmal über die förderale Politik in Deutschland informieren, dann meckern!

  7. 19.

    "Das muss doch echt wohltuend für Sie sein: " Äh, nein?

    "Somit kann den Bewohnern sehr schnell geholfen werden." Was genau hat das mit dem Thema zu tun?

  8. 18.

    "Linke erstattet Anzeige wegen Zweckentfremdung von Josephinen-Anlage" Die Linke hat in letzter Zeit viel Unsinn verzapft um von eigenen Querelen abzulenken, aber es läßt sich alles toppen, wie man sieht.
    Wurde viermal nicht veröffentlicht. Warum?

  9. 17.

    Zwischen Seniorenheim und "Betreutem Wohnen" besteht bauordnungsrechtlich ein großer Unterschied. Betreutes Wohnen fällt im Allgemeinen unter Wohnen. Wie das hier beantragt und genehmigt wurde, ist mir aber nicht bekannt. Da den Bewohnern gekündigt werden konnte, dürfte es sich aber um eine besondere Wohnform (gewerblich) gehandelt haben, die über betreutes Wohnen hinausgeht und an die besondere Anforderungen zu stellen sind. Eine Nutzung als Wohnung oder Ferienwohnung wäre somit bereits bauordnungsrechtlich antragspflichtig.

  10. 16.

    "Seniorenheime fallen wenigstens in Berlin NICHT unter das Zweckentfremdungsverbot, "
    Wie kommen Sie auf die Idee?
    Da das Teil derzeit leer steht, ist eine Zweckentfremdung nicht festzustellen.
    Es ist vielleicht nur die Betriebserlaubnis erloschen. Mehr nicht.

  11. 15.

    Diese Stadt wird übrigens seit 32 Jahren von der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands regiert…

  12. 14.

    Das muss doch echt wohltuend für Sie sein:
    Einfach alles auf die FDP schieben.
    Dabei möchte ich Sie daran erinnern, dass Olaf Scholz (SPD) der Wahlkreisabgeordnete von Potsdam ist.
    Platz 2: Annalena Baerbock (GRÜNE).
    Somit kann den Bewohnern sehr schnell geholfen werden.

  13. 13.

    Die Linke sitzt doch selbst im Senat.
    Warum wurden und werden nicht die entsprechenden Maßnahmen getroffen?
    Oder kümmert man sich zu oft um Unwichtiges?
    Die realen sozialen Probleme werden scheinbar nicht mehr rechtzeitig wahrgenommen.

  14. 12.

    Das habe ich mir fast gedacht. Diese Geschichte zeigt doch eindeutig, dass ein Altern in D. unerwünscht ist. Auch der hippe AirBnb-Agent kommt in diese Altersgruppe und wird dann locker mit dem vorher in einem Grundstücksdeal "erworbenen Gewinn", den, wie eine Frau aus dem Wirtschaftsministerium beim Bund in einem anderen Zusammenhabng erklärte "... (den man) ihm doch zugestehen müsste" - 4 T EUR in der Pflege bezahlen können. Da kann ein Forist arbeiten wie er will, wenn dann die Rente reicht, um in einem Pflegeheim zu sein. Gerade bei der Pflege wird deutlich, welche Kosten entstehen, die Frau/Mutter einem Kind gegenüber u. oft auch in der Ehe unbezahlt erbringt, um dann noch in einer regulären Arbeit nur aufgrund der Tatsache, dass sie ein Frau ist, mit höchstens einem Mindestlohn, wenn er denn gezahlt wird, abgespeist zu werden. Keine guten Aussichten für "ein würdevolles Altern in unserem Pflegeheim", wie es so viele Hochglanzprospekte versprechen. -- Eigentlich ohne Worte!

  15. 11.

    Nennt sich Kapitalismus, es gibt so Menschen wie Karl Marx die haben da Fachbücher zu verfasst.

  16. 10.

    Und schon wieder steht der Profit über dem Wohl des Menschen. Man könnte meinen, das hat (oder ist ein) System...

  17. 9.

    Die Stadt Potsdam hatte doch auch mal vorher nachfragen können, was mit den Wohnungen passiert. Aber dafür ist wahrscheinlich gar keine Stelle zuständig.
    Echt eine Frechheit bei der Wohnungsnot. Ich hoffe, sie bekommen es mit der einen MA hin, die 8 Wochen Vorschrift anzuwenden. Oder es gibt da wieder ein Schlupfloch, was keiner kennt...

  18. 8.

    Das ist wohl das soziale Antlitz der Stadt Potsdam! Hier wohnen auch etliche Prominente. Die sind wohl wichtiger!

  19. 7.

    Den FDP Politikern vor Ort glänzen sicherlich vor Freude die Augen wenn sie diese mega Renditen sehen. Weg mit den Alten und Hilfebedürftigen Menschen und her mit der schnellen Kohle. Offenbar ist aber die gesamte Regierung in Potsdam eiskalt und duldet diesen Wahnsinn.

  20. 6.

    Seniorenheime fallen wenigstens in Berlin NICHT unter das Zweckentfremdungsverbot, das könnte auch in Potsdam so sein. Zum Beispiel hat der Senat bzw. der Bezirk keine rechtliche Handhabe gegen den JAHRELANGEN Leerstand von ehemaligen Altersheimen, siehe z.B. die Ruine in der Siemensstraße in Lichterfelde ...

  21. 5.

    Nein aber mit Airbnb lässt sich im noch viel größen Umfang abzocken. Wo bleibt eigentlich unsere Gesetzgebung um der Zweckentfremdung bei gleichzeitigen Wohnungsmangel einen Riegel vorzuschieben?

    Aber das dürfte mit der Geywitz so wenig zu machen sein wie unter Seehofer und erst recht nicht mit einer FDP, die sowas sogar noch unterstützt.

  22. 4.

    Hoffentlich wird die Klage positiv beschieden. Denn das ist ein Unding was mit den Bewohnern gemacht worden ist.

  23. 3.

    Offensichtlich ist mit betreuten Wohnen kein Profit mehr zu machen. ???

  24. 2.

    Man bekommt Angst vor dem Alter. Diese Ausgrenzung und der Umgang mit älteren Menschen sind skandalös und bezeichnend für die neue oberflächliche und gewinnorientierte Gesellschaftsstruktur.

  25. 1.

    Als Tochter eines Betroffenen - mein Vater musste dort ausziehen- finde ich es erbärmlich was in meiner ehemaligen Heimat so abgeht. Bis heute habe ich keine Antwort auf meine Anfragen bei der zuständigen Beigeordneten erhalten.
    Ich vermute hier ist der Abstand zum Wähler auch schon abhanden gekommen. Peinlich, das es nur eine Mitarbeiterin gibt, die für das Sachgebiet zuständig ist.
    Lieber rbb- und nicht wieder den Beitrag zensieren- denn mein Vater leidet sehr unter diesen Zustand

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