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Audio: rbb24 Inforadio | 28.09.2022 | Kirsten Buchmann | Quelle: dpa/J.Kalaene

Schulausbau in Berlin

Bezirke rechnen mit Tausenden Schulplätzen weniger als geplant

Die Zahl der Kinder und Jugendlichen in Berlin wächst, das Land braucht dringend Schulplätze. Doch nun sollen geplante Schulbaumaßnahmen verschoben werden. Allein in Mitte könnten deshalb mehr als 1.000 Plätze wegfallen. Von Kirsten Buchmann

Die Berliner Bezirke hatten für ihre Schulen großen Finanzbedarf angemeldet: Umbauen, sanieren, ausbauen, Mensen vergrößern oder auch mehr Platz für den Sportunterricht schaffen. 173 Schulbaumaßnahmen hatten sie als Prioritäten aufgelistet, für die aus ihrer Sicht in den kommenden Jahren bis 2026 Geld nötig ist.

Die Bildungsverwaltung erstellte daraus eine Dringlichkeitsliste für Berlin. Finanzsenator Daniel Wesener benannte in diesem Monat den finanziellen Rahmen: "Wir haben den Vorsatz, dass im Jahr 2024 1,6 Milliarden Euro in den Bereich von Schulbau und Sanierung fließen, 2025 sollen es sogar 1,7 Milliarden Euro sein." Das sei mehr als in der Vergangenheit beabsichtigt, so Wesener. Damit werde die Schulbauoffensive rund ein Viertel der künftigen Landesinvestitionen ausmachen.

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Bauvorhaben verschoben

Trotz dieses Geldsegens müssen zwischen 2022 und 2026 allerdings Schulbaumaßnahmen zeitlich gestreckt werden, denn Bauen ist teurer geworden. Obwohl mehr Geld zur Verfügung steht, können nach jetzigem Stand von den 173 Schulbaumaßnahmen nur die ersten rund 40 finanziert werden. Das geht aus der Dringlichkeitsliste des Senats hervor, die dem rbb vorliegt.

Damit drohen Schulplätze wegzufallen, auf die die Bezirke dringend gehofft hatten. Allein im Bezirk Mitte können laut Bezirksschulstadträtin Stefanie Remlinger "500 Grundschulplätze und 800 Oberschulplätze nicht realisiert werden, weil Ausbaumaßnahmen verschoben werden". So hätte beispielsweise die Gottfried-Röhl-Grundschule im Zuge einer Sanierung auch erweitert werden sollen.

Von Seiten der Pankower Schulstadträtin Dominique Krössin heißt es, die 27 Maßnahmen, die der Senat nun verschoben habe, hätten für den Bezirk Pankow 732 Plätze durch Erweiterung schaffen und rund 6.000 Plätze durch Sanierung sichern sollen.

Der Leiter des Rosa-Luxemburg-Gymnasiums in Pankow, Ralf Treptow, macht eine noch größere Rechnung auf. Allein durch einen Anbau an das Hauptgebäude seines Gymnasiums und den damit verbundenen Auszug von Schülern aus einem modularen Ergänzungsbau auf dem Gelände einer benachbarten Grundschule habe der Bezirk Pankow rund 800 neue Schulplätze schaffen wollen.

In Friedrichshain-Kreuzberg müssen laut Bezirk elf geplante Baumaßnahmen auf die Zeit nach 2026 verschoben werden, darunter auch Schulerweiterungen. Durch die Verschiebung entfallen dem Bezirk zufolge jeweils etwa 2,5 Züge in der Primarstufe und der Sekundarstufe I - also rund 800 Schulplätze.

Dem Bezirk Treptow-Köpenick zufolge soll ein neuer Schulergänzungsbau an der Isaac-Newton-Schule verschoben werden, den er auf seine Prioritätenliste gesetzt hatte. Das bedeute 150 Plätze weniger, so Bezirksschulstadtrat Marco Brauchmann, die er angesichts ohnehin voller Schulen dringend brauche.

Oberschulen nehmen mehr Klassen auf als geplant

"Es gehen Schulplätze im vierstelligen Bereich verloren", warnt Arnd Niedermöller, Sprecher der Vereinigung der Oberstudiendirektoren des Landes Berlin und Leiter des Immanuel-Kant-Gymnasiums in Lichtenberg. Die geplanten Ausbauten bei Bestandsschulen müssten unbedingt umgesetzt werden, "damit das Recht auf Bildung verwirklicht wird". Sorgen bereitet Arnd Niedermöller, dass neue Plätze in seinem Bezirk vor allem an Grundschulen entstehen. Schließlich werden die Grundschüler größer. "Ich sehe nicht, dass die dann im Bezirk mit Oberschulplätzen versorgt werden." Schon in diesem Jahr hätten Oberschulen über ihre Kapazitäten hinaus Klassen aufgenommen. Es gebe keine Reserven.

Niedermöller schlägt daher vor, Schulneubauten zu überdenken, die nach dem sogenannten Compartment-System geplant sind: Dabei sind unter anderem zusätzliche Flächen als Begegnungsorte vorgesehen. Durch den Platzbedarf sei dieses Bausystem teuer, so Niedermöller. Bei einer Umplanung könnten mit den freiwerdenden Mitteln bestehende Bauten ausgebaut und saniert werden. Niedermöller würde angesichts des Schulplatzmangels wieder mehr in Richtung Flurschule gehen, und dort die Gänge als Rückzugs- und Lernräume gestalten.

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Brief an die Finanzverwaltung

Laut der Berliner Finanzstaatsekretärin Jana Borkamp haben alle Bezirke die Möglichkeit, wenn sich ihre Prioritäten noch mal ändern, "Anpassungen in ihrem Bereich vorzunehmen und Maßnahmen gegen andere zu tauschen". Das sei möglich bis zur Aufstellung des Doppelhaushalts 2024/25, sagte sie am vergangenen Donnerstag im Berliner Abgeordnetenhaus.

Im Bezirk Pankow will sich Schulstadträtin Dominique Krössin darauf berufen, dass sich die Bezirke in besonders dringenden Fällen an die Finanzverwaltung wenden könnten. Sie sei dabei, an diese zu schreiben, um drei Schulen doch noch in die Investitionsplanung aufgenommen zu bekommen. Das Rosa-Luxemburg-Gymnasium, das Gymnasium am Europasportpark und das Max-Delbrück-Gymnasium seien besonders sanierungsbedürftig.

Sendung: rbb24 Inforadio, 28.09.2022, 18 Uhr

Beitrag von Kirsten Buchmann

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